Nazi-VergangenheitAlice Weidels Grossvater war Mitglied bei NSDAP und SS
Der Jurist Hans Weidel hatte eine einflussreiche Karriere im NS-Staat und war während des Zweiten Weltkriegs Militärrichter in Warschau. Die AfD-Chefin sagt, sie habe keinen Kontakt zu ihrem Opa gehabt.

Recherchen der «Welt am Sonntag» zeigen, dass Hans Weidel, der Grossvater der AfD-Fraktions- und Parteichefin Alice Weidel, ein einflussreicher Mann in der Nazi-Diktatur war.
Hans Weidel (1903–1985) nahm in der Stadt Leobschütz (heute das polnische Głubczyce) entscheidende Positionen ein. 1923 trat er der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) bei und wurde kurz nach der Machtergreifung 1933 Stadtverordneter sowie Fraktionsführer. Zudem war er ab 1933 Mitglied der Schutzstaffel (SS) und Kreisgruppenführer im Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund, einer Organisation, die die vermeintlichen «völkischen Lebensgesetze» verteidigte.
Die AfD-Chefin Alice Weidel will von der Nazi-Karriere ihres Grossvaters nichts gewusst haben, sagte sie der «Welt». Ihr sei die Rolle des Grossvaters in der NS-Zeit unbekannt. «Aufgrund familiärer Dissonanzen» habe es weder Kontakt gegeben, «noch war er Gesprächsthema in der Familie», erklärte sie gegenüber der «Welt».
Die Zeitung hatte Dokumente des Bundesarchivs und des polnischen Staatsarchivs ausgewertet und die NS-Vergangenheit ihres Grossvaters aufgedeckt. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde Weidel eingezogen und avancierte rasch zum Offizier. Ab Juli 1941 diente er als Heeresrichter in Warschau und wurde für seine Leistungen von Vorgesetzten gelobt. 1944 erhielt er den Rang eines Oberstabsrichters. Dokumente zeigen, dass seine Ernennung durch das Führerhauptquartier – also durch Adolf Hitler selbst – genehmigt wurde.
Zehntausende von Todesurteilen
Hans Weidel war Teil eines Systems, das während der NS-Zeit zahlreiche Todesurteile verhängte. Historikerin Claudia Bade stellte fest, dass die militärischen Gerichte unter Hitlers Befehl über 50’000 Todesurteile ausgesprochen und mehr als 20’000 vollstreckt hatten, was die zivilen Gerichte bei weitem übertraf.

Nach dem Krieg wurde Weidel mehrfach wegen seiner Rolle während der NS-Diktatur untersucht. Die ersten Ermittlungen im Jahr 1948 wurden aufgrund unvollständiger Dokumente eingestellt. Weitere Versuche der Strafverfolgung durch nordrhein-westfälische und Hamburger Behörden in den späten 1970er-Jahren blieben ohne Ergebnis.
red/nag
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