Affäre Maudet nimmt kein Ende
Genfs Staatsanwaltschaft bezichtigt einen Ex-Mitarbeiter von Staatsrat Pierre Maudet (FDP) der Amtsgeheimnisverletzung. Spuren führen zu Maudet selbst.
Die Nachbeben in der Affäre um den Genfer FDP-Staatsrat Pierre Maudet (Reise nach Abu Dhabi, mögliche Gefälligkeiten an Dritte und schwarze Bankkonten) dauern an. Letzte Woche nahm die Staatsanwaltschaft Simon Brandt, bis im Mai 2018 Maudets wissenschaftlicher Mitarbeiter, in Polizeigewahrsam. Seine Einvernahme dauerte zwei Tage. Es kam zu Hausdurchsuchungen, unter anderem bei Brandts Mutter und seiner Ex-Freundin.
Die Staatsanwaltschaft bezichtigt den 35-jährigen Freisinnigen, letztes Jahr einen vertraulichen Bericht über die Spesenexzesse der Genfer Stadtregierung den Medien zugespielt zu haben. Den Bericht besass Brandt in seiner Funktion als Mitglied der Finanzkommission des Genfer Gemeinderats. Das Dokument enthüllte die Spesenexzesse einzelner Stadträte, die schweizweit für Empörung sorgten.
Weiter soll Brandt den Inhalt eines bei der Polizei eingereichten Tatsachenberichts einer Genfer Jungfreisinnigen wegen sexueller Belästigung an die Medien weitergegeben haben. Der Vorwurf ist pikant, denn Brandt arbeitet selbst auf der Strategieabteilung der Genfer Kantonspolizei. Von dieser ist er nun bis auf weiteres freigestellt worden.
Das Ablenkungsmanöver
Nach Bekanntwerden des Spesenberichts beschloss die Stadtregierung letztes Jahr, eine Strafanzeige wegen Amtsgeheimnisverletzung einzureichen. Im Juni dieses Jahres konfiszierte die Staatsanwaltschaft die Handys dreier Gemeinderäte, darunter jenes von Simon Brandt. Das Westschweizer Radio RTS berichtete, die Ermittler seien auf Brandts Handy mitunter auf Nachrichten von Staatsrat Maudet gestossen. Recherchen dieser Zeitung bestätigen dies.
Sein mutmassliches Ziel war, das Interesse der Öffentlichkeit an seiner Affäre auf die Spesenexzesse der Stadträte zu lenken.
Maudet forderte Simon Brandt im Dezember 2018 in Textbotschaften auf, seine Medienkontakte zu nutzen, und wünschte, dass der Spesenbericht zügig bekannt wird. Sein mutmassliches Ziel war, das Interesse der Öffentlichkeit an seiner Affäre auf die Spesenexzesse der Stadträte zu lenken. Maudet betonte gegenüber Brandt, der Bericht habe eine explosive Wirkung. Mit seinem Bekanntwerden würden die Stadträte zum Schweigen gebracht. Einzelne hatten Maudet wegen seiner Reise nach Abu Dhabi kritisiert.
Für CVP-Stadtrat Guillaume Barazzone hatte das Bekanntwerden des Berichts Konsequenzen. Unter Druck beschloss er, von seinen Ämtern als Stadt- und als Nationalrat zurückzutreten.
Maudet schickte Brandt zur Polizei
Pierre Maudet wollte sich auf Anfrage wegen des laufenden Verfahrens über die neue Untersuchung nicht äussern. Im Gegensatz zu Brandt hat die Staatsanwaltschaft Maudet in diesem Verfahren nicht einvernommen.
«Der Transfer von Herrn Brandt zur Polizei war gerechtfertigt.»
Simon Brandt betont, die Untersuchung wegen der Amtsgeheimnisverletzung ziele nicht auf ihn, sondern auf Maudet ab. Er sagt offen, er habe mit Journalisten über den Spesenbericht gesprochen, und verweist auf ein öffentliches Interesse. Im Fall der Weitergabe von Informationen über die sexuelle Belästigung der Jungfreisinnigen dementiert er jedoch, auf die Polizeidatenbank zugegriffen und Informationen bezogen zu haben.
«Ich fühlte mich verraten.»
Dass Brandt bei der Polizei arbeitet, hatte Pierre Maudet im Frühling 2018 veranlasst. Von dieser Zeitung im letzten Jahr zur Personalie Brandt befragt, antwortete Maudet: «Der Transfer von Herrn Brandt zur Polizei war gerechtfertigt, da seine Funktion als Kantonsrat es ihm nicht mehr erlaubte, für das Generalsekretariat zu arbeiten.»
Brandt selbst spricht heute von einem konfliktgeladenen Abgang aus Maudets innerstem Machtzirkel. Der «Tribune de Genève» sagte er gar: «Ich fühlte mich verraten.» Zumindest die von den Ermittlern auf seinem Handy gefundenen Textnachrichten weisen nicht darauf hin, dass der Konflikt mit Maudet lange angedauert hat.
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