Kommentar zum AHV-EntscheidZu knausrig gegenüber den Frauen
Der Ständerat hat recht damit, das Frauenrentenalter auf 65 zu erhöhen. Aber sein Geiz bei den Abfederungsmassnahmen könnte sich rächen.
Arbeiten bis 65, unabhängig vom Geschlecht: Der Ständerat unternimmt einen neuen Versuch, das Rentenalter der Frauen um ein Jahr zu erhöhen. Zahlreich sind die Anläufe und Abstürze der Vergangenheit, und auch der aktuellen Reform, «AHV 21» genannt, wird eine düstere Zukunft prophezeit: «Fast alles» spreche für ihr Scheitern, sagte SP-Ständerat Paul Rechsteiner in der Ratsdebatte vom Montag. Hat er recht damit?
Fest steht, dass im Moment jedes Lager nach Kräften zu einem erneuten Scheitern beiträgt. Die Bürgerlichen zeigen sich unnötig knausrig mit jenen Frauen, denen aufgrund des höheren Rentenalters besondere Nachteile drohen. Die 700 Millionen Franken, die der Bundesrat zur Abfederung verwenden wollte, wurden vom Ständerat fast halbiert: Nur noch etwa 420 Millionen sollen es stattdessen sein. Das ist nicht nur sachlich falsch. Es schmälert auch die Chancen, das bei Sozialreformen stets argwöhnische Stimmvolk zu überzeugen.
Die Linke wiederum ist in einer geradezu demagogischen Opposition gegen Rentenalter 65 festgefahren, wie sich im Ständerat zeigte. Dabei kann von einer schweren Benachteiligung der Frauen bei der AHV nicht die Rede sein (mehr zum Thema: Frauen erhalten gleich viel AHV wie die Männer). Problematisch ist ihre Lage bei der beruflichen Vorsorge, und noch immer verdienen viele Arbeitnehmerinnen weniger als männliche Kollegen in gleicher Position.
Wer aber Missstände an anderer Stelle zum Anlass nimmt, jegliche Modernisierung der AHV zu blockieren, tut weder dem Sozialwerk noch den Frauen etwas Gutes. Jedes Jahr politischer Untätigkeit kommt die AHV teuer zu stehen. Und je drohender ein Bankrott scheint, desto mehr wird im Land die Bereitschaft zu radikalen Einschnitten steigen (mehr zum Thema: Die wichtigsten Fragen und Antworten zur AHV-Reform).
Die AHV 21 ist suboptimal gestartet, aber ihr Scheitern ist nicht programmiert. Etwas mehr Grossherzigkeit auf rechter und etwas weniger Ideologie auf linker Seite, und es kann noch gelingen. Die Jungen im Land würden es uns danken.
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