Einbürgerung und LandesspracheNur mit fliessendem Deutsch zum roten Pass
Der Aargau legt die Latte bei den Deutschkenntnissen für die Einbürgerung höher als vom Bund gefordert. In anderen Kantonen sind Verschärfungen schon in Kraft.
Wer sich in der Schweiz einbürgern lassen will, muss sich in einer Landessprache verständigen können. Das gilt als Zeichen einer erfolgreichen Integration. So steht es im Bundesgesetz über das Schweizer Bürgerrecht.
Nur: Wie gut genau sich einbürgerungswillige Ausländerinnen und Ausländer sich auf Italienisch, Französisch oder Deutsch ausdrücken können müssen, darüber ist ein Streit im Gang.
Diese Woche hat das Aargauer Kantonsparlament die bisher geltende sprachliche Hürde im Kanton höher gelegt. «Ein normales Gespräch mit Eingebürgerten soll gut möglich sein», sagte Grossrat Christoph Riner in der Debatte. Sein Vorschlag: Einbürgerungswillige erhalten den roten Pass nur, wenn sie mündliche Deutschkenntnisse auf Niveau B2 und schriftliche auf Niveau B1 nachweisen können.
Der SVP-Politiker bezieht sich auf die sechsstufige Sprachskala des Europarats. Sie beginnt beim Anfängerniveau A1: Die Person kann vertraute, alltägliche Ausdrücke und ganz einfache Sätze verstehen und verwenden. Das höchste Niveau C2 entspricht der annähernd muttersprachlichen Beherrschung einer Fremdsprache.
Nur grundlegende Kenntnisse nötig
In den meisten Kantonen gilt für die mündliche Sprachbeherrschung die nationale Mindestanforderung B1. Das ist ein mittleres Niveau: Die Person kann die Hauptpunkte verstehen, wenn klare Standardsprache verwendet wird. Schriftlich werden lediglich erweiterte grundlegende Kenntnisse gefordert, also Niveau A2: Die Person kann Sätze und häufig gebrauchte Ausdrücke verstehen, die mit Bereichen von ganz unmittelbarer Bedeutung zusammenhängen, etwa Informationen zur Person, Familie, Arbeit oder zum Einkaufen.
Gemäss dem Vorstoss von SVP-Grossrat Riner sollen nun die Anforderungen im Aargau um je eine Stufe angehoben werden. Mündlich wird Niveau B2 gelten: Die Person kann sich spontan und fliessend verständigen. Sie kann zudem die Hauptinhalte komplexer Texte zu konkreten und abstrakten Themen verstehen.
Schriftlich ist B1 die neue Aargauer Mindestanforderung: Die Person kann die meisten Situationen bewältigen, denen man im Sprachgebiet begegnet. Sie kann sich einfach und zusammenhängend über vertraute Themen und persönliche Interessengebiete ausdrücken.
«Das ist ein übertriebener Schweizer-Macher-Vorstoss.»
In der Grossratsdebatte entgegnete SP-Regierungsrat Dieter Egli, eine gute Integration sei auch mit dem bisher vorgeschriebenen Sprachniveau möglich. Mit der Verschärfung würde «Matura-Niveau» verlangt. Der Grüne Grossrat Jonas Fricker sprach von einem «übertriebenen Schweizer-Macher-Vorstoss».
Das Aargauer Parlament überwies ihn trotzdem. SVP und FDP sagten geschlossen Ja. Dazu kamen einzelne Stimmen aus der Mitte und von den Grünliberalen.
Vorreiter Thurgau
Der Aargau ist nicht der erste Kanton, der für seine Einbürgerungswilligen die Sprachhürden anhebt. Vorreiter war der Thurgau, der schon 2018 die Sprachanforderungen um eine Stufe erhöhte. Auch dort war die SVP mit einem entsprechenden Vorstoss erfolgreich.
Der Thurgau galt danach eine Weile lang als Kanton mit den höchsten Sprachhürden. Unterdessen gelten auch in Schwyz und Nidwalden die Anforderungen, die der Aargau einführen will. Etwas weniger weit gehen St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden und Baselland. Dort wird mündlich und schriftlich B1 verlangt.
In weiteren Kantonen sind politische Vorstösse für eine Verschärfung hängig. Das Zuger Kantonsparlament überwies Anfang März eine SVP-Motion an den Regierungsrat, die eine Anhebung der Sprachanforderungen auf das im Aargau anvisiert Niveau verlangt.
Kostenpflichtiger Deutsch-Test
Konkret nachweisen müssen einbürgerungswillige Ausländerinnen und Ausländer ihre Sprachkompetenz mit einem erfolgreich absolvierten Test. Das Staatssekretariat für Migration SEM führt eine Liste der dafür gültigen Diplome.
Zudem hat das SEM eine eigene Sprachprüfung entwickeln lassen. Im Fide-Test müssen Einbürgerungswillige zeigen, dass sie sich in Alltagssituationen wie dem Besuch in einer Arztpraxis oder der Gemeindeverwaltung oder im Arbeitsalltag schriftlich wie mündlich ausdrücken können.
Wer den kostenpflichtigen Test (250 Franken) besteht, bekommt einen sogenannten Sprachenpass, der mit dem Einbürgerungsgesuch eingereicht werden muss.
Einbürgerungswillige, deren Muttersprache einer der Landessprachen entspricht, müssen keine Tests absolvieren. Das gilt auch für Personen, die eine mindestens fünfjährige Schul- oder Ausbildungszeit in italienischer, französischer oder deutscher Sprache absolviert haben.
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