Stadtparlament macht DruckZürich soll Kampf gegen häusliche Gewalt verstärken
Das Zürcher Stadtparlament hat sich für ein neues Projekt gegen häusliche Gewalt in Zürich ausgesprochen. Der Fokus dabei: Die Nachbarschaft soll genauer hinschauen.
Mit 116 zu 0 Stimmen hat der Gemeinderat am Mittwochabend ein Postulat zu häuslicher Gewalt von Grünen und SP überwiesen. Der Stadtrat muss nun prüfen, wie er ein Projekt zur Prävention und zum Schutz vor häuslicher Gewalt aufgleisen kann.
Dieses soll auf «nachbarschaftlicher Sensibilisierung» und auf «Unterstützung im sozialräumlichen Umfeld» basieren, wie es im Vorstoss heisst. Gemeint sind Personen aus Schule, Kinderbetreuung, Vereinen, Quartiereinrichtungen und religiösen Gemeinschaften. Für das Projekt seien «von Beginn an ausreichend Ressourcen einzuplanen», heisst es weiter.
«Gesamtgesellschaftliche Aufgabe»
Häusliche Gewalt sei Alltag, begründeten Anna-Béatrice Schmaltz (Grüne) und Anna Graff (SP) das Postulat. Die polizeiliche Kriminalstatistik habe 2021 in der Schweiz 19’341 Straftaten im häuslichen Bereich erfasst, 23 Menschen starben in jenem Jahr durch häusliche Gewalt. «Die Verhinderung von häuslicher Gewalt ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe», sagte Schmaltz.
Besonders wichtig seien niederschwellige Hilfsangebote, damit Betroffene den Ausweg aus der Gewaltspirale fänden. Für Nachbarinnen und Nachbarn, die Zeugen von häuslicher Gewalt würden, sei es häufig unklar, wie sie reagieren sollten.
«Keine Nachbarschafts-Bürgerwehr»
Mit dem nun geforderten Projekt soll laut Schmaltz weder ein weiteres Beratungsangebot noch eine Art Nachbarschafts-Bürgerwehr geschaffen werden. Es gehe vielmehr darum, «durch Sensibilisierung Zivilcourage zu ermöglichen», damit Nachbarinnen und Nachbarn bei Verdachtsmomenten genauer hinschauten und den Mut hätten, Gewaltbetroffene zu unterstützen.
Auch weitere Personen aus dem Quartier wie Lehrpersonen oder Vertreterinnen von Quartiereinrichtungen sollen im Rahmen des Projekts auf häusliche Gewalt sensibilisiert werden. Je mehr Personen im Umfeld erreicht würden, desto besser könnten Betroffene unterstützt und Gewaltspiralen durchbrochen werden, so die Hoffnung von Grünen und SP.
Bern macht es bereits vor
Sie verwiesen dabei auf das 2023 in Bern lancierte Projekt «Tür an Tür – wir schauen hin», das ebenfalls darauf ausgerichtet ist, dass die Nachbarschaft bei Verdachtsmomenten von häuslicher Gewalt genauer hinschaut.
Der Vorstoss stiess auf breite Zustimmung. Andreas Egli (FDP) sprach von einem adäquaten Lösungsvorschlag. Nachbarn und Lehrpersonen, die mit Kindern zu tun hätten, sollten sich bei Verdachtsmomenten von häuslicher Gewalt an eine geeignete Stelle wenden können. Für Sandra Gallizzi (EVP) handelt es sich um ein «sinnvolles Projekt». Wer entsprechend geschult sei, getraue sich eher einzugreifen, sagte sie.
Tanja Maag Sturzenegger (AL) befürwortete die zusätzlichen Massnahmen ebenfalls. An einer Wohnungstür zu läuten, wenn Schreie ertönten, erfordere Mut. Eine Sensibilisierung der Nachbarschaft sei deshalb wichtig. Daneben dürften aber auch die potenziellen Täter nicht vergessen gehen. Es brauche mehr Aufklärung über Geschlechterbilder und Geschlechterrollen.
«Obszöner Versuch»: Kritik an SVP-Textänderung
Chancenlos blieb eine von der SVP geforderte Textänderung im Postulat. Demnach sollte der Fokus auf jene Personengruppen gelegt werden, die im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt besonders häufig auftauchten – laut SVP vor allem Personen mit Migrationshintergrund.
Anna Graff (SP) lehnte die Textänderung vehement ab. Es handle sich um einen «obszönen Versuch», dringend nötige Massnahmen gegen häusliche Gewalt mit fremdenfeindlichen Forderungen zu unterwandern. Das Problem betreffe alle Gesellschaftsschichten und alle Kulturen und könne nicht auf Personen mit Migrationshintergrund reduziert werden.
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