Nebeneffekt der MaskenpflichtAllergiker klagen weniger über Beschwerden
Der Mund-Nasen-Schutz hilft nicht nur gegen Corona – auch Menschen mit Allergien profitieren, sagt Allergologe Arthur Helbling.
Herr Helbling, die verflixten Masken dürften uns noch länger erhalten bleiben. Zumindest für die zwei Millionen Allergikerinnen und Allergiker hierzulande ist das aber keine schlechte Nachricht: Gemäss einer neuen US-Studie leiden sie während der Pandemie deutlich weniger an Symptomen. Machen Sie ähnliche Beobachtungen?
Ja, die Aussage überrascht nicht, denn Pollen sind sehr viel grösser als Viren und Aerosole. In der Tat klagen Allergiker – sofern sie die Maske im Freien tragen – über weniger allergiebedingte Beschwerden.
Dann schützen also schon einfache Hygienemasken vor irgendwelchen Allergenen?
Richtig, es geht ja primär um die Pollenallergie, die häufigste Outdoor- und Aeroallergie bei uns. Und Pollen dringen nun mal nicht durch Masken, auch nicht durch einfache. Bei den Allergien im Innenbereich stellen wir dagegen keine Veränderung fest.
Wäre hier womöglich eine stärker filtrierende FFP2-Maske sinnvoll?
Nein, FFP2-Masken sind nicht für einfache Atemwegsallergien wie eben eine Pollen- oder Hausstaubmilbenallergie gedacht und somit auch nicht sinnvoll.
Bei uns galt ja die Maskenpflicht stets nur in Innenräumen – die Pollen und Blüten lauern aber draussen. Trotzdem sind die Allergiesymptome zurückgegangen. Ihre Erklärung?
Masken werden auch dort empfohlen, wo sich viele Leute treffen und überall dort, wo der Abstand nicht eingehalten werden kann. Viele fühlen sich eben auch im Freien bei Kontakten mit anderen Personen nicht sicher und tragen die Maske. Im Übrigen sind auch andere, klimatische Faktoren mitentscheidend, wie zum Beispiel der häufige Regen in diesem Sommer.
Haben Allergiker eigentlich ein erhöhtes Risiko, schwer an Corona zu erkranken?
Nein, das hat sich so nicht bestätigt. Weder Personen mit einem «Heuschnupfen» noch mit einer Nahrungsmittel- noch einer Insektengift- oder Medikamentenallergie haben ein spezifisch höheres Risiko, schwerer an Corona zu erkranken als Nicht-Allergiker.
«Wir werden das Maskentragen immer wieder neu definieren.»
Könnte es sein, dass nach den positiven Erfahrungen der Pandemie Allergiebetroffene künftig im Frühling und Sommer immer eine Maske tragen?
Das wird jeder selbst entscheiden müssen, je nach gemachter Erfahrung. In Zukunft werden wir aber häufiger zur Maske greifen, denn nach jedem Sommer warten andere Aeroquellen wie Viren auf uns. So wird uns das Covid-Virus noch länger beschäftigen, als uns lieb ist. Wir werden das Maskentragen immer wieder neu definieren. Was sicher ist: Auch die Allergien werden nicht verschwinden – im Gegenteil: Eher werden mehr Leute plötzlich Allergien, vor allem Atemwegsallergien, entwickeln. Vielleicht eben gerade wegen des Maskenschutzes. Unser Immunsystem wird sich neu finden müssen.
Diese lästigen Masken sind doch nicht der Weisheit letzter Schluss: Wie können sich Allergiker sonst noch schützen?
Das Grundprinzip jeder Allergie heisst: meiden. Wenn das nicht geht, dann gibt es einige wirksame Medikamente und je nach Art der Allergie auch eine allergenspezifische Immuntherapie, die Desensibilisierung. Diese Therapieform bedingt allerdings eine allergologische Abklärung. Sie ist dafür die einzige Therapie, die nicht nur die Symptome behandelt, sondern die Ursache.
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