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Debakel beim Rekordmeister
Einst ein Club von Welt­format, ist Ajax jetzt am Boden

Es läuft nicht: Brian Brobbey, holländischer Nationalstürmer von Ajax Amsterdam, nach einer verpassten Chance.

Es ist immer wieder spannend, wie schnell der Zerfall eines Fussballteams kommen kann. Nehmen wir das Beispiel Ajax Amsterdam. Am Sonntag spielte der niederländische Rekordmeister gegen PSV Eindhoven, einen ewigen Rivalen. Er führte 2:1. Überraschend, Eindhoven war bisher nur so durch die Liga gesegelt mit neun Siegen aus neun Spielen.

Und dann das: Ausgleich Eindhoven in der 49. Minute, Führung in der 52. Dann noch zwei Tore, Dreierpack von Hirving Lozano, dem quirligen PSV-Mexikaner. Sein letzter Treffer hätte zwar nicht zählen dürfen, weil er die Hand zur Hilfe genommen hatte, der Gegner war da aber schon derart geschlagen, dass keiner mehr reklamieren mochte.

2:5 hiess es am Ende. Der Champion vergangener Tage: vorgeführt, Letzter in der Eredivisie, zum ersten Mal überhaupt.

Und dann geht alles schief: Hirving Lozano schiesst ein kurioses Tor zum 5:2 für Eindhoven.

Ajax, das war mal ein Weltclub, Heimat des grossen Johan Cruyff, dreifacher Sieger des Meistercups und 1995 Gewinner der Champions League. Hier spielten die Granden des niederländischen Fussballs, das endet nicht bei Cruyff. Es geht über die Brüder De Boer bis hin zu Marco van Basten oder Dennis Bergkamp. Oder Frank Rijkaard. Oder Clarence Seedorf.

Und jetzt ist dieser Verein am Boden. Acht Spiele hat Ajax absolviert und 21 Tore kassiert, es ist ein Desaster, das unweigerlich an den FC Basel der aktuellen Saison erinnert. Vor ein paar Tagen musste Maurice Steijn gehen, der Trainer. Einen schlechteren Punkteschnitt als mit ihm hatte Ajax zuletzt in den 50er-Jahren.

«Eine Scheiss-Mannschaft mit Scheiss-Spielern»

Kritik kommt naturgemäss von allen Seiten. Rafael van der Vaart, einst hatte er auch über 150 Spiele für Ajax bestritten, sah sich zuletzt dazu berufen, zu sagen, Ajax sei eine «Scheiss-Mannschaft mit Scheiss-Spielern». Nach einer Niederlage gegen Feyenoord Rotterdam randalierten Fans vor der Amsterdam-Arena. Marco van Basten fand darauf, man könne das mit dem Profifussball in den Niederlanden gleich sein lassen. «Denn offensichtlich können wir uns nicht benehmen.»

AMSTERDAM, NETHERLANDS - SEPTEMBER 24: riots outside the Ajax stadium during the Dutch Eredivisie match between AFC Ajax and Feyenoord at Johan Cruijff Arena on September 24, 2023 in Amsterdam, Netherlands. (Photo by Nesimages/Michael Bulder/DeFodi Images via Getty Images)

Dabei ist es ja noch nicht einmal lange her, da schrieb Ajax sein letztes Champions-League-Märchen. 2018/19 kamen die Niederländer mit einem Team voller Supertalente bis in den Halbfinal, auf dem Weg dahin schlugen sie Juventus Turin und Real Madrid. Wie konnte nach dieser Wundersaison so viel schiefgehen?

Die Überflieger jenes Frühjahrs gingen allesamt, manche sogleich, andere später. Matthijs de Ligt und Frenkie de Jong spülten 170 Millionen Euro in die Ajax-Kasse. Ein Jahr später verliessen Donny van de Beek und Hakim Ziyech den Verein. Und 2022, als Trainer Erik ten Hag zu Manchester United ging, nahm er die inzwischen gekommenen Antony und Lisandro Martinez gleich mit. 150 Millionen zahlte United für das Duo.

Abgesehen davon, dass die Summen immer gigantischer werden, ist das weiter nicht speziell für einen Verein wie Ajax. Der Club gilt als Paradebeispiel dafür, wie man junge Spieler in den europäischen Profifussball führt und sie zu Geld macht. Gemäss dem International Center for Sports Studies waren zwischen 2015 und 2022 europaweit bloss die Jugendakademien von der AS Monaco, Real Madrid und Benfica Lissabon profitabler als jene von Ajax.

Ajax war es also durchaus gewohnt, wertvolle Spieler zu verlieren, und der Club hielt sich auch noch eine Weile an der Spitze. Bis das Desaster im Jahr 2022 seinen Lauf nahm. Noch bevor sich Ten Hag, Antony und Martinez verabschiedeten, wurde Marc Overmars entlassen, einst ebenfalls ein grosser Spieler des Vereins. Fast zehn Jahre war er Technischer Direktor. Dann kam heraus, dass er Mitarbeiterinnen des Vereins sexuell belästigt hatte. Dennoch wurde Ajax noch einmal Meister, zum vierten Mal in Folge.

Nach diesem Titel übernahm Alfred Schreuder von Ten Hag, er musste bereits im Winter wieder gehen. Ajax lag auf Rang 5 nach der Hinrunde, viele Zuzüge entpuppten sich als Flops. Die Medien schrieben von einer Krise, nicht wissend, was noch alles kommen würde. Ajax rettete sich zwar noch auf Rang 3, das Chaos war aber angekommen.

Im Mai trat Geschäftsführer Edwin van der Sar zurück, der einstige Goalie von Weltklasse-Format. Kurz darauf wollte Clublegende Dusan Tadic plötzlich nichts mehr mit dem Verein zu tun haben und ging. Er war der letzte Übriggebliebene der Saison 2018/19, dieses wunderbaren Jahres.

Auch Luis Suárez wurde bei Ajax gross

Im letzten Sommer wurde bei Ajax noch einmal gross verkauft. Die Spieler, die dafür kamen, überzeugten wieder nicht. Das System, für das Ajax eben auch stand, bekam Risse. Denn nicht nur eigene Junioren brachten früher Geld, auch bisher unbekannte Spieler, die bei Ajax durchstarteten. Man erinnere sich an Luis Suárez oder Zlatan Ibrahimovic.

Dafür büsste Sven Mislintat. Er war als Overmars’ Nachfolger neuer Technischer Direktor im Club und schaffte es auf etwas mehr als vier Monate, dann musste auch er gehen. Das war, noch kurz bevor die Fans bei der Niederlage gegen Feyenoord auf die Barrikaden gingen. Mislintats Nachfolger, Klaas-Jan Huntelaar, pausiert momentan wegen eines Burn-outs.

Es ist gerade alles im Elend bei Ajax. Medien schreiben von Grüppchenbildungen im Team, die Moral sei am Boden. Der Mann, der das nun richten soll, heisst John van ’t Schip, ist 59 und war früher auch schon Nachwuchs- und Co-Trainer bei Ajax.

Ach ja, natürlich war auch er mal Spieler bei Ajax. Immerhin: Bis all die Legenden verbraucht sind, dauert es bei diesem Verein noch eine Weile.

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