Rücktritte in der SP ZürichWer folgt auf Priska Seiler Graf und Andreas Daurù?
Das Führungsduo bei den Zürcher Sozialdemokraten tritt im Sommer ab. Mögliche Nachfolgerinnen und Nachfolger bringen sich in Stellung.
Nach FDP, Mitte und GLP braucht jetzt auch die SP ein neues kantonales Präsidium: Nationalrätin Priska Seiler Graf und Kantonsrat Andreas Daurù, welche die Partei seit fast sieben Jahren im Co-Präsidium führen, haben am Mittwoch ihren Rücktritt auf den 1. Juni angekündigt.
Sie hätten ihr Ziel erreicht, die Partei zu einen und zu stärken, teilten die beiden in einem Communiqué mit. Unter anderem sei die SP Kanton Zürich in ihrer Amtszeit um fast ein Drittel, von 5000 auf 6500 Mitglieder, gewachsen.
Seiler Graf und Daurù übernahmen die Partei zu einem Zeitpunkt, als sie gezeichnet war vom Konflikt zwischen den Juso und dem damaligen SP-Regierungsrat Mario Fehr. Das neue Duo löste den glücklosen Parteipräsidenten Daniel Frei ab, der es nicht geschafft hatte, im Streit erfolgreich zu vermitteln.
Idealer Zeitpunkt für den Wechsel
Priska Seiler Graf und Andreas Daurù können die Partei in gutem Zustand weitergeben. Es gibt zwar noch immer Ständerat Daniel Jositsch, der als Bundesratskandidat in der Partei abgewatscht worden ist. Der Zürcher Parteispitze werden deswegen aber keine Vorwürfe gemacht, da sie sich stets hinter den Zürcher Kandidaten gestellt hat.
Seiler Graf ist mit dem Erreichten denn auch zufrieden. Man habe die Wahlniederlage von 2019 mit einem Erfolg im letzten Jahr kompensiert. Den Zeitpunkt für eine Stabübergabe bezeichnet sie auf Anfrage als perfekt. Sie habe ihn mit Andreas Daurù sorgfältig gewählt: «In wenigen Monaten beginnt die Vorbereitung auf die nächsten Wahlen 2027. Es ist jetzt Zeit für frischen Wind.»
Am schwierigsten sei ihre Präsidentschaft 2021 rund um den Parteiaustritt von SP-Regierungsrat Mario Fehr gewesen. Aber auch dieses Problem sei heute Vergangenheit. «Heute haben wir mit Mario Fehr wieder ein entspanntes Verhältnis», so Seiler Graf.
Interessentinnen aus dem Nationalrat
Die Frage lautet nun: Wer wird in die laut Communiqué «grossen Fussstapfen» von Seiler Graf und Daurù treten?
Zu möglichen Namen will sich die abtretende Co-Parteipräsidentin nicht äussern. Wichtig seien aber vor allem die sozialen Skills. «Das Parteipräsidium muss den Laden zusammenhalten können.» Seiler Graf findet eine Doppelführung ideal, so wie sie sie mit Andreas Daurù gehabt hatte. «Wir haben alles gemeinsam tragen können und ausgezeichnet harmoniert.»
Naheliegende Namen wären etwa Tobias Langenegger und Sibylle Marti, die seit knapp zwei Jahren zusammen die Kantonsratsfraktion der SP führen. Doch die beiden nehmen sich auf Anfrage aus dem Rennen. «Parteipräsident ist ein sehr interessanter Job», sagt Langenegger, «doch wir sind im Fraktionspräsidium eben richtig angekommen.» Deshalb komme diese Vakanz zum falschen Zeitpunkt. Beide Funktionen gleichzeitig wahrnehmen wollen weder Langenegger noch Marti – aus Zeitgründen und weil das eine «masslose Machtkumulation» wäre, wie Langenegger sagt.
Mehrere angefragte Sozialdemokratinnen wünschen sich erneut ein Co-Präsidium mit einer Nationalrätin oder einem Nationalrat. Fabian Molina überlegt sich eine Kandidatur, ebenso seine Nationalratskollegin Céline Widmer, wie beide auf Anfrage mitteilen.
Nationalrätin Jacqueline Badran liess eine Anfrage unbeantwortet, doch als Vizepräsidentin der nationalen SP kommt sie eher nicht infrage. Nationalrätin Min Li Marti würde das Amt reizen. Allerdings sei es nicht optimal mit ihrer Tätigkeit als Verlegerin der linken Zeitung «P.S.» vereinbar.
Michèle Dünki-Bättig ist interessiert
Eine heisse Kandidatin könnte die ambitionierte 34-jährige Kantonsrätin Michèle Dünki-Bättig sein. Sie ist Finanzvorsteherin von Glattfelden und im Kantonsrat seit kurzem Präsidentin der Kommission Staat und Gemeinden. Zudem ist sie Co-Präsidentin des VPOD Region Zürich und bei den Nationalratswahlen nur knapp gescheitert. «Das Amt der Parteipräsidentin ist reizvoll und etwas, das ich nicht per se ausschliessen würde», schreibt Dünki-Bättig auf Anfrage.
Aus dem Kantonsrat käme auch Schnelldenker und Gutredner Nicola Siegrist infrage, doch er ist seit kurzem nationaler Juso-Präsident. Er winkt denn auch ab: «Da gäbe es womöglich Rollenkonflikte.» Er sei als Juso-Präsident und als Kantonsrat voll ausgelastet, teilt er mit.
Als mögliche Kandidatinnen werden auch die jungen Kantonsrätinnen Mandy Abou Shoak, Hannah Pfalzgraf, Leandra Columberg und Nicola Yuste genannt – mehrfach fällt in den Recherchen dieser Redaktion der Name der 41-jährigen Kantonsrätin Rosmarie Joss, die mit ihren über 13 Amtsjahren in der SP-Fraktion angesehen ist.
Für Joss ist eine Kandidatur nicht kompatibel mit ihrer familiären Situation und den zwei kleinen Kindern, wie sie auf Anfrage sagt. Sie wünscht sich aber wieder ein Co-Präsidium, und zwar mit jemandem aus der Stadt und jemandem aus der Agglo. Das Geschlecht sei sekundär: «Wir haben in der SP unsere Hausaufgaben gemacht, was die Gleichstellung in politischen Ämtern angeht.»
Mit guten Voten ist im Kantonsrat in letzter Zeit auch Rafael Mörgeli aufgefallen. Er könne sich eine Kandidatur als Vater eines kleinen Kindes gegenwärtig nicht vorstellen, teilt er mit, aber völlig ausschliessen wolle er es auch nicht.
17’500 Franken im Jahr
Das Parteipräsidium gilt auch in der SP als schlecht bezahlter Knochenjob. Gemäss Geschäftsführerin Andrea Sprecher gibt es für eine Co-Präsidentin 17’500 Franken im Jahr.
Die SP-Geschäftsleitung wird laut Sprecher am 6. Februar eine Findungskommission einsetzen, die dann sofort Gespräche mit möglichen Kandidatinnen und Kandidaten aufnimmt. Die Bewerbungsfrist werde voraussichtlich bis etwa Ende Februar laufen. Gewählt wird am Parteitag vom 1. Juni in Schwamendingen.
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