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Albumkritik Eminem
Womöglich fängt er sich gerade wieder

«Selbst wenn ich Müll rausbringe, bekomme ich noch Geld»: Eminem bei einem früheren Auftritt.
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Eminem wird auf seinem neuen Album, nachdem er mit der privaten Befindlichkeit durch ist, noch politisch: «This pandemic got us in a recession / We need to reopen America / Black people dyin', they want equal rights / White people wanna get haircuts». Der latente Rassismus hinter der US-Corona-Politik in vier giftigen Zeilen: Das Land muss dringend geöffnet werden – Schwarze Menschen sterben schliesslich und fordern gleiche Rechte. Und die Weissen brauchen einen neuen Haarschnitt.

Dann stänkert er, noch immer im selben Song, ein wenig gegen Mariah Carey, die womöglich seine Ex-Freundin ist. Dann geht es, endlich, um seinen Penis. Der 48-Jährige in knapp dreieinhalb Minuten. Ein bisschen Selbstmitleid, ein bisschen Politik, inzwischen etwas weniger Misogynie und sehr viel grandioser Wortwitz.

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Und seit ein paar Jahren: sehr viel Verwirrung. Bei Eminem selbst. Man konnte dem Amerikaner zuletzt dabei zusehen, wie er im eigenen Werk verloren ging – und das selbstverständlich realisierte. Falls man bei Marshall Mathers, wie der Rapper in echt heisst, noch irgendwas unterschätzt, dann seine Fähigkeit, das eigene Werk zu reflektieren. Es dürfte wenige Menschen geben, die detaillierter wissen, wann Eminem schlecht ist.

Und Eminem war jetzt ein paar Jahre lang ziemlich schlecht. Die Kritik war sich einig – vor allem aber zeigte Eminems Reaktion, diese weissglühende Erregung, dass sie damit einen durchaus wunden Punkt traf.

Diese geistige Flughöhe. Wundervoll.

Sein neues Album «Music To Be Murdered By – Side B» macht nun dort weiter, wo die A-Seite Anfang des Jahres aufgehört hat – aber meistens besser. Die Beats sind auf mittlerem Niveau stabil und zwischendrin auch ziemlich gut. Der MC selbst scheint zwar noch immer nicht entschieden zu haben, was er nun genau sein möchte: Emo-Rapper? Polit-Kommentator? Grösster Welthasser der Welt? Aber er scheint dabei langsam wieder zu realisieren, dass es nicht ganz so wichtig ist, was er sagt, sondern wie er es tut.

Eminem hat schliesslich auch in seinen allerbesten Zeiten mehr über Form funktioniert als über Inhalte, was hier nun bedeutet, dass er das Gegrübel wieder oft genug rechtzeitig abbricht, um sich stattdessen auf seine technische Exzellenz zurückzuziehen. Und endlich auch wieder auf seine im allerklügsten Sinne steinblöden Wortspiele. «I can't hear you», schickt er dem Song «Tone Deaf» voran. «I got an ear-infucktion – and I cunt finger it out». Diese geistige Flughöhe. Wundervoll.

Den grössten Spass macht «Alfred's Theme». Die Drums krachen dreckig und Eminem liefert, zwischen einer Tonne an verdrehtem Reimgut, diese Erkenntnis: «Bitch, I still get the bag when I'm putting garbage out». Frei übersetzt: Selbst wenn ich Müll rausbringe, bekomme ich noch Geld. Eigentlich eine beruhigende Gewissheit.

Eminem, «Music To Be Murdered By – Side B», Shady/Aftermath/Interscope Records