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Yann Sommer siegt im Derby
Inters lauter Akzent im Regen

MILAN, ITALY - SEPTEMBER 16: Henrikh Mkhitaryan of Inter Milan celebrates with team mates after scoring their sides first goal during the Serie A TIM match between FC Internazionale and AC Milan at Stadio Giuseppe Meazza on September 16, 2023 in Milan, Italy. (Photo by Marco Luzzani/Getty Images)
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Derbys sind für die Annalen – der wahre Fan erinnert sich an alles, auch an schmachvolle Momente. Am Ende, als der Wirbel über dem verregneten San Siro verebbt war und Inter allen den Meister gezeigt hatte, vielleicht sogar buchstäblich, stand Stefano Pioli, der Trainer der unterlegenen AC Milan, vor den Fernsehkameras und sagte folgenden bleibenden Satz: «Sind wir falsch an dieses Spiel herangegangen? Nein, in den ersten vier Minuten hatten wir den Ball.» Er möge sich auch nicht entschuldigen bei den Fans, dafür gebe es keinen Grund. «Inter war einfach schlauer als wir.» Più furbi. Nun, wenn es nur eine Frage der Schläue gewesen wäre.

Inters Überlegenheit

5:1. Inter war überlegen in allem, auf jedem Zentimeter des Rasens. Das eine Gegentor, das Torhüter Yann Sommer zuliess, kam ziemlich überraschend, fast aus dem Nichts. Rafael Leaos Treffer zum 2:1 war überhaupt der erste, den der Schweizer in dieser noch jungen Saison bisher kassieren musste. Die Kritik an seinen Leistungen aus der Vorbereitungsphase ist schon mal vergessen.

TOPSHOT - Inter Milan's Swiss goalkeeper #01 Yann Sommer (C) gestures as he celebrates after winning the Italian Serie A football match between Inter Milan and AC Milan at the San Siro Stadium in Milan on September 16, 2023. (Photo by GABRIEL BOUYS / AFP)

Die zwei Teams waren punktgleich in das Duell gegangen, man hatte Milan gar für ebenbürtig gehalten. Doch dann zeigte Marcus Thuram, der im Sommer ablösefrei aus Mönchengladbach gekommen war, dass die Nerazzurri dem untreu gewordenen Romelu Lukaku wohl nicht nachzuweinen brauchen. Thuram nahm sich das Stadion mit einer Macht, wie man das in einem Mailänder Derbydebüt noch selten erlebt hatte.

«Ich hörte ein lautes Geräusch, ein schönes», sagte er nach seinem spektakulär schönen Tor, einem satten Schlenzer ins entfernte hohe Toreck, zum zwischenzeitlichen 2:0 in der 38. Minute. Da war alles drin: Technik, Wucht, Hunger, etwas für die Alben. Wann immer der Ball zum französischen Internationalen kam, war er seinem bemitleidenswerten Gegenspieler, dem Deutschen Malick Thiaw, schon einen Gedanken voraus – und zwei Schritte.

Inter Milan's French forward #09 Marcus Thuram celebrates scoring his team's second goal during the Italian Serie A football match between Inter Milan and AC Milan at the San Siro Stadium in Milan on September 16, 2023. (Photo by GABRIEL BOUYS / AFP)

Noch eindrücklicher war die Überlegenheit Inters aber im Mittelfeld, wahrscheinlich eines der besten in Europa. Es drehte mal wieder um Henrikh Mkhitaryan. Auf ihn verzichtet Trainer Simone Inzaghi nie freiwillig, selbst dann nicht, wenn auf der Bank Luxusreservisten sitzen, die das halbe Land spielen sehen will. Der Armenier ist jetzt 34 Jahre alt, ein Intellektueller des Fussballs: Er denkt das Spiel, läuft mehr als alle, durchkreuzt die Linien der Gegner, legt Spuren in den eigenen Sturm, und oft trifft man ihn plötzlich in der Spitze an. Zwei Tore, eine Vorlage. Im Mailänder «Corriere della Sera» gabs dafür Note 9 von 10.

Inter will den zweiten Stern

Mkhitaryan spricht mittlerweile so gut und akzentfrei Italienisch, dass man meinen könnte, er lebe schon ewig in Italien, eine Freude in jedem Interview. «Wir wollen diesen zweiten Stern», sagte er nach dem Spiel. Ein zweiter Stern über dem Vereinswappen auf der Trikotbrust – der stünde für zwanzig gewonnene Meisterschaften. Inter und Milan stehen beide bei 19, einem Stern. Da läuft ein Duell im Duell.

Inter hat nun also das fünfte Derby in Folge gewonnen in diesem Kalenderjahr, auch das ist Rekord. Und Inzaghi, den sie vor weniger als einem halben Jahr schon wegschicken wollten, reift zu einer erinnerungswürdigen Trainerfigur. Noch immer kann seine Rhetorik nicht mithalten mit der Akrobatik seines Torjubels, mit seinen Sturmläufen mit wehendem Haar, die schmale Krawatte im Wind. Selbst als die Kritik an ihm exzessiv war, blieb er immer ruhig, alles hat er pariert und, erstaunlicher noch: Als er Inter im vergangenen Jahr ins Final der Champions League geführt hatte, stand ihm der Sinn nicht nach Revanche. Sollte er bitter gewesen sein über die unfairen Attacken, hat er das gut versteckt. Neulich hat er seinen Vertrag verlängert.

In keinem der Derbys in diesem Jahr trat sein Inter dominanter auf als in diesem jüngsten, klar: auch schlauer, wie Pioli sagt. Jedenfalls schoss Inter beim 5:1 die Tore immer dann, wenn Milan mal ein bisschen an sich glaubte. Aber ist das Toreschiessen im richtigen Moment etwa keine Tugend mehr im Fussball?