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30 Wochen Elternzeit – oder gar nichts

Die Schweizerinnen und Schweizer sollen über den Vaterschaftsurlaub abstimmen. Foto: Keystone
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Das Volk wird voraussichtlich doch noch über den zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub entscheiden. Am Donnerstag reichen die SVP-Politikerinnen Diana Gutjahr und Susanne Brunner über 50'000 beglaubigte Unterschriften für ein Referendum ein. Lange sah es danach aus, als würden sie scheitern. Die Abstimmung wird voraussichtlich im September 2020 stattfinden. Die zwei Wochen Vaterschaftsurlaub, die das Parlament im Herbst 2019 beschlossen hat, sind eine Reaktion auf eine Volksinitiative, die vier Wochen Urlaub für Väter gefordert hatte. Sie wurde nach dem Parlamentsentscheid zurückgezogen.

Weitergehende Volksinitiative

Es gibt aber jetzt schon Pläne für eine viel weiter gehende Volksinitiative. Fast zeitgleich mit den Verantwortlichen für das Referendum ging am Mittwoch auch der Verein Public Beta, eine Art Denkfabrik für Referenden und Volksinitiativen, an die Öffentlichkeit – mit Plänen für eine Elternzeit. Geschäftsführer Che Wagner erwartet, dass das Volk die zwei Wochen Vaterschaftsurlaub annehmen wird. Danach werde Public Beta «eine zivilgesellschaftliche Bewegung aufbauen» und mit Allianzpartnern die Volksinitiative lancieren.

Zum heutigen Mutterschaftsurlaub von 14 Wochen und zum künftigen Vaterschaftsurlaub von 2 Wochen sollen laut Wagner nochmals 14 Wochen Elternzeit hinzukommen. Das macht insgesamt 30 Wochen, von denen Väter 12 bis 16 Wochen beziehen könnten, die Mütter 14 bis 18 Wochen. Die Mutter könnte bis zu 4 Wochen dem Vater übertragen, umgekehrt wäre das nicht möglich. Zum gleichberechtigten Bezug von je 15 Wochen müsste die Mutter ihr Einverständnis geben.

Gespräche mit Gewerkschaften

Noch unsicher ist, mit welchen Organisationen und Parteien Public Beta die Initiative lanciert. Gespräche laufen nach Angaben von Che Wagner mit Gewerkschaften, Fachverbänden sowie mit Vertretern von SP, Grünen, Grünliberalen und CVP. Das sei der Grund, weshalb das Modell noch angepasst werden könne, sagt er. Wichtig sei es, die Diskussion jetzt zu öffnen, damit die Politik während der kommenden Monate nicht ausschliesslich über die zwei Wochen Vaterschaftsurlaub diskutiere, die nach Ansicht breiter Bevölkerungsteile schon längst überholt seien. Man wolle der Bevölkerung eine Perspektive geben.

Dass sich die frühe Kommunikation als Nachteil erweist, weil die Gegner des Vaterschaftsurlaubs damit auf die Initianten und ihre «masslosen» Forderungen verweisen, glaubt Che Wagner nicht. «Wir haben schon im Sommer nach dem Frauenstreik mit dem Aufbau dieser Bewegung begonnen, Ende 2019 wollten wir die Initiative lancieren.» Nun sei das Referendum dazwischengekommen. Die Bürger seien mündig, sie wüssten, worüber sie abstimmen, sagt Wagner.

Egalitäres Modell oder nicht?

Public Beta plant zudem eine eigene Umfrage zu den Bedürfnissen und Ansichten in Sachen Elternzeit. Derzeit zeigen andere Umfragen, dass der Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen bei den Stimmberechtigten grossen Rückhalt hat. Auch eine Papizeit von vier Wochen käme auf eine komfortable Mehrheit. Doch Public Beta will seine Umfrage erst durchführen, wenn eine breite Mitte-links-Allianz sich auf Eckpunkte für den Initiativtext geeinigt hat.

Das wird anspruchsvoll. Umstritten ist etwa, wie dem Ziel der Gleichstellung am besten Rechnung getragen wird und wie lange die Elternzeit genau dauern soll. Public Beta wollte ursprünglich fix je 15 Wochen für Mütter und Väter, nun ist der Verein davon abgerückt und bevorzugt ein flexibles Modell, bei dem Mütter mehr Spielraum haben. SP-Nationalrätin Min Li Marti hält das nicht für zielführend: «Je 15 Wochen sind meines Erachtens zu wenig. Zudem: Wenn die Mutter entscheiden kann, ob der Vater gleich viel beziehen darf, wird Gleichstellung an die Frauen delegiert. Das ist falsch.» Ein egalitäres Modell, das beiden die gleichen Rechte gibt, sei fairer und auch liberaler.

Gleichstellung als Hauptanliegen

Gleichstellung ist auch das Hauptanliegen des Vereins Public Beta. «Wir brauchen im Arbeitsmarkt gleich lange Spiesse für Mütter und Väter», sagt Che Wagner. Das «Risiko Elternschaft» dürfe nicht mehr einseitig die Frau tragen. Mit dem vorliegenden Modell traue man den Eltern zu, die Details selbstverantwortlich und auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten zu regeln. Das wäre ideal.

Vorerst kommt nun aber wohl das Referendum. Danach wird es – noch vor der eidgenössischen Volksinitiative – voraussichtlich im Kanton Zürich eine Abstimmung mit Signalwirkung geben. Eine SP-Initiative, die soeben eingereicht wurde, fordert eine paritätische Elternzeit von je 18 Wochen für Väter und Mütter.