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Abschaffung der Heiratsstrafe kann für einige Eltern teuer werden

Drum prüfe, wer sich ewig bindet – eine Heirat kann die Steuerrechnung in die Höhe treiben, aber auch senken.
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Zur Modellfamilie Meier gehören Vater, Mutter und zwei Kinder. Der Vater arbeitet, die Mutter nicht. Der Vater verdient mit 150'000 Franken pro Jahr gut. Modellfamilie Frei ist genau gleich aufgestellt. Dennoch zahlt sie heute dem Bund deutlich mehr Steuern als die Meiers – 4463 Franken statt wie diese 3403 Franken. Die Meiers haben aber nicht etwa den besseren Steuerberater – sie haben geheiratet und erhalten dafür einen Heiratsbonus.

«Dieses Steuermodell aus der Nachkriegszeit gehört abgeschafft», kritisierte Kathrin Bertschy, Co-Präsidentin des Frauendachverbands Alliance F und GLP-Nationalrätin, heute vor den Medien. Dieses System begünstige Einverdiener-Haushalte und verdränge letztlich Frauen aus dem Erwerbsleben. Auf diese Weise vernichte das heutige Steuersystem die Investitionen, die insbesondere in die Bildung von Frauen gesteckt worden seien, folgerte Caroline Müller-Möhl, Stiftungsratspräsidentin der Müller-Möhl-Foundation.

Unverheiratete werden bestraft

Ihre Stiftung liess deshalb vom Beratungsbüro Ecoplan abklären, welches Steuersystem einen Zivilstand weder bestraft noch belohnt. Und ob die Empfehlung der OECD richtig ist, wonach die Individualbesteuerung Zweitverdiener und -verdienerinnen motiviert, eine Stelle anzunehmen. Dazu hat Ecoplan drei Systeme miteinander verglichen: Neben dem Status quo das bevorzugte System des Bundesrats, das im Wesentlichen Ehepaare wählen lassen will, ob sie sich als Verheiratete oder Unverheiratete besteuern lassen wollen. Und drittens eine modifizierte Individualbesteuerung. Danach werden auch Ehegatten einzeln veranlagt, und Familien werden unabhängig des Zivilstands der Eltern entlastet.

Die Studie zeigte: Das System des Bundesrats, die sogenannte alternative Steuerberechnung, akzentuiert die Unterschiede gerade bei Einverdiener-Haushalten zusätzlich. Die verheirateten Meiers bezahlten 2783 Franken an direkten Bundessteuern, die unverheirateten Freis 6053 Franken – mehr als doppelt so viel. Ein Unterschied bleibt auch bestehen, wenn die Kinder einmal ausgezogen sind. Zu diesen Ungleichheiten kommt es, weil der Bundesrat auf Verheiratete fokussiert und nicht auf Familien. Die modifizierte Individualbesteuerung hingegen behandelt beide Modellfamilien gleich.

Tausende würden wieder arbeiten gehen

Gerecht ist das System des Bundesrats bei Modellfamilien, bei denen Vater und Mutter gleich viel verdienen, je 75'000 Franken: Verheiratete und unverheiratete Eltern bezahlen gleich viel – wie bei der modifizierten Individualbesteuerung. Das aktuelle Steuersystem hingegen bestraft verheiratete Eltern: Sie bezahlen dem Bund mit 2412 Franken mehr als doppelt so viel wie Unverheiratete mit 1011 Franken.

Die Individualbesteuerung belastet aber nicht nur zivilstandsneutral, sie bietet gemäss Studie Müttern oder Vätern auch den grössten Anreiz, wieder ins Erwerbsleben einzusteigen oder das Pensum zu erhöhen. Nach Berechnungen von Ecoplan könnten in der Folge 40'000 bis 60'000 Vollzeitstellen besetzt werden – Arbeitskräfte, auf die die Wirtschaft angewiesen ist.

Wird CVP auf Heiratsbonus verzichten?

Allerdings: Das Parlament und vielleicht auch das Volk werden erneut über die Abschaffung der Heiratsstrafe befinden; das Bundesgericht hat kürzlich das Nein des Stimmvolkes zur entsprechenden CVP-Initiative annulliert. Falls die Initiative aber angenommen würde, wäre die Individualbesteuerung vom Tisch.

Demnächst wird sich die Wirtschaftskommission des Ständerats mit dem Thema befassen und die anwesenden Organisationen forderten sie auf, diese Individualbesteuerung ernsthaft zu prüfen – neben Alliance F sind dies Angestelltenverbände und der liberale Thinktank Avenir Suisse. Marco Salvi von Avenir Suisse meinte, es liege auch im Interesse der CVP, wenn die Heiratsstrafe über die Individualbesteuerung abgeschafft würde. Die Frage sei aber, ob sie bereit sei, auf den Heiratsbonus zu verzichten.