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Abstimmungsunterlagen
QR-Codes und Beiblätter: Zürich will Politik einfacher erklären

Die Abstimmungsunterlagen sind da. Wer schnell genug ist, kann das Abstimmungscouvert auf die Post bringen. Zürich, 3.5.2022
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Die Stimmberechtigten im Kanton Zürich sollen die kantonalen Abstimmungsvorlagen besser verstehen. Dafür soll das Abstimmungscouvert künftig ein erklärendes Beiblatt enthalten, das in sogenannt Einfacher Sprache verfasst wurde. Die Einfache Sprache ist eine vereinfachte Version der deutschen Standardsprache, bei der die Verständlichkeit im Vordergrund steht. Sie verzichtet auf komplizierte Satzstrukturen und Fremdwörter.

Der Zürcher Kantonsrat hat einen entsprechenden Vorstoss der SP und der EVP mit einer knappen Mehrheit von 75 zu 73 Stimmen am Montag angenommen. Ja stimmten die linken Fraktionen, die EVP und die GLP.

Nicht das Gleiche wie die «Leichte Sprache»

Damit kommt es nun zu einem Pilotprojekt. Neben Beiblättern in Einfacher Sprache sollen Links und QR-Codes zu Erklärvideos, die schon heute erstellt werden, prominent platziert werden. Nichts ändert das Projekt an den Unterlagen, wie sie bisher erstellt werden. Diese wird es weiterhin geben.

Die Erstunterzeichnerin Isabel Bartal (SP) führte im Rat aus, dass die Abstimmungsvorlagen viele Menschen überfordern würden. Die Texte seien auf den Sprachniveaus C1 bis C2 verfasst, was «fachkundigen Sprachkenntnissen» respektive «annähernd muttersprachlichen» Kenntnissen entspricht. Für eine Einbürgerung wird das Niveau A2 vorausgesetzt, also «grundlegende Kenntnisse».

Bartal erklärte weiter, die Einfache Sprache sei ideal für Menschen, welche Fachtexte nicht verstünden, sei es aufgrund von fehlendem Fachwissen oder weil sie im Alltag nicht damit konfrontiert sind. Man dürfe die Einfache Sprache nicht verwechseln mit der Leichten Sprache, die eine einfache Form der Alltagssprache darstelle, die für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen gedacht sei.

Mehr Bussgelder dank Einfacher Sprache

Es gebe viele Anwendungsbeispiele aus der Praxis, sagte Bartel. So stellt die Stadt Winterthur wichtige Dokumente in der Einfachen Sprache bereit, etwa die Strafbefehle des Stadtrichteramts. Offenbar würden seither die Bussgelder öfter bezahlt.

Die Regierung hatte sich bereit erklärt, das Postulat anzunehmen. Christina Zurfluh Fraefel (SVP) stellte sich dagegen, weshalb es zur Diskussion kam. «Was so wohlwollend, unterstützend und mit dem ‹Deckmänteli› der politischen Teilhabe daherkommt, ist in Tat und Wahrheit eine Bankrotterklärung an unser Bildungssystem, an unser Migrations- und Einbürgerungssystem und ein Stück weit an unsere Gesellschaft», erklärte sich Zurfluh Fraefel.

Die breite Bevölkerung verfüge nicht mehr über die Grundkompetenzen in Lesen und Verstehen. Anstatt das Übel an der Wurzel zu packen, werde «für jede Zielgruppe ein weiteres Gefäss» angeboten. Zielführender sei es, das Leseverständnis als unabdingbare Grundkompetenz zu definieren oder bei Einbürgerungen das Sprachniveau anzuheben.

FDP: Stimmbürger stehen selbst in der Verantwortung

Unterstützt wurde die Gegnerschaft der SVP von der Mitte- und der FDP-Fraktion. Man teile zwar das Anliegen, jegliche Behördenkommunikation so einfach wie möglich zu formulieren, sagte Mario Senn (FDP). Der Regierungsrat engagiere sich aber bereits für das Thema, ein weiteres Pilotprojekt sei unnötig. Ausserdem bekundete Senn seine Mühe mit der Haltung der Postulantinnen: «Politische Rechte gehen auch mit Verantwortung einher – der Verantwortung, sich zu informieren, wenn man eine Vorlage nicht verstanden hat. Politische Partizipation ist auch eine Holschuld, nicht nur eine Bringschuld.»

Regierungsratspräsident Mario Fehr (parteilos) zeigte sich erfreut darüber, dass die bisherigen Massnahmen der Regierung, etwa mit den Erklärvideos, zur Kenntnis genommen würden. Es brauche aber mehr: «Ich glaube, dass die Bemühung, uns möglichst vielen Menschen verständlich zu machen, eine Aufgabe ist, die nie aufhört.» Man werde noch mehr diversifizieren und mehr Kommunikationsmittel bemühen müssen, um die Menschen zu erreichen.

Nach der Zustimmung im Parlament geht das Geschäft jetzt an den Regierungsrat. Er erstattet innert zwei Jahren Bericht über das Ergebnis seiner Prüfung.