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Nervosität am US Open
Zverev entzückt Becker – und lässt Navratilova abblitzen

Schwacher Start, starkes Ende: Wie beim Australian Open im Januar fehlen dem Hamburger Zverev nur noch zwei Siege, um erster neuer Grand-Slam-Champion seit sechs Jahren zu werden. 
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Alexander Zverev wusste es selber. Sein dreieinhalbstündiger Viertelfinal war kein Augenschmaus gewesen: «Ich war passiv, machte Fehler ohne Ende, da war wenig Positives dabei.» Dennoch hob Boris Becker im fernen Eurosport-Studio jubelnd die Hände zur Decke, als der Hamburger in der Nacht auf Mittwoch am Bildschirm zum Interview erschien. 25 Jahre sind vergangen, seit Becker als letzter Deutscher die Halbfinals in Flushing Meadows erreicht hatte. «Ein wunderbarer Moment», kommentierte er Zverevs Erfolg und schwärmte: «Du hast eine mentale Stärke gezeigt, wie ich sie noch nie gesehen habe.»

Dass Zverev dank dem 1:6, 7:6 (6), 7:6 (1), 6:3 gegen den Kroaten Borna Coric einer der letzten vier Spieler ist, die am Sonntag zum ersten neuen Grand-Slam-Champion seit 2014 und Marin Cilic werden können – und auch zum ersten, der in den 90er-Jahren geboren wurde –, kommt etwas überraschend. Immerhin war er erst im Januar am Australian Open erstmals an einem Grand-Slam-Turnier so weit gekommen, im 19. Anlauf (er unterlag in vier Sätzen Dominic Thiem). Zudem hatte er zuvor drei von vier Partien gegen den ebenfalls 23-jährigen Boxfan und Counterpuncher Coric verloren.

Einmalige Konstellation: Erstmals kein Federer, Nadal, Djokovic

Die Situation am US Open ist 2020 aber auch einzigartig, nicht nur wegen der Corona-Restriktionen und der leeren Zuschauerränge. Rafael Nadal liess das Turnier wegen der Pandemie aus, Roger Federer fehlt nach seinen zwei Knieoperationen, und Novak Djokovic wurde disqualifiziert. Wohl nur deshalb steht am Freitag erstmals seit dem French Open 2004 und damit seit 64 Grand-Slam-Turnieren keiner der Big 3 im Halbfinal.

Diese spezielle Ausgangslage erhöht die Spannung und Nervosität in der Tennis-Blase von New York spürbar. Sie dürfte dafür sorgen, dass nicht der beste der verbliebenen Spieler gewinnen wird – sondern jener, der mit der Situation am besten zurechtkommt, der heiss läuft und die Nerven behält. Mit 27 Jahren ist Thiem, den viele als Favoriten sehen, der zweitälteste von ihnen, hinter dem erstaunlichen Pablo Carreño Busta. Nachdem er dank der Disqualifikation Djokovics im Achtelfinal Kraft gespart hatte, beendete er im zweiten Halbfinal die Träume von Denis Shapovalov. Er warf mit dem 21-Jährigen den letzten Kanadier aus dem Turnier, in einer über vier Stunden dauernden Berg-und-Tal-Fahrt mit einem 3:6, 7:6, 7:6, 0:6, 6:4. Thiem (gegen den Australier Alex De Minaur) und die Russen Andrei Rublew und Daniil Medwedew kämpfen am Mittwoch um die zwei anderen freien Plätze im Halbfinal.

«So konnte ich nicht weiterspielen. Aber ich biss mich durch und fand einen Weg.»

Alexander Zverev

Zverev gilt zwar schon seit Jahren als kommender Grand-Slam-Sieger, ist auf dem Weg dorthin aber in Verzug geraten. Einst die Nummer 3, ist er zurzeit nur noch auf Rang 7 klassiert, und seine Saison-Matchbilanz vor dem US Open stand bei bescheidenen 6:6, trotz des Halbfinals in Melbourne. Zuletzt fiel er auf durch seine Teilnahme an der Adriatour und eine selbst verhängte Quarantäne, die er schon bei erstbester Gelegenheit brach, um in Südfrankreich zu feiern.

Reif für einen Grand-Slam-Titel wirkt er also nicht unbedingt. Bezeichnend ist, dass er am US Open bisher zwar am meisten Asse (92), aber auch am meisten Doppelfehler (41) geschlagen hat. Noch immer spielt er oft fehlerhaft, inkonsequent, passiv und defensiv. Das realisierte er gegen Coric erst, als er 1:6, 2:4 im Rückstand lag: «So konnte ich nicht weiterspielen. Aber ich biss mich durch und fand einen Weg», kommentierte der elffache Turniersieger, der bereits über 21 Millionen Dollar an Preisgeld eingespielt hat.

Der Aufschlag als Stärke und Schwachpunkt: Zverev hat am US Open bisher am meisten Asse, aber auch am meisten Doppelfehler geschlagen.

Was aber auch auffällt, sind Zverevs neue Lockerheit und sein gewachsenes Selbstvertrauen. «Wenn ich verloren hätte, wäre die Welt nicht untergegangen, auch wenn der Heimweg ziemlich lang geworden wäre», sagte er nach dem Viertelfinal zu Becker. Coric, der gegen Stefanos Tsitsipas nach sechs abgewehrten Matchbällen gewonnen hatte, hatte ihm das Leben mit seiner Konstanz und seinem Kampfgeist nicht leicht gemacht. Doch nun hat Zverev zwei Tage Zeit, ehe er am Freitag die Chance erhält, mit einem Sieg über Carreño Busta seinen ersten Grand-Slam-Final zu erreichen. Gegen die 29-jährige Nummer 27 der Welt aus Barcelona hat er bisher erst einmal gespielt, vor über zwei Jahren, und dabei in Miami gewonnen. Der Spanier war in New York schon vor drei Jahren im Halbfinal gestanden, er verlor damals gegen Kevin Anderson.

Über einen Finaleinzug Zverevs würde sich auch Boris Becker freuen, der das US Open vor 31 Jahren selber zum einzigen Mal gewinnen konnte. Zverev brauchte aus der Sicht des dreifachen Wimbledon-Siegers dabei auch nicht einmal spektakulär zu gewinnen. «Wichtig ist nur der Sieg», rezitierte Becker einen alten Sportlerspruch. «Auf dem Resultatblatt gibt es schliesslich keine Fotos.»

Navratilova kritisiert, Zverev kontert

Das sieht auch Zverev so. Als er an der Pressekonferenz von Martina Navratilovas Kommentar hörte, dass er so gegen Topspieler keine Chance habe und auch keine grossen Titel gewinnen könne, konterte er: «Vielleicht sollte sie sich mal meine Bilanz gegen die Besten anschauen. Immerhin habe ich eine positive Bilanz gegen Federer und auch schon Djokovic öfter geschlagen. Manchmal ist es einfach wichtig, auch dann zu gewinnen, wenn man nicht gut spielt.» Und überhaupt: Navratilovas Meinung sei ihm nicht wichtig.

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