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Kinder interviewen Leonardo Genoni
«Mit dieser Antwort bist du jetzt nicht zufrieden, gell?»

Werden am Zukunftstag mit Fragen gelöchert: Angelica Moser und Leonardo Genoni auf der Tamedia-Sportredaktion.
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Als die offizielle Fragerunde vorbei ist, bleibt noch etwas Zeit. Also: Wer will noch etwas wissen? Gut zehn Hände schnellen in die Höhe – die Kinder haben noch nicht genug gehört.

Für Angelica Moser (27) und Leonardo Genoni (37) stimmt das. Die Stabhochspringerin und der Eishockey-Goalie sind am Zukunftstag bei der Tamedia-Sportredaktion zu Besuch, um sich Fragen zu stellen, die mal nicht von Journalisten und Journalistinnen kommen. Und sie haben viel Zeit.

Insgesamt eineinhalb Stunden verbringen sie mit den Kindern. Heraus kommen dabei zwei Interviews. Jenes mit Genoni folgt gleich unten, das mit Moser lesen Sie hier.

Leonardo Genoni, wie kamst du auf die Goalieposition?

Als ich ganz klein war, durfte jeder mal auf die Goalieposition, und mir hat das mega gefallen. Ich fiel natürlich hin, aber ich habe das ganze Tor abgedeckt und darum keinen Treffer kassiert. Ich dachte also, ich sei sehr gut. Ich war auch Feldspieler und wechselte ab, bis ich in ein Alter kam, in dem es hiess: Entweder bist du der Goalie in der besseren Mannschaft oder Spieler in der weniger guten. Dann packte mich der Ehrgeiz, und ich setzte mich als Goalie durch.

Was geht dir beim Penaltyschiessen durch den Kopf?

Das ist die schönste Situation für einen Goalie. Da hat man den grössten Einfluss auf das Spielgeschehen. Sonst gibt es immer Spieler, die einem die Sicht versperren. Aber beim Penaltyschiessen ist es eine 1-gegen-1-Situation, entweder man gewinnt oder verliert, es gibt nichts dazwischen. Daran habe ich immer Freude. Die Zuschauer sind auch aufgeregt. Es ist einfach, ihnen ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern. Oder eine Enttäuschung, wenn er reingeht. (schmunzelt)

Wie lange willst du noch weiterspielen? Und was machst du danach?

Ich habe in Zug noch einen Vertrag bis 2026. Ich hoffe, ich verliere die Freude am Sport nicht. Dann kann ich mir sehr gut vorstellen, weiterzumachen. Was ich nachher mache, weiss ich nicht. Die Möglichkeit, an einen Zukunftstag zu gehen, habe ich ja nicht. Ich würde gerne im Sport bleiben, sehe mich aber nicht als Trainer.

Wie hast du dich nach dem WM-Sieg gegen Kanada im Halbfinal gefühlt?

Es war sehr cool. Es waren zwei schöne Wochen in Prag. Es ist eine tolle und sehr hockeyverrückte Stadt. Es lief uns sehr gut, das Wetter war auch schön. Es war auch das erste Mal, dass meine Eltern an einer WM dabei waren. Es ging alles auf im Penaltyschiessen, das Spiel war sehr intensiv. Es war eigentlich, wie man es sich erträumt.

Wie fühlt es sich an, ein Gegentor zu bekommen?

Es ist ja nicht so, dass das ein- oder zweimal im Jahr passiert, sondern häufiger. Wenn ich zurückschaue, habe ich sicher schon 2000 Gegentore kassiert. Es ist schade für den Moment, aber es bringt nichts, sich aufzuregen. Es ist vorbei, und man muss nach vorne schauen. Vor allem als Goalie muss man schnell wieder in die Spur kommen. Ich habe schnell gelernt, das abzuschütteln.

Was sagst du dir, wenn du ein Tor bekommst?

Sch … Nein, ich schüttle es so schnell wie möglich ab. Man hat ja immer ein paar Sekunden Zeit, um sich neu zu sammeln. Aber logisch bin ich zuerst enttäuscht.

Wie war es beim verlorenen WM-Final gegen Tschechien, als du nur ein Tor kassiert hast?

Ich muss sagen: Wenn jemand ein schönes Tor schiesst, habe ich sogar ein bisschen Freude. Das Tor im Final war beeindruckend, da war es eher so: Boah, hätte nicht gedacht, dass der aus dieser Position so schiessen kann. Aber ich gehe schon nicht jubeln mit den anderen. (lacht)

Bekommst du deine Ausrüstung gratis?

In Zug stellt mir der Club 15’000 Franken für die Ausrüstung zur Verfügung. Das reicht aber nirgendwohin, ich lege mindestens das Doppelte drauf. Ein Stock kostet 200 Franken und hält ein bis zwei Spiele. Eine Goalieausrüstung kostet etwa 20’000 Franken. Meine Schlittschuhe habe ich anfertigen lassen, die kosten fast schon so viel wie ein kleines Auto. Aber ich weiss, dass ich damit besser spielen kann, es lohnt sich also. Insgesamt ist Eishockey ein sehr teurer Sport. Ich hoffe, dass sich das irgendwann ändert.

Selfies mit dem Nationalgoalie: Leonardo Genoni nimmt sich am Zukunftstag Zeit.

Bekommst du die Zuschauer an einem Spiel mit?

Ich bekomme sie sehr gut mit. Es heisst, dass das mit der Zeit weniger intensiv wird. Aber dann kam die Corona-Saison, als keine Zuschauer zugelassen waren. Das machte überhaupt keinen Spass mehr. Man fühlte sich zurückversetzt an die Junioren-Spiele, bei denen nur die Eltern dabei waren. Zuschauer geben einen Boost, ich habe Freude, wenn Leute da sind und es laut ist. Es gibt auch Stadien, die lauter sind, in jenen spiele ich lieber.

Hast du einen Rivalen, den du unbedingt schlagen möchtest?

Ich spiele gerne gegen die Teams, bei denen ich gespielt habe, gerade nach einem Wechsel. Von den Spielern dieser Teams habe ich jeden Tag x Schüsse abgewehrt oder reingelassen. Ich weiss, wie sie ticken und welche Bewegungen sie machen. Ich spiele immer noch am liebsten gegen Bern und Davos. Aber das ist nicht böse gemeint, es geht einfach darum, zu zeigen, wer der Chef ist.

Ist es komisch, dein Team gegen dein Ex-Team spielen zu sehen, so wie kürzlich mit Zug gegen Bern, als du verletzt gefehlt hast?

Ja, und wenn man so hoch verliert (1:6), ist es noch viel schlimmer. Aber ich muss ehrlich sagen: Ich schaue gar nicht so gerne Hockey. Ich hasse es, wenn ich zweiter Goalie bin, und fast noch schlimmer ist es, wenn ich auf der Tribüne sitzen muss.

Hast du als Kind auch Unihockey gespielt?

Nein. Meine Familie hatte ja eigentlich nichts mit Hockey zu tun. Ich könnte da auch gar nicht Goalie sein, im Unihockey haben die Torhüter ja viel weniger an und sind immer auf den Knien, das ist beeindruckend.

Hast du ein Idol?

Ich hatte schon Poster von Hockeygoalies in meinem Zimmer: Renato Tosio, Reto Pavoni. Die haben aufgehört, bevor ihr auf der Welt wart. Aber sie waren die besten Goalies in der Schweiz. Dann kam Jonas Hiller dazu, der in die NHL ging. Lustigerweise ersetzte ich ihn damals in Davos, danach kam er im Sommer immer wieder nach Davos trainieren. Zu sehen, wie gut er wirklich war, beeindruckte mich sehr.

Was ist das Tollste an deinem Sport?

Was oft vergessen geht: Menschen kommen, um uns zuzusehen, und wir können Emotionen generieren. Mit dem, was wir machen, können wir so vielen Leuten eine Freude machen. Klar, es gehört viel Arbeit dazu, aber wir verdienen unser Geld mit dem, was wir am liebsten machen.

Verdienst du genug Geld, um davon leben zu können?

Im Eishockey verdient man schnell sehr viel, ja. Mit dieser Antwort bist du jetzt nicht zufrieden, gell? Also: Eishockey ist ein Teamsport, die Entlohnung ist individuell, und das ist fragwürdig. Aber insgesamt ist es schon so, dass wir in der Schweiz als Hockeyspieler verwöhnt sind.

Was machst du gerne in der Freizeit?

Ich werke gerne und habe mir zu Hause eine Werkstatt eingerichtet. Ich arbeite gerne mit Maschinen, das ist ein kleines Hobby, die Fähigkeiten habe ich mir mit vielen Youtube-Videos antrainiert. Ich habe noch alle Finger, das ist auch wichtig.

Wer war dein bester Gegenspieler?

Als ich 18 war, spielte ich einmal gegen Sidney Crosby. Der ist gleich alt wie ich und war schon damals der grosse Star. Es war das erste Mal, dass ich mit der U-20 an die WM mitgehen konnte. Und das letzte Spiel der Vorbereitung war in Kanada gegen Kanada. Wir verloren 0:6, er war richtig gut, aber er machte kein Tor. (schmunzelt) Er ist ein sehr eindrücklicher Spieler.

Musstest du schon einmal während eines Matchs auf die Toilette?

Ich hätte schon ein paarmal müssen, ja. Aber ich brauche derart lange, um mich aus- und wieder anzuziehen mit dieser Ausrüstung. Wir haben jeweils 18 Minuten Pause, das reicht nicht.

Was wolltest du früher mal werden?

Ich würde sagen, Polizist und Feuerwehrmann. Und irgendwann Mathelehrer, ich habe immer gerne gerechnet.

Was ist deine grösste Stärke in einem Spiel?

Ich habe Spass. Das klingt lustig, aber das macht es eben aus. Journalisten schreiben oft, ich spiele erst dann richtig gut, wenn es darauf ankommt. Dass ich vorher also weniger gut spiele, ist auch meine grösste Schwäche. Aber ich muss ja bereit sein, wenn es wirklich zählt. Und da verkrampfen sich viele. Ich aber habe Spass.

FC Basel oder FC Zürich?

Ich bin kein Fussballfan. Wenn, dann wäre ich für den anderen Zürcher Club, ich habe damals ja auch bei GC angefangen. Das schweisst ein bisschen zusammen.

Wo würdest du spielen, wenn du wählen könntest?

Ich würde gerne mal eine Woche in der NHL spielen, um herauszufinden, wie es ist, gegen die Besten der Welt zu spielen. Wo, ist mir eigentlich egal. Aber ich weiss auch, dass ich sehr privilegiert bin in der Schweiz. Früher war ich Ambri-Fan, dort hätte ich gerne gespielt. Aber das wird nicht mehr passieren.

Wann hast du deinen ersten Vertrag unterschrieben?

Mit 18 bei GC. Das musste ich machen, weil ich es in die Nati B schaffte. Ich bekam 300 Franken im Monat, was cool war, weil ich noch zu Hause wohnte. Das war ein bisschen wie Sackgeld. Den ersten Profivertrag unterschrieb ich in Davos, als ich 20 wurde.

Ist noch jemand aus deinem Sportgymi berühmt geworden?

In meiner Klasse gab es 25 Sportler und Sportlerinnen, drei davon kamen aus dem Hockey, und zwei davon wurden Profi. Das waren Simon Bodenmann und ich.