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Terrorprozess in Brüssel
32 Tote - bis heute ein belgisches Trauma

Die Anschläge sind bis heute ein grosses Trauma für das kleine Land. In Brüssel trauerten Passanten damals um die vielen Toten. 
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Im ehemaligen Nato-Hauptquartier, für zehn Millionen Euro zu einem Hochsicherheitsgericht namens «Justitia» umgebaut, beginnt heute Montag ein Prozess, der Belgien monatelang beschäftigen wird. Zehn Männer müssen sich wegen der Terroranschläge vom 22. März 2016 in Brüssel verantworten, 32 Todesopfer und Hunderte Verletzte waren damals zu beklagen. Prominentester Angeklagter ist Salah Abdeslam, der einzige Überlebende des Terrorkommandos vom 13. November 2015 in Paris, das 130 Menschenleben kostete. Abdeslam war laut Anklage danach auch an den Planungen für den Anschlag in Brüssel beteiligt. Das blutige Wirken der islamistischen Terrorzelle, die in Brüssel ihre Heimat hatte und mit den beiden Attacken ganz Europa in Atem hielt, ist ein traumatisches Erlebnis für das kleine Land gewesen.

«Kerker ohne Tageslicht»

Der aus dem Brüsseler Stadtteil Molenbeek stammende Salah Abdeslam, beim Pariser Prozess zu lebenslanger Haft samt unbegrenzter Sicherungsverwahrung verurteilt, wird heute Montag nicht im Gerichtssaal erscheinen. Da es sich um eine Art Vorverhandlung handelt, ist er dazu nicht verpflichtet. Mit seinem Fernbleiben dokumentiert er aber auch den Protest gegen die Art und Weise, wie ihn der belgische Staat behandelt. Seine Anwälte werden Widerspruch dagegen einlegen, dass die Angeklagten im Gerichtssaal in kleinen Glaskabinen untergebracht sind, die keine direkte Kommunikation erlauben. Man behandle Abdeslam «wie ein Tier», klagen sie. Das gelte auch für die Haftbedingungen: Abdeslam sei im Gefängnis im wallonischen Ittre völlig isoliert in einem «Kerker ohne Tageslicht» eingesperrt.

Fast tausend Nebenkläger sind zu dem Prozess zugelassen. Opfer und Hinterbliebene werden im Laufe des Prozesses ausführlich zu Wort kommen, sie sollen aber auch Antworten darauf erhalten, wie es zu diesem Anschlag kommen konnte, und warum die Propaganda des «Islamischen Staates» gerade in Belgien auf so fruchtbaren Boden fiel. Die meisten der mutmasslichen Täter sind in Belgien geboren oder hier aufgewachsen. Von den belgischen Sicherheitsbehörden nur nachlässig verfolgt, hatten die Männer in Brüssel die Anschläge von Paris geplant und ausgeführt.

In ihrem Brüsseler Versteck mischten sie Unmengen von Sprengstoff, um am 12. Juni 2016 die Eröffnungsfeier der Fussball-Europameisterschaft in Frankreich anzugreifen.

Der Rest der Gruppe fühlte sich auch danach hier derart heimisch, dass sie bei der Planung neuer Attacken Belgien als Ziel vermeiden wollten. Die Männer glaubten tatsächlich, sie seien in Brüssel sicher, solange sie auf belgischem Boden keine Anschläge verübten. Das geht aus Gesprächsprotokollen hervor, die sich in der Anklageschrift finden. In ihrem Brüsseler Versteck mischten sie Unmengen von Sprengstoff, um am 12. Juni 2016 die Eröffnungsfeier der Fussball-Europameisterschaft in Frankreich anzugreifen.

Erst als der Ermittlungsdruck der belgischen Polizei zu gross wurde, fassten sie Pläne für eine sofortige Attacke ohne grösseren logistischen Aufwand. Salah Abdeslams Verhaftung am 18. März 2016 war dann offenbar die Initialzündung für die Anschläge vier Tage später. Zwei Attentäter sprengten sich am Flughafen Zaventem in die Luft, einer in einer U-Bahn an der Station Maelbeek, nicht weit vom Brüsseler Europaviertel entfernt.

Sechs der zehn Angeklagten in Brüssel sassen auch schon in Paris auf der Anklagebank und wurden dort verurteilt. Zu ihnen gehören neben Salah Abdeslam auch zwei Männer, die sich am 22. März 2016 in Brüssel im letzten Moment doch nicht in die Luft sprengten: Osama Krayem, der im U-Bahn-Schacht wieder kehrtmachte, und Mohamed Abrini, der seinen Koffer am Flughafen stehen liess, ohne ihn zu zünden. Wegen der Aufnahmen der Überwachungskameras am Flughafen Zaventem wurde er bekannt als «Mann mit Hut». Abrini hat im August erfolgreich Beschwerde gegen seine Haftbedingungen eingelegt. Seither muss er seine Tage im Gefängnis nicht mehr in totaler Isolation verbringen.