Blaz Kramer auf AchterbahnfahrtZuerst versteht er die Welt nicht mehr – dann jubelt er
Der slowenische Stürmer führt den FC Zürich zum 1:0-Sieg in Lugano und zum ersten Sieg im Tessin seit fast 20 Jahren.
Er geht zu Boden und schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. Wie bloss hat er das Kunststück fertigbringen können, diese Chance auszulassen und aus zwei Metern den Ball nicht an Lugano-Goalie Noam Baumann vorbeibringen können? Es läuft die 57. Minute, und Blaz Kramer hadert.
Ein paar Sekunden später. Der FCZ-Stürmer rennt Richtung Strafraum der Tessiner, wird von Toni Domgjoni lanciert und von seinem Gegner Mijat Maric nicht gestört. Er schiesst, hat das Glück, dass Baumann diesmal keine gute Figur abgibt – und schon ist die Gefühlswelt von Kramer eine komplett andere. Der 24-jährige Slowene trifft zum zweiten Mal in dieser Saison.
Dieses Tor wird am Ende ganz viel bedeuten: Es trägt den Zürchern die drei Punkte in der Südschweiz ein; es verhilft ihnen zum ersten Sieg in Lugano seit März 2001; und ihr Gegner verliert nicht nur zum ersten Mal in dieser Saison, sondern auch zum ersten Mal seit 13 Monaten im eigenen Stadion. Trainer Massimo Rizzo sagt: «Wir haben ein Geduldsspiel gewonnen.»
Kololli droht Pause
Seine Mannschaft wartet an diesem Nachmittag zunächst einmal ab. Priorität hat die Defensive, die so seriös arbeitet, dass Lugano bis zur Pause zu keinem Abschluss kommt. Allerdings muss die FCZ-Offensive ab der 35. Minute ohne jenen Mann auskommen, der mit vier Saisontreffern bislang erfolgreich wie kein anderer ist: Benjamin Kololli muss mit einer Oberschenkelverletzung ausgewechselt werden. Möglicherweise ist das Jahr für ihn gelaufen. Seinen Platz übernimmt Kramer.
Lugano tut sich schwer gegen einen FCZ, der auch in der zweiten Halbzeit hartnäckig verteidigt und insgesamt einen unaufgeregten Eindruck macht. Ausserhalb des Cornaredo macht ein Grüppchen Lugano-Fans mit bemerkenswertem Eifer Stimmung. «Vorwärts, Jungs, es ist kalt!», schreit einer in sein Megafon.
Aber dann schwingt sich Kramer zum Spielverderber auf. Und den Zürchern bieten sich gleich danach Chancen, den Vorsprung auszubauen. Wilfried Gnonto ist dem 2:0 nahe, Ousmane Doumbia ebenso – sie scheitern beide an Baumann.
Konsequenzen hat das keine. Weil der Gegner nicht die Durchschlagskraft zeigt, die ihn bislang ausgezeichnet hat. Trainer Maurizio Jacobacci will das trotzdem nicht darauf zurückführen, dass er mit seinem Team in dieser Woche wegen Corona-Fällen nur Trainings ohne physischen Kontakt absolvieren durfte. «Der FCZ hat defensiv gut gearbeitet und uns nichts zugestanden», sagt er.
Die Erkenntnis von Rizzo
Die Zürcher holen ihren fünften Erfolg in der achten Partie unter Rizzo und finden sich derzeit auf Tabellenplatz 4 wieder. «Wir kannten die verschiedenen Statistiken», sagt Toni Domgjoni, «wir wollten vor allem die Sieglos-Serie seit fast 20 Jahren in Lugano beenden.» Rizzo hat die Zahlen auch präsent, natürlich hat er das. Aber wichtiger als das ist für ihn eine Erkenntnis: «Wir waren nach dem 1:2 gegen St. Gallen zu einer Reaktion fähig.»
So ein Ereignis muss nicht gleich euphorisch kommentiert werden, das darf sachlich geschehen. Also sagt Rizzo: «Schön, dass wir gewonnen haben. Aber wir sind uns alle bewusst, wie schnell es in die andere Richtung gehen kann.» Darum ist er gedanklich kurz nach dem Schlusspfiff schon bei der nächsten Aufgabe. Der FCZ trifft am Mittwoch auswärts auf Luzern, und Rizzo warnt schon einmal: «Die Luzerner kommen immer besser in Fahrt.»
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.