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Jagd jetzt grundsätzlich möglich
Schnellerer Wolfabschuss: Berner Konvention senkt Schutzstatus

Schaefer Philipp Jacobi auf einem Kontrollgang zu seinen Schafen, aufgenommen am Mittwoch, 26. Juli 2023, auf der Stutzalp in Spluegen. Philipp Jacobi soemmert seine 650 Schafe seit 2018 auf der Alp. Sie liegt im Jagdgebiet des Beverinrudels. Bislang verzeichnet er trotz Herdenschutzhunden und Zaeunen 171 bestaetigte Wolfsrisse. (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)
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Die Unterzeichnerländer der sogenannten Berner Konvention haben den Schutzstatus des Wolfs herabgesetzt und damit die Voraussetzung für einen schnelleren Abschuss geschaffen. Die Tiere gelten künftig nicht mehr als «streng geschützt», sondern nur noch als «geschützt».

Dafür sprach sich am Dienstag die nötige Zweidrittelmehrheit der vertretenen Staaten aus, wie der zuständige Europarat in Strassburg mitteilte. Das ist die Voraussetzung für eine Änderung der EU-Gesetze. Die Schweiz hatte den Antrag unterstützt.

Bislang dürfen Wölfe in der EU nur abgeschossen werden, wenn sie eine Gefahr für Menschen und Weidetiere darstellen. Die Hürden für eine Abschussgenehmigung sind in der Praxis hoch, häufig müssen die Ergebnisse einer DNA-Analyse abgewartet werden. Mit einer Absenkung des Schutzstatus ist ein sogenanntes Bestandsmanagement möglich. Der Wolf bleibt weiter geschützt, eine Jagd auf die Tiere ist aber grundsätzlich möglich.

Friedrich Wulf hat im Auftrag von Pro Natura die Beratung des ständigen Ausschusses der Berner Konvention am Dienstag in Strassburg verfolgt. Wulf ist bei der Naturschutzorganisation für die internationale Biodiversitätspolitik verantwortlich. 

«Der Entscheid war ein politischer», sagt Wulf. Die Wissenschaft und auch alle Gutachten, die für die Beratungen des Ausschusses herangezogen worden seien, hätten sich gegen eine Herabstufung des Schutzes ausgesprochen. Vor der Beratung in Strassburg habe Deutschland seine Haltung geändert und dem Antrag der EU zugestimmt, den Schutzstatus aufzuweichen. «Dort steht die Bundesregierung unter Druck von Regionen, in denen der Wolf innerhalb weniger Jahre stark zugenommen hat und oft auf noch ungeschützte Weidetiere getroffen ist», sagt Wulf.

EU-Kommission muss nun konkrete Vorschläge für die zukünftigen Jagdregeln machen

Die Herabstufung sei kein Freipass für einen Abschuss. Das Tier sei immer noch geschützt, erklärt Wulf. Ausserdem habe der Ausschuss nun festgehalten, dass eine Arbeitsgruppe gebildet wird, die klare Kriterien für die Herabstufung von Arten ausarbeitet wird. Zudem wird der Ausschuss festhalten, welche Regeln beim Wolf zu beachten sind. «Regionale Unterschiede, etwa zur Verbreitung des Wolfes, werden dabei vermutlich auch eine Rolle spielen», sagt Wulf. «Regionale Unterschiede, etwa zur Verbreitung des Wolfes, werden dabei auch eine Rolle spielen», sagt Wulf.

Die EU-Kommission muss nun konkrete Vorschläge für die zukünftigen Jagdregeln für Wölfe machen, anschliessend beraten die 27 Mitgliedstaaten und das Europaparlament über eine Gesetzesänderung. Bis tatsächlich neue Regeln gelten, dürfte es deshalb noch mehrere Monate dauern.

Ständerat will wolfsfreie Zonen prüfen lassen

Auch der Ständerat befasste sich am Dienstagmorgen mit dem Schutzstatus des Wolfes in der Schweiz. Die Nachricht aus Strassburg verbreitete sich im Rat während der Debatte.

Der Ständerat will Herden besser vor Wölfen schützen. Er hat eine Kommissionsmotion gutgeheissen, die eine Prüfung von Gebieten ohne Wölfe und eine einfachere Unterstützung für den Herdenschutz fordert.

Die kleine Kammer befasste sich gleich mit drei Vorstössen zum Thema Wolf. Zwei Motionen von alt Nationalrat Fabio Regazzi – heute Tessiner Ständerat für die Mitte-Partei – waren in der Frühjahrssession teilweise durch den Nationalrat gutgeheissen worden. Weiter machte die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats (Urek-S) einen zusätzlichen Vorschlag.

Eine von Regazzis Motionen verlangt die Schaffung von «wolfsfreien Zonen». Ein solches Vorhaben sei kaum umsetzbar, denn Wölfe würden grosse Distanzen zurücklegen, ohne sich um Grenzen von Behörden zu kümmern, sagte Ständerat Benedikt Würth (Mitte/SG), der die Meinung der Kommissionsmehrheit vertrat. In diesem Punkt war sich der Rat einig und lehnte die Motion ab.

Die Kommissionsmotion fordert jedoch, zu prüfen, inwieweit Kantone wolfsfreie Zonen ausscheiden könnten. Einer solchen Prüfung stimmte der Ständerat mit 32 zu 11 Stimmen zu und überwies den Vorstoss dem Nationalrat.

Bürokratie lähme kleine Kantone

Weiter verlangt die Motion der Urek-S die Bürokratie im Zusammenhang mit den Gesuchen für den Abschuss von Wölfen zu reduzieren. Die Verwaltung des Kantons Wallis habe hunderte Seiten beim Bundesamt für Umwelt (Bafu) einreichen müssen, um die Wolfspopulation zu regulieren, sagte Ständerat Beat Rieder (Mitte/VS).

Laut Ständerat Benjamin Mühlemann (FDP/GL) ist der administrative Aufwand für kleine Kantone wie seinen «nicht stemmbar». Die Jagdverwaltung solle sich auf die Regulation konzentrieren können. Zudem sei eine Qualitätssteigerung im Wolfsmanagement auch im Interesse des Natur- und Umweltschutzes.

Motion bereits umgesetzt

Laut der Sprecherin der Minderheit, Ständerätin Mathilde Crevoisier Crelier (SP/JU), sind die verschiedenen Motionen nicht nötig, denn entweder seien sie nicht umsetzbar oder sie würden bereits durch den Bundesrat erfüllt. Es sei verfrüht, dem Bundesrat neue Aufträge zu erteilen.

Umweltminister Albert Rösti schloss sich der Minderheitsmeinung an und ergänzte, dass im Februar 2025 eine neue Verordnung in Kraft treten werde, die das Verlangte bereits umsetzt.

Auch Regazzis zweite Motion, die vom Ständerat mit 31 zu 12 Stimmen an den Bundesrat überwiesen wurde, ist laut Rösti bereits umgesetzt. Diese verlangt schnellere genetische Analysen der Kadaver von Wölfen gerissenen Tieren sowie raschere Verfahren für Abschussbewilligungen von Problemwölfen. Ausgebaut und vereinfacht werden sollen zudem die Unterstützung für den Herdenschutz und Schadenersatz-Zahlungen an von Rissen betroffene Tierhalter.

Wolfspopulation wachse «exponentiell»

Die Debatte wurde emotional geführt. So sagte Ständerätin Esther Friedli (SVP/SG), dass die Regulierung des Wolfs zum Schutz des Kulturguts beitrage. Dabei meinte sie die gemeinsame Sömmerung von Kuh- und Ziegenherden im Kanton St. Gallen.

Laut Ständerat Simon Stocker (SP/SH) zeigen die Zahlen, dass die Zahl der Risse rückgängig ist, obwohl die Zahl der Wölfe zunimmt. Zudem hätten 80 Prozent der Risse in Herden stattgefunden, die nicht geschützt wurden. Er sprach sich für einen besseren Herdenschutz aus.

Die Wolfspopulation würde sich exponentiell entwickeln, sagte Würth. Als er vor zwölf Jahren Jagddirektor war, habe sich das erste Wolfsrudel der Schweiz am Calanda niedergelassen. Nun drohe, das Ganze aus dem Ruder zu laufen.

Das «exponentielle Wachstum» habe gebrochen werden können, sagte Rösti. Er sprach sich dafür aus, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Wenn die getroffenen Massnahmen nicht fruchten würden, sei er der Erste, der eine Gesetzesänderung vorschlagen werde.

Lockerung des Wolfsschutzes sendet schlechtes Signal

Die Lockerung des Wolfsschutzes ist aus der Sicht der Umweltverbände fachlich unhaltbar und sendet ein schlechtes Signal für den Artenschutz. Die Herabstufung sei kein Patentrezept für weniger Nutztierrisse, teilten Pro Natura, Gruppe Wolf Schweiz, Birdlife und WWF in einer gemeinsamen Stellungnahme am Dienstag mit.

Auch in Wolfsbeständen mit intensiven Abschüssen komme es zu Rissen, hiess es weiter. Diese würden durch Abschüsse von Wölfen sogar begünstigt, wenn die Sozialstruktur der Wolfsrudel zerstört werde. Ein guter und flächendeckender Herdenschutz bleibe unumgänglich.

Die Schweiz solle die Koexistenz von Wolf und Alpwirtschaft weiter verfolgen, schrieben die Verbände. Ein guter und flächendeckender Herdenschutz bleibe unumgänglich. Dieser sei aufgrund des Schweizer Rechts und der Verhältnismässigkeit allen staatlichen Handels von höchster Bedeutung. Der Herdenschutz sei wirksam. Seit drei Jahren werde eine Abnahme der Nutztierrisse festgestellt.

SDA/sme/pin