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Kritik an Aufarbeitung der Katastrophe
2 Jahre nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei leben noch Hunderttausende in Containern

Menschen Gedenken den Opfern des Erdbebens vom 6. Februar 2023 in der türkischen Stadt Adiyaman: Auch zwei Jahre nach der Katastrophe leidet die Region an den Folgen.
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Zwei Jahre nach den zerstörerischen Erdbeben leben in der Türkei weiterhin 400’000 Menschen in Containern. Das teilte die türkische Katastrophenschutzbehörde Afad am Jahrestag der Beben mit. Menschen in der Region lebten mit regelmässigen Strom- und Wasserausfällen und schlechten Hygienebedingungen, so die türkische Bauingenieurskammer.

Am 6. Februar 2023 erschütterte um 4:17 Uhr ein Beben der Stärke 7,7 den Südosten der Türkei und Nordsyrien. Um 13:24 Uhr folgte ein zweites Beben der Stärke 7,6. Insgesamt waren elf türkische Provinzen betroffen auf einer Fläche etwa so gross wie Griechenland.

53’737 Menschen starben laut offiziellen Zahlen, 107’213 wurden verletzt. Rund 40’000 Gebäude stürzten ein und 220’000 wurden schwer beschädigt. «Die Erdbeben hatten die 2000-fache Kraft der Atombombe, die auf Hiroshima abgeworfen wurden», teilte Afad mit.

Auf 1900 Baustellen arbeiten laut Regierungsangaben derzeit 182’000 Arbeiter. 200’000 Wohnungen oder Gewerbeeinheiten wurden bisher übergeben. «Zwei Jahre nach den Erdbeben wurden nur 31 Prozent der versprochenen Wohnungen fertiggestellt», sagte Sinem Kolgu von der Bauingenieurskammer.

Kritik an Baugeschwindigkeit und Aufarbeitung

Einige Kritiker empfinden das als zu wenig. Andere kritisieren die Geschwindigkeit, mit der die Gebäude hochgezogen werden. Um möglichst schnell zu bauen, würden Betonmischanlagen in die Nähe von Unterkünften gebaut und Menschen damit einer gesundheitsgefährdenden Staubbelastung ausgesetzt, hiess es von der Türkischen Ärztekammer. Andere fürchten, bei der Geschwindigkeit könnten Baumängel übersehen werden.

Kritik üben viele auch an der juristischen Aufarbeitung der Katastrophe. Für die hohe Opferzahl machen Experten erhebliche Baumängel an den Gebäuden verantwortlich. Die Regierung geriet wegen fehlender Kontrolle in die Kritik.

Bisher seien 149 Prozesse abgeschlossen und gegen 189 Angeklagte unterschiedliche Gefängnisstrafen und Urteile verhängt worden, berichtete die Nachrichtenagentur Anka unter Berufung auf das Justizministerium. Gegen 1850 Angeklagte liefen noch Prozesse. Viele weitere seien auch nach zwei Jahren nicht aufgenommen worden, kritisieren Beobachter.

Experte erwartet Hunderttausende Tote bei Istanbul-Beben

Unterdessen warnen Experten davor, dass die Erde rund um die Millionenmetropole Istandbul bald beben könnte – mit voraussichtlich verheerenden Folgen. Die Erdbebenwarte Kandilli gibt die Wahrscheinlichkeit für ein Beben mit einer Stärke über 7 bis zum Jahr 2030 mit 60 Prozent an.

Auf diese bevorstehenden Beben sei die Türkei weiterhin nicht vorbereitet, so das Urteil von Fachleuten. In Istanbul seien 100’000 Gebäude stark einsturzgefährdet, «es werden Hunderttausende umkommen», sagte der Erdbebenforscher Naci Görür der Deutschen Presse-Agentur.

Auch Geologieprofessor Sükrü Ersoy erklärte, dass viele Gebäude, die bei einem schweren Erdbeben einstürzen würden, bisher nicht aufgerüstet worden seien. Ebenso sagte der türkische Städtebauminister Murat Kurum, Istanbul werde einem Erdbeben nicht standhalten.

DPA/osc