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Meinung

Philipp Loser über Albert Rösti
So hart wie Blocher – aber viel effektiver

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Gibt es eine Schamfrist für das Umstossen von Volksentscheiden?

Ein Jahr? Zwei Jahre? Fünf? Zehn?

Bei der Frage geht es, offensichtlich, um den Entscheid des Bundesrats, das Neubauverbot für Atomkraftwerke aufzuheben. Doch die Frage ist falsch gestellt. Es geht nicht um eine mögliche Schamfrist (im aktuellen Fall: sieben Jahre) – es geht um Macht.

Ausschliesslich um Macht.

Der Bundesrat hat das Neubauverbot für Kernkraftwerke gekippt, weil er es kippen konnte.

SVP und FDP spielten Macht lange nicht richtig aus

Seit fast zehn Jahren, seit der Wahl von Guy Parmelin, haben SVP und FDP eine 4-zu-3-Mehrheit im Bundesrat. Doch ihre Macht spielt die bürgerliche Mehrheit erst seit kurzem so richtig aus.

Es gibt zig Beispiele für die dezidiert rechtsbürgerliche Linie, die der Bundesrat in den vergangenen Monaten vorgibt. Der Atom-Entscheid ist dabei nur das jüngste. Wie schnell Energieminister Albert Rösti die Atom-Ziele des früheren Nationalrats Albert Rösti umgesetzt hat (keine «Technologieverbote»!), das ist von einer Unverfrorenheit, die man noch selten gesehen hat.

Ähnlich schnell ging es beim Abschuss des Wolfes, bei der Herabsetzung der SRG-Gebühren auf 300 Franken oder der fast schon schnoddrigen Reaktion auf das Klimaurteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Was wollen die überhaupt!?

Interessant war in diesem Zusammenhang (Europa) auch die Reaktion des Bundesrats auf ein Rechtsgutachten des Bundesamts für Justiz im Frühsommer. Darin ging es um die Frage, ob ein neues Abkommen mit der EU dereinst dem obligatorischen oder nur dem fakultativen Referendum unterstellt werden soll. EU-Gegner hoffen auf ein obligatorisches Referendum (weil es schwierig ist, einen neuen Vertrag mit der EU gegen das Ständemehr durchzubringen), das Bundesamt für Justiz wiederum kam zu dem Schluss, dass ein obligatorisches Referendum verfassungswidrig wäre.

Bei Kernthemen der SVP wird in ihrem Sinne entschieden

Der bürgerlich dominierte Bundesrat wurde ob dem Gutachten derart hässig, dass er die Spitzen des Bundesamts für Justiz in die mittwöchliche Sitzung einlud – und sie zur Rede stellte. So etwas kommt eigentlich nie vor. Gleichzeitig nahm die Regierung das Gutachten nur «zur Kenntnis» und verschob den Entscheid zur Frage des Ständemehrs auf später. Deutlicher kann man ein Bundesamt und seine Chefbeamten nicht blossstellen.

Europa, Atom, SRG, EGMR, Landwirtschaft – alles Kernthemen der SVP, bei denen die Regierung Entscheidungen im Sinne der SVP fällt. Warum macht sie das erst jetzt? Warum hat sie es nicht schon früher getan? SVP und FDP hatten schliesslich schon von 2003 bis 2007 die Mehrheit, dann wieder, wie erwähnt, ab 2015.

Die Erklärung ist einfach: Damals sass Albert Rösti nicht in der Regierung. Von 2003 bis 2007 gönnten sich Christoph Blocher (SVP) und Pascal Couchepin (FDP) gar nichts, eine «Revolution, die niemals war», nannte der «Tages-Anzeiger» diese Zeit später. Die rechte Mehrheit entschied nicht, sie stritt.

Nicht viel besser war es ab 2015, mit Guy Parmelin und Ueli Maurer. Der ehemalige Finanzminister, der heute allerlei Wirres von sich gibt, verhielt sich auch schon im Bundesrat derart erratisch, dass sich die bürgerliche Mehrheit gar nie richtig entfalten konnte.

Rösti versteht die Mechanik der Macht

Mit Albert Rösti ist das anders. Er fährt den gleich harten Kurs wie Christoph Blocher oder Ueli Maurer. Aber er macht es freundlich. Er macht es einnehmend. Er macht es strategisch. Rösti hat wie kaum ein SVP-Bundesrat vor ihm die Mechanik der Macht verstanden.

Rösti hat es auch verstanden, die beiden FDP-Magistraten in den entscheidenden Fragen auf die Linie der SVP zu bringen. Selbst in Themen, in denen der Freisinn vor kurzem noch anderer Meinung war – wie etwa dem Neubauverbot für AKW.

Die beiden bürgerlichen Parteien marschieren gemeinsam. Harmonisch und unerbittlich. Das Resultat davon sieht man Mittwoch für Mittwoch im Bundeshaus.