Von Corona geheilt«Als ich aus der Quarantäne kam, klatschte das Personal»
Der 86-jährige Ernst Schafroth aus Oberrieden war der erste Patient, der mit einem schwerwiegenden Corona-Verlauf ins See-Spital eingeliefert wurde.
Wie geht es Ihnen?
Den Umständen entsprechend gut. Ich bin immer noch sehr müde und habe leichten Husten. Aber das Schlimmste habe ich wohl überstanden.
Sie wurden am 13. März ins See-Spital eingeliefert, weil Sie sich mit
dem Corona-Virus infiziert haben. Können Sie sich erklären, wie es
zu der Ansteckung kommen konnte?
Wir haben eine Wohnung im Engadin. Ziemlich sicher habe ich mich dort während einer privaten Einladung angesteckt. Es waren rund 40 Personen anwesend. Eine Umfrage danach ergab, dass sich mindestens drei Leute aus dieser Gesellschaft mit dem Virus angesteckt hatten.
Wann hatten Sie die ersten Krankheitszeichen?
Wir sind am 8. März aus dem Engadin zurück nach Oberrieden gefahren. Daheim merkte ich sehr schnell, dass ich mich krank fühlte. Auch meine Frau hatte Symptome, diese waren aber viel milder als bei mir. Weil es immer schlimmer wurde, untersuchte mich ein Arzt auf Corona und überwies mich ins See-Spital, wo ich positiv auf das Virus getestet wurde.
Viele Menschen glauben, eine Infektion mit dem Coronavirus fühle sich an wie eine Grippe. Stimmt das?
Für meine Frau stimmt das. Aber für mich fühlte es sich stärker an als eine Grippe. Ich hatte hohes Fieber, Gliederschmerzen und Husten. Zum Glück hatte ich aber keine Atemnot. Da bin ich sehr froh.
Die Ärzte fragten mich, ob ich noch ein letztes Mal mit jemandem sprechen wolle.
Obwohl Sie eine starke Lungenentzündung entwickelt haben.
Genau. Eines Tages kamen die Ärzte zu mir und sagten, dass meine Lunge stark in Mitleidenschaft gezogen ist, wie sie auf den Röntgenbildern sahen. Da wusste ich, die Lage ist sehr ernst.
Hatten Sie Angst, zu sterben?
Eigentlich nicht. Das lag wohl daran, dass ich keine Atemnot hatte. Aber als mich die Ärzte fragten, ob ich noch ein letztes Mal mit jemandem sprechen wolle und ob ich alle meine Sachen in Ordnung gebracht hätte, da bekam ich schon ein mulmiges Gefühl.
Sie mussten zwei Wochen in Quarantäne verbringen. War das eine zusätzliche Belastung?
Es war eine spezielle Situation. Aber ich konnte während dieser Zeit täglich mit meiner Frau telefonieren. Als es mir besser ging und ich nicht mehr ansteckend war, hat mich das Personal im See-Spital einmal mit dem Rollstuhl vor das Gebäude gefahren, wo ich kurz mit meiner Frau sprechen konnte. Sie durfte ja nicht ins Spital hinein. Das war ein sehr schöner Moment.
Wie ist das Pflegepersonal mit der Situation umgegangen?
Die Menschen im See-Spital haben eine wunderbare Arbeit gemacht. Ich habe mich in dieser schwierigen Zeit sehr gut aufgehoben gefühlt. Als ich von der Quarantäne wieder auf die normale Station verlegt worden bin, haben sich rund 30 Pflegepersonen im Gang versammelt und geklatscht. Das hat mich sehr berührt.
Mit 86 Jahren gehören Sie zur Risikogruppe. Andere Patienten in diesem Alter müssen künstlich beatmet werden oder sterben sogar. Warum glauben Sie, konnten Sie das Virus besiegen?
Dank guter Pflege und ärztlicher Kunst, aber wohl auch dank dem Ausdauersport, den ich viele Jahre betrieben habe. Dadurch habe ich eine starke Lunge. Und ich habe auch keine Vorerkrankungen.
Wie lange müssen Sie nun noch im See-Spital bleiben?
Ich werde in Kürze in die Reha verlegt und kann das Spital verlassen. Ich fühle mich aber immer noch sehr schwach. In den letzten drei Wochen habe ich zehn Kilo an Gewicht verloren. Es wird eine Weile dauern, bis ich nach dieser Krankheit wieder der Alte bin.
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