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Zolliker Kunstpreis für literarisches Wirken

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Lea Gottheil wirkte an der Preisverleihung zurückhaltend.
Reto Hänny las aus seiner Neuausgabe vor.
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Lea Gottheil ist ein Tausendsassa, obwohl sie an der sonntäglichen Preisverleihung im Zolliker Gemeindesaal schüchtern und zurückhaltend wirkte. Doch die Mutter von zwei Buben und gelernte Buchhändlerin ist vielseitig begabt und habe viele Facetten, wie die Schriftstellerin und Freundin von Gottheil, Katja Fusek, in ihrer Laudatio sagte.

Neben Prosa, Lyrik und Dramen verfasst die Preisträgerin des Förderpreises auch Theaterstücke und Soloprogramme, in denen sie nicht selten selber als Schauspielerin und Liederinterpretin auftritt. Daneben findet die 42-Jährige, die einst in Zollikerberg zur Schule ging und später die Kantonsschule in Küsnacht besuchte, noch Zeit, sich als Schreibcoach für Kinder und Jugendliche zu betätigen.

Tief menschliche Situationen

Bereits ihr Debütroman «Sommervogel» (2009), in dem sie mit Leichtigkeit und Verspieltheit ein Frauenschicksal in der Nachkriegszeit nachzeichnet, wurde mehrfach preisgekrönt, wie Fusek informierte. Keine spektakulären Ereignisse, sondern das normale Leben mit tief menschlichen Situationen habe die Autorin «in starken Bildern wiedergegeben».

Aus ihrem zweiten abgeschlossenen, aber noch unveröffentlichten Roman «Tzipi», für den sie noch einen Verlag suche, las Lea Gottheil ebenso vor wie aus dem lyrischen Text «Bange Nacht». Und offenbarte damit dem rund 150-köpfigen Publikum ihre Begeisterung für die Sprache und eine Sensibilität, seelische Empfindungen in Worte zu fassen. «Geräusche der Stille hörbar machen», so bezeichnete die Laudatorin diese Gabe Gottheils.

Diese hat inzwischen das Theaterstück «Die Gebrüder Fleckenstein» zum Thema 500 Jahre Reformation abgeschlossen, welches von der Küsnachter Schauspielgruppe Die Kulisse 2018 uraufgeführt wird.

Bei der Übergabe des mit 5000 Franken dotierten Förderpreises bevorzugte Gemeindepräsidentin Katharina Kull-Benz (FDP) den Ausdruck «Aufmunterungspreis», der nach ihrer Auffassung eher auf Lea Gottheil zutreffe. Diese reagierte sichtlich gerührt auf die Auszeichnung und fand kaum Worte, um sich bei der Kulturkommission zu bedanken.

Gebürtiger Bündner

Der mit 10 000 Franken dotierte Hauptpreis, der seit 30 Jahren jährlich abwechslungsweise in den Sparten Musik, Komposition, Bildende Kunst und Literatur von der Dr. K. & H. Hintermeister-Gyger Stiftung vergeben wird, ging an Reto Hänny. Die Laudatio für den 70-jährigen gebürtigen Bündner, der seit 30 Jahren in Zollikon lebt, übernahm die Literaturkritikerin und Publizistin Beatrice von Matt. Sie umriss den Werdegang des Schriftstellers, der als Gymnasiast in Chur mit Legasthenie zu kämpfen hatte und wegen seines Walserdeutsch ein «Verstossener» war. Und der auf Anraten seines Lehrers «lesen, lesen und nochmals lesen» musste und so mit den Jahren allmählich «ein Sprachgieriger und Sprachbesessener» wurde.

1979 schrieb er den Roman «Ruch», 1985 folgte «Flug», dessen dritte überarbeitete Fassung 2017 erscheint. Eigenes übermale Hänny mit Fremden, das liebe er, sagte die Laudatorin und fügte an: «In seinen durchrhythmisierten Büchern spielt die Musikalität der Sprache eine Hauptrolle.» Was sie damit meinte, davon konnte sich das Publikum ein Bild machen, als Reto Hänny aus seiner Neuausgabe von «Flug» vorlas. Es geht darin um die erste Kanalüberquerung und die Erfahrung des Piloten. Mit endlos langen Sätzen, Nebensätzen und weiteren ineinander verschachtelten Sätzen huldigte der Autor der Detailtreue und einer peniblen Beobachtungsweise.

Ein Satz auf 140 Seiten

Das ging so weit, dass man beim Zuhören den Faden verlor und nicht mehr erkennen konnte, was Hänny da aufbauschte, zumal er sehr schnell las und die Stimme mit Theatralik untermalte. Kein Wunder, war der Autor doch für »Blooms Schatten» (2014), das an James Joyce »Ulysses» angelehnte Werk, das aus einem einzigen Satz besteht, der sich über 140 Seiten zieht, ausgezeichnet worden.

Der Basler Perkussionist Fritz Hauser, den sich der Preisträger für den musikalischen Teil gewünscht hatte, streute auch während der Lesung einige Musikpassagen in das Vorgetragene, um wohl die erwähnte literarische Musikalität zu unterstreichen.