Prinz Andrew degradiertIn der Welt der Royals ist das ein Verstoss aus der Familie
Queen Elizabeth hat ihrem Sohn Andrew sämtliche Ehrentitel mit teils klangvollen Namen entzogen. Die Reaktionen darauf zeigen: Das war längst überfällig.
Mensch und Monarchie zu trennen, war immer eine hervorragende Eigenschaft der britischen Königin Elizabeth II. Es gab Zeiten in ihrer langen Regentschaft, da waren Mensch und Monarchie so weit voneinander entfernt, dass nicht klar war, ob sie je wieder zueinanderfinden.
Die Monarchie ist wichtiger als Einzelschicksale, das war immer ihre Regel, weshalb der Schritt, den sie am Donnerstagabend vollzog, nur folgerichtig war. Die Queen entschied, ihrem Sohn Andrew sämtliche militärische Ehrentitel zu entziehen, ausserdem darf er sich künftig nicht mehr «His Royal Highness», Seine Königliche Hoheit, nennen.
Wie immer, wenn den Royals etwas widerfährt, wurden umgehend die Häme-Schleusen geöffnet. So fühle es sich also an, wenn man als Prinz rausgeworfen werde, schrieb etwa am Freitag ein Kommentator des «Spectator»: keine Paraden mehr, keine Uniformen, keine Titel, armer Andrew.
Dass Mama ihm die Orden genommen hat, ist allerdings tatsächlich eine ernste Sache: In der Welt der Royals kommt das einem Verstoss aus der Familie gleich. Andrew werde zudem, heisst es in dem knappen Statement des Palastes, «den Fall» als Privatperson verfolgen.
Royals-Expertin: «Man baut Mauer um Monarchie»
«Der Fall» ist ein ihm drohender Prozess in New York. Seit Jahren schon gibt es die Anschuldigungen der in Australien lebenden Amerikanerin Virginia Giuffre, sie sei als 17-Jährige von Andrew sexuell missbraucht worden, vermittelt durch den Milliardär Jeffrey Epstein und dessen kürzlich verurteilte Gefährtin Ghislaine Maxwell. Andrew hat das stets bestritten, die Queen hat dazu stets geschwiegen.
Im August vergangenen Jahres reichte Giuffre eine Klage gegen Andrew in New York ein. Am Mittwoch entschied ein Richter, den Antrag Andrews auf Abweisung der Klage abzulehnen. Am Donnerstagmorgen erreichte den Palast ein offener Brief von 152 Veteranen, in dem sie fordern, Andrew seiner Titel zu entledigen.
Es dauerte nur ein paar Stunden, bis der Palast reagierte. «Man baut eine Mauer um die Monarchie», sagte am Freitag die frühere Königshaus-Korrespondentin der BBC, Jennie Bond. Royals-Experten wie auch einige in den Medien zu Wort kommende Militärvertreter waren sich einig: Der Schritt war nicht nur richtig, sondern längst überfällig. (Lesen Sie dazu den Kommentar «Die Marke Windsor ist schwer beschädigt».)
Virginia Giuffre hat sich am Freitag auf Twitter bedankt beim Richter in New York. Er mache es überhaupt erst möglich, dass Andrew sich den Vorwürfen stellen müsse. In einem seltsamen Fernsehinterview 2019 hatte er sich noch damit verteidigt, ein Mann könne sich sehr genau an ein «positives Erlebnis» wie Sex erinnern, und er erinnere sich absolut gar nicht daran, mit Mrs. Giuffre, die damals noch Roberts hiess, Sex gehabt zu haben.
Andrew machte Karriere beim Militär. Er flog unter anderem als Helikopterpilot Einsätze beim Falklandkrieg 1982.
Ausserdem sei ihre Beschreibung, er habe stark geschwitzt, sicher falsch, denn er könne wegen eines Vorfalls aus dem Falklandkrieg gar nicht schwitzen. Überhaupt sei er am fraglichen Abend mit seinen Kindern zusammen gewesen, er sei mit seiner Tochter zu einem Pizza-Express in Woking gefahren, woran er sich deshalb so genau erinnere, weil Derartiges für ihn «sehr, sehr unüblich» sei.
Die Kritik an Andrew war massiv danach. Einige der insgesamt rund 230 Charity-Organisationen, deren Schirmherr Andrew war, trennten sich von ihm, ehe der Palast im November 2019 bekannt gab, Andrew werde seine öffentlichen Pflichten vorübergehend ruhen lassen und zudem von allen seinen Schirmherrschaften zurücktreten.
Seine Titel aber behielt er, mit einer Ausnahme: Im Dezember 2019 trat er vom Rang des Kadettadmirals der Navy zurück, ein hochrangiger Titel, den ihm die Queen zum 50. Geburtstag geschenkt hatte. Er mochte den Titel, die schicke Uniform trug er mit sichtlichem Stolz bei öffentlichen Anlässen.
Andrew hatte, wie das für männliche Royals üblich ist, eine Karriere beim Militär. Er flog unter anderem als Helikopterpilot Einsätze beim Falklandkrieg 1982. Unter den zwölf verbliebenen Titeln, die er im Vereinigten Königreich und im Commonwealth-Staat Kanada hielt und die er nun zurückgeben muss, sind so klangvolle wie «Colonel-in-Chief of the Royal Highland Fusiliers of Canada» oder «Honorary Air Commodore» der Royal Air Force Lossiemouth in Schottland, aber auch bedeutsame wie «Colonel of the Grenadier Guards».
Letzterer Titel führte dazu, dass Andrew bei der Parade «Trooping of the Colour» zu Ehren der Königin als ranghöchster Offizier dabei war. In dieser Rolle zwar hatte ihn die Queen schon im vergangenen Jahr durch einen Afghanistan-Veteranen ersetzt, den Titel aber hielt Andrew weiterhin.
Den Titel «Duke of York» kann er noch behalten
Auch deshalb war es unumgänglich, ihm sämtliche militärische Titel abzuerkennen: Einige dieser Titel hätten dazu führen können, dass Andrew das Königshaus bei wichtigen Anlässen repräsentiert, während in New York ein Prozess gegen ihn läuft – wenngleich nicht klar ist, ob es nicht doch noch zu einer aussergerichtlichen Einigung kommt. (Lesen Sie zum Thema den Artikel «Droht Prinz Andrew nun ein Prozess in New York?».)
Unter den wenigen Titeln, die er nun noch hält, ist der, unter dem er vor allem bekannt ist: «Duke of York». Am Freitag verlangte Rachael Maskell, Labour-Abgeordnete für York Central im Parlament, Andrew auch diesen Titel abzuerkennen. «Die Verbindung mit York muss enden», schrieb Maskell auf Twitter, Andrew dürfe den Titel «nicht noch einen Tag länger» halten. Das allerdings wäre eine Angelegenheit für das Parlament, das derzeit andere Sorgen hat als Andrews Adelstitel.
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