90 Jahre BMW-SportwagenWeiss-blaue Legenden und Lichtgestalten
Keine zweite Volumenmarke bespielt die Klaviatur emotionaler Fahrmaschinen so konsequent wie BMW. Vom ersten Roadster 315/1 über V12-Coupés und den elektrifizierten i8 bis zum modernen Z4 ist alles dabei.

Er liess in einer dunklen Zeit die Sonne aufgehen, vereinte Fahrfreude mit Vernunft und avancierte so zum Urahn aller BMW-Sportwagen: Der BMW 315/1 debütierte im Mai 1934 als erster selbst konstruierter Sportroadster des bayerischen Autobauers – und verdrängte auf der Berliner Automobilausstellung kurzzeitig die Schatten der damaligen Weltlage. Vor allem aber wurde sein Konzept prägend für die Zukunft der weiss-blauen Marke, die seither kontinuierlich neue Sportgeräte mit Kultstatus lancierte.
Insgesamt umfasst die BMW-Sportschau der vergangenen 90 Jahre mehr als 50 höchst unterschiedliche Dynamiker, die letztlich die gleiche Zielgruppe gewinnen sollten wie ihr Urahn vom Typ 315/1. «Eine Gruppe, der das Kraftfahren ein Sport ist», so die Marketingworte von 1934, als die bescheidenen BMW-Anfänge mit dem 3/15 Dixi noch präsent waren. «Das sind Leute, in deren Herzen beim Anblick einer windschnittigen Karosserie mit langer Motorhaube die Sehnsucht erwacht nach weiten Strassen, die im Fluge durcheilt werden.» Als 1965 der Slogan «Aus Freude am Fahren» folgte, galt BMW bereits global als sportliche Instanz.
Mitten ins Herz
Der ausnehmend schön gezeichnete Sportroadster BMW 315/1 traf 1934 mitten ins Herz der Berliner Messebesucher. Nach mehr als einem Jahrzehnt Erfahrung mit der Herstellung von Flugaggregaten, Motorrädern und Kleinwagen gelang BMW nun der Sprung in die feine Sechszylinder-Liga. Dies mit dem technischen Kabinettstück eines kleinen, aber 29 kW/40 PS freisetzenden 1,5-Liter-Reihensechsers, weiterentwickelt aus dem noch winzigeren 1,2-Liter der 303 Limousine.

Stolze 5200 Mark berechnete BMW für den 315/1 Roadster, das entsprach dem Gegenwert eines stattlichen Mercedes 200. Schon 1934 triumphierte der 315/1 Roadster bei der Internationalen Alpenfahrt über die hochkarätige Racing-Konkurrenz, und als auf 100 kW/136 PS erstarkter 315/1 Spezial gewann das Modell 1936 souverän sein erstes Nürburgring-Rennen – bis zur Deutschen Strassenmeisterschaft 1939.
Derart souveräne Siege liessen bei der Klientel sofort den Wunsch nach noch mehr Leistung und Prestige aufkommen: Ein Sportwagen in der damals gefeierten Zwei-Liter-Klasse musste her. Als Schnellschuss folgte noch Ende 1934 der BMW 319/1 mit 1,9-Liter-Triebwerk und 40 kW/55 PS, ehe ab 1936 der legendäre BMW 328 die kraftstrotzende Kompressor-Konkurrenz deklassierte. Als Strassenversion genügten dem 830 Kilogramm leichten Roadster 59 kW/80 PS für damals sensationelle 155 km/h. In Rennkonfiguration und -karosserie siegte der 328 gleich mehrmals bei der Mille Miglia.
Glamourös, aber wenig einträglich
Plötzlich war BMW international bekannt. Deshalb feierte der erste bayerische Nachkriegssportler sein Debüt 1955 in New York: Der Stardesigner Albrecht Graf von Goertz hatte den Roadster BMW 507 als Gegenentwurf zum Mercedes 300 SL Gullwing gezeichnet, und tatsächlich vermittelte der BMW mit erstem deutschen V8 der Wirtschaftswunderjahre eine Aura, die an Glamour nicht zu übertreffen war. Sogar Elvis Presley schmückte sich mit diesem Superstar, dessen Designkonzept aus langer Haube, knappem Heck, gestreckten Seitenlinien und sanft geschwungenen Rundungen zur Jahrtausendwende von den Retro-Sportlern BMW Z8 und Z3 adaptiert wurde.

Während aber die Z-Serie – initiiert durch den 1988 vorgestellten Z1 mit versenkbaren Türen – die Freude am Fahren in grosse Auflage brachte, gönnten sich den exorbitant teuren BMW 507 nur 251 Connaisseurs. Ebenso wie der von Graf Goertz als mondäne Gran-Turismo-Alternative designte BMW 503 scheiterte der Typ 507 daran, die damals klammen BMW-Kassen ausreichend zu füllen. Diese Mission erledigte stattdessen ab 1959 ein Ministar in italienischer Alta Moda von Michelotti: Der 3,54 Meter kurze BMW 700 mit Zweizylinder-Boxer brachte es auch als Coupé zum Bestseller, der sich im Motorsport heisse Duelle mit Abarth lieferte.
Als Gegenentwurf fungierte ab 1961 der BMW 3200 CS mit distinguierter Bertone-Karosserie. Doch auch dieser luxuriöse Zweitürer erreichte nur einen elitären Kundenkreis, ein Schicksal, das sein Nachfolger, der 1967 vorgestellte BMW (Glas) 3000 V8, teilte. Ganz anders die 2000 C- & CS-Coupés, mit denen BMW ab 1965 für Aufsehen sorgte: Diese Typenfamilie nahm Merkmale des bahnbrechenden Designs der dynamischen 02-Typen vorweg und errang weltweite Anerkennung. Erstmals priesen amerikanische Fachmedien – die USA sind der weltgrösste Sportwagenmarkt – BMW als einen der besten Autobauer aller Zeiten.
Mit viel Enthusiasmus
Die Leichtigkeit des CS verknüpft mit der Leistungsfähigkeit der für ihren turbinenhaften Lauf gerühmten BMW-Motoren kombinierten in den 1970ern die Typen 2.5 CS bis 3.0 CSL, ehe 1976 mit der 6er-Reihe (E24) eine neue Rekordmarke gesetzt wurde. Bis 1989 blieben die Coupés aktuell, länger als jedes andere BMW-Modell. Der nachfolgende BMW 850i setzte mit dem ersten deutschen V12 der Nachkriegsära das nächste Ausrufezeichen, auf das Mercedes oder Porsche zunächst keine Antwort hatten.

Ebenfalls eine Alleinstellung im deutschen Sportwagenmarkt besetzten spektakuläre BMW-Typen wie der M1 mit Mittelmotor, ein Sechszylinder, der ab 1978 öfter bestellt wurde als vergleichbare V12-Ferrari. Oder das Z3 M Coupé im Chris-Bangle-Design von 1997 – Fans sprachen vom rasenden Turnschuh. Dann die ab 1986 gebauten M3 in vielen Karosserieformen, heute vom M4 ergänzt. Nicht zu vergessen die kompakten Coupés der 1er- (ab 2007) und 2er-Baureihen (ab 2014) sowie der ab 2014 ausgelieferte i8 als erster in Serie produzierter Plug-in-Hybrid-Sportwagen.
Konsequenter als andere sportliche Kultmarken wie etwa Alfa Romeo hält BMW seit 90 Jahren temperamentvollen Zweitürern in fast allen Segmenten die Treue. So setzt der Z4 das 1995 vom Z3 in Massenproduktion gebrachte BMW-Roadster-Vergnügen bis heute in mittlerweile dritter Generation fort. Und mit viel Enthusiasmus pflegt der Hersteller bis heute auch die V8-Modelle der Oberliga wie die aktuellen M850i oder M8 Competition.

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