Schweizer Festspiele in BormioMonney siegt vor von Allmen – die Schweizer sind wieder eine Macht in der Abfahrt
Die letzten vier Abfahrten gehen an die Schweizer, drei davon per Doppelsieg. Diesmal schreiben zwei junge Fahrer die grossen Geschichten.

Lange, ja sehr lange darf sich Franjo von Allmen im Sessel des Leaders sonnen. Die grossen Namen der Abfahrt scheitern an der Zeit, die er mit Nummer 3 aufgestellt hat, Odermatt, Paris, Kriechmayr, alle geschlagen, um mindestens eine halbe Sekunde distanziert. Er, mit 23 und in seiner zwölften Weltcup-Abfahrt erstmals Sieger?
Es ist zu diesem Zeitpunkt das einzige logische Resultat.
Und dann starren sie alle auf die Zeitanzeige, reisst Marco Odermatt im Zielraum die Arme hoch, schüttelt von Allmen lachend den Kopf – und liegt einer im Schnee, der in dem Moment wohl nicht so richtig weiss, wohin mit seinen Emotionen: Alexis Monney. Er, mit 24 und in seiner 24. Weltcup-Abfahrt erstmals Sieger?
Es ist bald Tatsache.
Schneller als Monney ist an diesem Mittag in Bormio niemand mehr. Der Romand gewinnt sensationell vor von Allmen, der es ja irgendwie noch zu ahnen schien, als er nach 15 gestarteten Fahrern in die Kameras sagte, er sei gespannt, wo seine Fahrt hinführe. Er hatte da gerade Odermatt geschlagen.
Dass er am Ende Zweiter ist, mag er wohl besser verkraften als jeden Podestplatz, den er schon eingefahren hat und noch einfahren wird in seiner Karriere, so schön ist diese Geschichte mit Monney. Der berichtet danach, von Allmen sei ein «geiler Typ» und würde sich wirklich freuen für ihn.
Erster Triumph seit Défago 2011
Um zu zeigen, wie gross dieser Schweizer Triumph ist, braucht es einen kleinen Rückblick. Auf dieser verrückt schwierigen Piste in Bormio gewann 2011 letztmals ein Schweizer: Didier Défago. Danach gab es zahlreiche Schweizer Siege in der Abfahrt, nie aber auf dieser Strecke in der Lombardei.
Und jetzt dieser Ritt von Monney, dem Mann, der 2019 eigentlich alles hinschmeissen wollte. Im Nationalen Leistungszentrum in Brig kam er mit einem Trainer nicht zurecht. Erst die Eltern überzeugten ihn, weiterzumachen. Vater Louis übrigens ist selbst ein Trainer, unter anderem betreute er – genau, Didier Défago.
2020 holte Monney im norwegischen Narvik Abfahrtsgold bei der Junioren-WM. 2021 feierte er sein Debüt im Weltcup, 2022 holte er die ersten Punkte, 2023 schaffte er es in einer Abfahrt erstmals überhaupt in die Top-10. Und nun, ohne überhaupt einmal auf einem Weltcup-Podest gestanden zu haben, ist er Sieger.
Monney und von Allmen sind die Ausreisser in Bormio, da sind aber auch noch Odermatt auf Rang 5, Justin Murisier als Sechster und Marco Kohler auf Rang 9 (mit Startnummer 30), die es in die Top-10 schaffen.
Verblüffend ist dabei Odermatts Klassierung. Er verliert im oberen Streckenteil einmal den Halt, sackt so in sich zusammen, dass sich sein Airbag auslöst – und ist doch noch schneller als die meisten. Diesmal ist er aber nicht Triumphator, sondern Teil eines herausragenden Teamresultats.
Die Lücke nach Feuz? Gefüllt
In der Abfahrt zehrten die Schweizer lange von den Erfolgen von Beat Feuz. 16 Rennen gewann der Berner in seiner Karriere, er holte WM- und Olympiagold. Während acht Jahren war er der einzige Schweizer Abfahrtssieger im Weltcup. Dann trat er zurück und hinterliess eine Lücke, die vermeintlich nur einer im Stande war zu füllen: Marco Odermatt.
Feuz gewann im Januar 2022 letztmals ein Rennen, in Kitzbühel war das. Zwei Monate später kam noch ein Sieg Niels Hintermanns in Kvitfjell dazu und dann? Kein Schweizer Sieg bis Januar 2024. Das ist keine Ewigkeit, aber in den Sphären, in denen sich die Schweizer Skifahrer und Skifahrerinnen gerade bewegen, eine lange Phase.
In jenem Januar folgte in Wengen das Double von Odermatt. Und seither geht scheinbar alles von selbst. Sieg Hintermann in Kvitfjell, Sieg Murisier in Beaver Creek, Sieg Odermatt in Gröden und nun Sieg Monney in Bormio. Kommt hinzu, dass die letzten drei Schweizer Triumphe Doppelsiege waren. Das ergibt in acht Rennen sechs Siege und elf Podestplätze.
Die Phalanx im Kalenderjahr 2024 stört einzig Cyprien Sarrazin, der im Januar zweimal in Kitzbühel triumphierte. Das Rennen von Bormio verpasst er, weil er im Training am Freitag übel gestürzt war, in der Nacht auf Samstag wurde er operiert, danach lag er im künstlichen Koma. Die Operation sei gut verlaufen, meldete der französische Verband. Am Samstagnachmittag wachte Sarrazin auf.
Der Sturz hallt am Renntag noch nach, vor allem bei den Franzosen, aber auch ein klein wenig bei den Schweizern. An genau gleicher Stelle stürzt Lars Rösti, es ist fast schon eine Kopie des Abfluges von Sarrazin. Anders als der Franzose schlägt Rösti aber nicht mit dem Kopf auf und kann kurz darauf selbst ins Ziel fahren.
Im Training hatte es an dieser heiklen Stelle auch bereits einen anderen Schweizer erwischt: Josua Mettler. Wie Rösti am Tag danach kann der 26-Jährige ins Ziel fahren, am Samstag aber wird kommuniziert, dass die Saison für Mettler vorbei ist. Er hat sich an beiden Kniegelenken schwer verletzt, kommende Woche wird er operiert.
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Das wars!
Phu, das war ja noch einmal eine Schrecksekunde. Aber Rösti ist selbst ins Ziel gefahren und hat ins Publikum gewinkt. Wir atmen durch.
Und freuen uns mit Alexis Monney und Franjo von Allmen! Was für ein Schweizer Resultat hier in Bormio. Erstmals seit Didier Défago 2011 gewinnt ein Schweizer in Bormio – und wie!
Monney kommt mit der Nummer 19 ins Rennen, als Landsmann von Allmen schon wie der sicherer Sieger aussieht. Und er nimmt ihm 24 Hundertstel ab.
Und damit sind die Schweizer Festspiele ja noch nicht einmal komplett. Es folgen Marco Odermatt auf Rang 5, Justin Murisier als Sechster und dann auch noch Marco Kohler (9.) und Stefan Rogentin (11.). Verrückt!
Und damit bedanken wir uns für das Dabeisein und Mitfiebern. Später finden Sie hier eine Zusammenfassung dieses spektakulären Rennens.
33. Lars Rösti
So, ihn nehmen wir noch mit.
Rösti ist hier auf Kurs auf die Top-20. Und dann folgt eine Kopie des Sturzes von Sarrazin von gestern. Genau bei derselben Stelle. Das sah übel aus, auch bei ihm ist der Airbag offen. Aber der Schweizer steht wieder. Entwarnung also bei ihm.
Das Rennen ist unterbrochen, der Österreicher Felix Hacker wurde abgewunken.
30. Marco Kohler
So, und wie wärs mit einer weiteren Schweizer Glanzfahrt? Marco Kohler ist auf dem Weg. Und er legt furios los. Ein Zehntel Vorsprung oben auf Monney.
Es ist ein guter Auftritt von Kohler, es geht nicht gerade in Richtung Podest, aber in die Top-10! Kohler ist Neunter, verdrängt damit Rogentin auf Rang 11! Wunderbar!
29. Adrian Smiseth Sejersted
Er ist immer irgendwie schnell, aber hat irgendwie auch immer einen kapitalen Fehler drin. Mal schauen, was der einzige Norweger in den Top-30 hier anstellt. Das wiederum zeigt übrigens, wie sehr sich der Fokus der Norweger vom Speed weg in Richtung Technik bewegt hat. Dort sind die Skandinavier mit Kristoffersen, McGrath und Haugan ja eine Macht. Hier ist gerade nur Sejersted. Auch weil Kilde ja bekanntlich weiter fehlt.
Und Sejersted fährt auf Rang 19.
28. Jared Goldberg
Er sorgt ja auch gerne mal für eine Überraschung, zuletzt wurde er Dritter beim Super-G von Gröden. Solches ist hier aber nicht zu erwarten von Goldberg. Auch er reiht sich weit hinten ein, wie eigentlich die meisten Fahrer mit hohen Startnummern, abgesehen von Monney natürlich. Rang 23 für Goldberg.
27. Elian Lehto
Es geht weiter nach Finnland. Wobei, auch wenn Elian Lehto hier noch aufs Podest fährt, würde dieser Erfolg ein wenig der Schweiz gehören. Der Finne trainiert ja mit dem zweiten Schweizer Team und spricht etwas Schweizerdeutsch.
Mit Monney und von Allmen hält er aber nicht mit und auch mit den anderen Schweizern nicht, die nach wie vor in den Top-10 stehen. Rang 13 gibt es immerhin für Lehto.
26. Romed Baumann
Noch so ein Routinier, der Saison für Saison wieder auftaucht. Romed Baumann, letzter Podestplatz in der Abfahrt im März 2023 in Soldeu. Da wurde er Zweiter.
Diesmal fährt er deutlich nicht in diesen Sphären. Über dreieinhalb Sekunden verliert er auf Monney und klassiert sich damit am Ende des Felds.
25. Nils Alphand
Der Mann mit dem grossen Namen, sieht unruhig aus bei Alphand, aber das geht den meisten so heute. Obwohl: Die Bedingungen sind hier hervorragend, muss auch mal gesagt sein.
Alphand gelingt ein guter Auftritt, er liegt auf Zwischenrang 11. Die Hälfte der Top-10 stammt also nach wie vor aus der Schweiz, denn nicht vergessen werden darf, dass auch noch Rogentin da ist. Der Bündner ist Zehnter.
24. Sam Morse
Wir machen hier noch bis zur Nummer 33, das wäre dann Lars Rösti, und hoffen auf einen Schweizer Dreifachsieg. Zuerst aber mal Sam Morse.
Auch er ist oben schneller als Monney, der im ersten Abschnitt nur Zwölftschnellster war. Aber was folgte, ist bekannt. Und da kann auch Morse nicht mithalten. Auch er verliert mehr als zwei Sekunden auf Monney, fährt auf Rang 19.
23. Christof Innerhofer
Marco Odermatt steht beim Interview, vor allem gab ja die Situation mit dem Airbag zu reden. Der Schweizer nimmt die Situation locker, es sei das erste Mal, dass der Airbag bei ihm ausgelöst habe, er sei aber froh, dass das passiert sei. «Es war eine alles andere als natürliche Bewegung.» Verrückt, dass er doch auf Rang 4 fuhr.
Das schreibe ich hier, während Christof Innerhofer die Piste runterrasselt, der hat ja hier auch schon gewonnen. Und er macht das gar nicht so schlecht, oben mag er gar mit Monney mithalten. Dann aber fällt er zurück, Zwischenrang 13 für den ewigen Inne.
22. Stefan Eichberger
Zu den Geschlagenen gehören hier deutlich die Österreicher mit Kriechmayr auf Rang 8. Eichberger ist der Nächste, der sich anschickt, aber der junge Mann stürzt und landet in den Netzen. Aber auch hier gleich das kollektive Aufatmen, Eichberger steht schon wieder. Und unten winkt Monney in die Kamera.
21. Matthieu Bailet
Die Franzosen waren hier, verständlicherweise, zaghaft unterwegs. Auch Bailet verliert hier über zwei Sekunden, am Ende fährt er auf 13, verdrängt also den unmittelbar vor ihm gestarteten Striedinger.
20. Otmar Striedinger
Ja, auch wenn jetzt Otmar Striedinger hier auf dem Weg ist. Davon müssen wir uns erstmal erholen. In den ersten zwei Abfahrten feierten die Schweizer jeweils Doppelsiege, Murisier vor Odermatt, dann Odermatt vor von Allmen. Und jetzt? Jetzt führt Monney vor von Allmen. Und Odermatt und Murisier sind auch noch in den Top-6! Was für ein Schweizer Tag.
Und Striedinger? Der ändert nichts daran. Rang 13.
19. Alexis Monney
Und damit gleich weiter zu Alexis Monney. Adrien Théaux, noch ein Franzose, verzichtete nämlich auf seinen Start.
Monney macht das richtig gut! Er liegt zwischenzeitlich sogar vor von Allmen! Und ja, tatsächlich! Er übernimmt hier die Führung, das gibt es doch nicht, das ist verrückt!
17. Maxence Muzaton
Wir erinnern uns: Ein Franzose stürzte hier übel, die Landsmänner sind gehemmt, das ist auch bei Muzaton nicht anders. Er verliert viel Zeit und reiht sich am Ende des Klassements ein mit 3,4 Sekunden Rückstand.
16. Florian Schieder
Von Allmen steht zum Interviewe bereit, er wirkt noch etwas fassungslos und sagt, er habe nicht damit gerechnet. Er sei gespannt, wo das hinführe.
Nun, ich wage mal die Prognose, dass der Mann auf dem Podest bleiben wird. Denn auch Florian Schieder kann ihn hier nicht verdrängen. Der Italiener verliert laufend Zeit und fährt auf Zwischenrang 14 mit 2,66 Sekunden Rückstand. Immerhin haben die Italiener noch Casse auf Rang 3.
15. Marco Odermatt
So, und jetzt das grosse Schweizer Duell. Odermatt gegen von Allmen.
Odermatt ist Favorit, und der Start gelingt ihm gut. Der will heute alles.
Kleiner Verbremser, die Ski schlagen wie verrückt und beinahe kommt es zum Sturz! Das nimmt Odermatt wohl aus dem Rennen um den Sieg heute.
So ist es, Odermatt ist zwar immer noch schnell, aber es reicht nicht! Rang 4! Und unten zeigt er: Beim kleinen Malheur oben hat sich der Airbag geöffnet. Der ist eigentlich für Stürze vorgesehen, kaum auszumalen, welche Kräfte also in dieser Szene auf Odermatt wirkten. Und verrückt, dass er sich da retten und noch auf Rang 4 fahren konnte.
14. Dominik Paris
Und nun, die wahre Reifeprüfung. Jaja, Odermatt kommt auch noch, aber Paris in Bormio, das ist eine Hausnummer. Der Mann ist hier Rekordsieger. Sechsmal gewann er.
Paris ist oben schneller als von Allmen, aber wir wissen langsam, dass das nichts heissen muss. Und Paris zeigt uns das auch noch einmal auf. Aus 23 Hundertsteln Vorsprung werden 1,54 Sekunden Rückstand.
Da habe ich ihn wohl etwas zu sehr hochgejubelt. Aber wir nehmens gerne. Paris auf Rang 12.
13. Mattia Casse
Es folgt ein italienisches Päckli mit einer Prise Odermatt. Zuerst einmal Mattia Casse, der Sieger des letzten Super-G.
Es ist laut am Streckenrand und Casse startet wie ein Verrückter. Das ist richtig schnell hier oben. 45 Hundertstel hat er von Allmen bereits abgenommen.
Dann übernimmt er sich aber und gerät sehr weit. Ob das einen Unterschied macht? Ja tatsächlich! Auch er fällt zurück, auch er im vierten Sektor. Casse verdrängt zwar Murisier vom Podest, aber verliert über eine halbe Sekunde auf von Allmen.
12. James Crawford
Er wurde vor zwei Jahren Zweiter, wir sind hier also mittendrin in der Gruppe der Favoriten. Der Start verläuft okay, würde ich mal sagen. Schneller als von Allmen, aber das sind oben alle. Langsamer als die meisten anderen.
Crawford ist noch nicht beim vierten Abschnitt angelangt, da liegt er schon deutlich zurück. Keine Chance für den Kanadier, er fährt auf Zwischenrang 9. Bloss Giezendanner und Bennett waren weniger schnell.
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