Referendum «Goldene Fallschirme»«Abzockerei» – Zürcher SVP wirbelt gegen neue Abfindungsregeln
Die Diskussion um hohe Abgangsentschädigungen in der Zürcher Stadtverwaltung schien erledigt. Bis jetzt.
Den vermeintlichen Schlusspunkt setzte die Stadtzürcher Stimmbevölkerung am 3. März 2024. Mit 71,4 Prozent stimmte sie den neuen, tieferen Abgangsentschädigungen für Zürcher Stadtratsmitglieder zu. Die Diskussion um die hohen Abfindungen, die sogenannten Goldenen Fallschirme, schien vom Tisch.
Doch es kommt anders. Erledigt ist die Sache nur für Stadtratsmitglieder. Was andere gewählte Behördenmitglieder wie Kreisschulpräsidentinnen oder Friedensrichter in Zukunft nach einer Abwahl bekommen, bleibt umstritten.
Die SVP hat das Referendum gegen neue Regeln ergriffen, die nicht direkt Teil der Abstimmungsvorlage im März waren, sondern separat vom Gemeinderat beschlossen wurden.
Die Partei poltert auf ihrem Flyer kräftig, sie spricht von «demokratiefeindlichem Treiben des Gemeinderates», von «Abzockerei», von einem «Skandal». Das Ziel der SVP formuliert Gemeinderat Stephan Iten so: «Wir wollen, dass gewählte Behördenmitglieder keine Abgangsentschädigungen erhalten, so wie es die Bevölkerung auch klar entschieden hat.»
Komplizierte Vorgeschichte
Doch so einfach ist es nicht. Die Stimmenden haben im März dem Gegenvorschlag zu einer SVP-Initiative zugestimmt. Dieser hält fest, dass die städtische Abfindungsverordnung nur noch für Stadtratsmitglieder gilt, nicht wie früher für alle gewählten Behördenmitglieder. Wer die Abstimmungsunterlagen aber genau studierte, fand am Schluss kompliziert erwähnt: Der Gemeinderat kann für andere Behördenmitglieder ebenfalls neue Abfindungsregeln beschliessen. Und genau dies hat er inzwischen getan.
Die links-grüne Mehrheit im Gemeinderat hat beschlossen, dass sie den Kreisschulpräsidentinnen, Friedensrichtern und Co. Abfindungen zugestehen möchte, wenn sie abgewählt oder nicht mehr nominiert werden. Die neue Regel stellt die Behördenmitglieder den städtischen Mitarbeitenden in ähnlichen Positionen gleich, wenn diese entlassen werden. Bei einer Abwahl oder Nichtnomination gibt es eine Entschädigung von maximal 1,25 Jahresgehältern.
Früher gab es auch bei freiwilligen Rücktritten noch deutlich mehr. Der frühere Datenschützer erhielt bei seinem Abgang über eine halbe Million Franken. Die gewählten Behördenmitglieder verdienen zurzeit im Durchschnitt rund 189’000 Franken pro Jahr.
Alle Parteien ausser der SVP erachten die vom Gemeinderat beschlossenen neuen Abfindungsregeln für notwendig.
Die SVP braucht nun 2000 Unterschriften bis Anfang Juni, damit das Referendum zustande kommt. Gelingt ihr das, wird es neuerlich zu einer Volksabstimmung über städtische Abfindungen kommen.
Wäre die SVP in der Abstimmung erfolgreich, würden abgewählte Behördenmitglieder keine Abfindungen mehr erhalten. Anders als gekündigte städtische Mitarbeitende oder Stadtratsmitglieder.
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