2. Wahlgang Ständerat Kanton ZürichKommt es nun zum Duell Moser gegen Rutz?
Die Urnen für den ersten Wahlgang sind noch kaum geschlossen, schon beginnt das Taktieren für den zweiten. Zwei Kandidierende sind in der Poleposition.

Das Resultat ist deutlich: Während der bisherige SP-Ständerat Daniel Jositsch die Wiederwahl im ersten Wahlgang deutlich mit 236'775 Stimmen schafft, erzielt keine weitere Kandidatin, kein weiterer Kandidat das absolute Mehr. Es kommt also am 19. November zum zweiten Wahlgang.
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Am Montag treffen sich die bürgerlichen Parteien SVP, FDP und Die Mitte, um das weitere Vorgehen zu besprechen. An dem Treffen werden auch die Wirtschaftsverbände teilnehmen.
Die wichtige Rolle der Mitte
Wahrscheinlich wird man sich auf eine Kandidatin oder auf einen Kandidaten einigen, damit sich die bürgerlichen Stimmen nicht verzetteln. Es zeichnen sich harte Diskussionen ab.
Dabei dürfte Die Mitte eine wichtige Rolle spielen. Zwar wollte sich Philipp Kutter noch nicht definitv festlegen, ob er noch einmal antritt – das hänge auch davon ab, wer noch kandidiert. Allerdings ist ein Rückzug wahrscheinlicher als ein Verbleib im Rennen.
Und wen Die Mitte dann unterstützt, ist für Parteipräsidentin Nicole Barandun noch keineswegs sicher: «Das entscheiden unsere Delegierten am Mittwoch.» Würden sich die Bürgerlichen auf Rutz einigen und die Linken auf Moser, ist es nicht unmöglich, dass Die Mitte den Bürgerlichen den Rücken kehrt. Denn die Frauen hätten in der Mitte eine starke Stimme, so Barandun.
Rutz in Poleposition
Gemessen an den Stimmen befindet sich auf bürgerlicher Seite Gregor Rutz (SVP) in der Poleposition. Er liegt mit 154'910 Stimmen deutlich vor der drittplatzierten Regine Sauter (FDP).
Für Martin Hübscher, Fraktionschef der SVP im Kantonsparlament, ist denn auch klar: «Unsere Delegierten würden kaum verstehen, wenn sich Rutz zurückzöge.» Das sieht auch Parteipräsident Domenik Ledergerber so. Er hoffe «auf die Vernunft» der FDP – zwei bürgerliche Kandiderende wären «ein Horror-Szenario».
Was Rutz' gutes Abschneiden für den zweiten Wahlgang bedeutet, ist indes eine ganz andere Frage. In den vergangenen Ständeratswahlen waren die SVP-Kandidaten im zweiten Wahlgang stets chancenlos – wenn sie denn angetreten sind.
Denn von den Anhängern der anderen Parteien gabs für SVP-Herausforderer nie allzu viele Stimmen. 2015 fiel der SVP-Kandidat Hans-Ueli Vogt sogar noch hinter den Grünen Bastien Girod zurück.
Allerdings fällt Rutz' Resultat klar besser aus als jenes anderer SVP-Kandidaten in früheren Ständeratswahlen. Er scheint also auch über die traditionelle Basis hinaus Stimmen holen zu können.
Sauters Wahlchancen intakt
Für FDP-Parteipräsident Hans-Jakob Boesch ist das Rennen dennoch keineswegs gelaufen. Regine Sauter habe im ersten Wahlgang weit über die Partei hinaus mobilisiert – und das sei auch in einem zweiten Wahlgang zu erwarten.
Hinzu kommt: Mit Jositsch sitzt bereits ein linker Mann im Ständerat, eine bürgerliche Frau wäre also ein Kontrapunkt. Zudem wäre die Unterstützung durch Die Mitte in diesem Fall wohl gesetzt.
Anderseits hat Sauter auf der Nationalratsliste den ersten Platz eingebüsst – sie musste sich Andri Silberschmidt geschlagen geben. Das hilft ihr in der Ausmarchung gegen Rutz eher nicht.
Ihre Wahlchancen wären vor allem dann gegeben, wenn sich die Grünliberalen und die Linke nicht auf eine Kandidatin oder einen Kandidaten einigen können. Oder: wenn dieser eine Kandidat Daniel Leupi hiesse. Der linke Mann hätte es in einem Direktduell mit der FDP-Frau schwer.
Spielt der Anti-SVP-Reflex?
In der Poleposition auf links-grüner Seite steht Tiana Moser von den Grünliberalen. Moser hat mit 105'604 Stimmen fast 8100 Stimmen mehr geholt als Leupi. Sie ist für viele Linke und Gemässigte wählbar, eine national bekannte Politikerin – und eine Frau. «Ich bin bereit und motiviert», sagt sie.
Es ist also eher unwahrscheinlich, dass sich Moser zugunsten von Daniel Leupi zurückzieht. Vor vier Jahren gab sie der damals deutlich besser platzierten grünen Kandidatin Marionna Schlatter den Vortritt im zweiten Wahlgang. Schlatter blieb gegen FDP-Mann Ruedi Noser chancenlos.
Schlatter ihrerseits wollte Daniel Leupi am Sonntag noch nicht ganz aufgeben – sein Rückstand sei deutlich geringer, als es die ersten Hochrechnunge erwarten liessen. Er habe besser abgeschnitten als sie selbst im «Ausnahmejahr 2019», so Schlatter. Anderseits: Tiana Angelina Moser hat gegenüber 2019 satte 25'000 Stimmen gut gemacht.
SP will Rutz um jeden Preis verhindern
Auch bei dieser Ausmarchung hat eine weitere Partei ein Wort mitzureden: die SP, von deren Unterstützung viel abhängt. Und für deren Co-Präsidium, Priska Seiler Graf und Andreas Daurù, ist der Fall wiederum klar: «Nun gilt es, Gregor Rutz zu verhindern.» Zwar sagen es die beiden nicht so, aber es liegt auf der Hand, dass Moser die besseren Chancen hat.
Trifft Moser auf Rutz oder Sauter, zeichnet sich ein spannendes Rennen ab. Gegen Rutz könnte ihr helfen, dass sich die Linke aus einem Anti-SVP-Reflex heraus hinter ihr vereint. Und sie könnte bis weit ins bürgerliche Lager hinein Stimmen holen, vor allem bei den Frauen – und vor allem dann, wenn Die Mitte den Bürgerlichen den Rücken kehrt.
Das wahrscheinlichste Szenario ist also: Leupi und Kutter ziehen sich zurück, und Moser tritt gegen Rutz oder (was etwas weniger wahrscheinlich ist) gegen Sauter an.
Korrektur, Dienstag, 24. Oktober 2023, 11.24 Uhr: Im Gemeindevergleich zwischen Gregor Rutz 2023 und Hans-Ueli Vogt 2015 ist uns ein Fehler unterlaufen. Die Unterschiede auf Gemeindeebene haben dem Vergleich Gregor Rutz 2023 und Ruedi Noser 2015 entsprochen. Die Grafik wurde entsprechend angepasst.
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