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Meinung

Wo Warren und Sanders Trump nahestehen

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Eigentlich werden US-Wahlen nicht mit aussenpolitischen Themen gewonnen oder verloren. Es sei denn in Kriegszeiten oder während einer internationalen Krise. Zuletzt war das 2004 der Fall. Das war drei Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001, in Afghanistan und im Irak wurde gekämpft, der sogenannte «Krieg gegen den Terror» war in vollem Gang. Das Thema Sicherheit dominierte den Wahlkampf, und George W. Bush wurde als Kriegspräsident im Amt bestätigt.

Wie schnell ein aussen- und sicherheitspolitisches Thema in den Vordergrund rücken kann, hat die gezielte Tötung des iranischen Generals Qassim Soleimani gezeigt. Die TV-Debatte der Demokraten in Des Moines, Iowa, drehte sich deshalb erstmals auch um die Aussenpolitik. Im kleinen, landwirtschaftlich geprägten Bundesstaat im Mittleren Westen findet am 3. Februar die erste Vorwahl statt. Deren Ausgang kann wegweisend sein bei der Kürung des demokratischen Präsidentschaftskandidaten. Entsprechend verbissen kämpften die sechs Bewerber und Bewerberinnen um die Gunst des Fernsehpublikums.

«Wir haben die Kurve so oft gekriegt, dass wir im Kreis laufen.»

Elizabeth Warren

Uneinig sind die Demokraten vor allem, ob und wie sich die amerikanischen Streitkräfte im Nahen Osten engagieren sollen. Elizabeth Warren und Bernie Sanders, die sich bei der Frage, ob eine Frau Donald Trump schlagen könne, zwar erstmals direkt angriffen, waren sich einig, dass die US-Truppen aus der Krisenregion abgezogen werden sollten.

Senatorin Warren stellte fest, dass die amerikanischen Generäle seit Jahren beteuerten, dass die USA im Nahen Osten und in Afghanistan «die Kurve kriegen» würden. Trotzdem sei stets unklar geblieben, wann man sich zurückziehen könne. «Wir haben die Kurve so oft gekriegt, dass wir in diesen Regionen im Kreis laufen.» Die Regierung in Washington müsse aufhören, das Militär um die Lösung von Problemen zu bitten, die militärisch nicht gelöst werden könnten. Sanders wiederum verwies auf seine Haltung im Vorfeld des Irakkriegs von 2003, den er trotz einer nationalistischen Aufwallung in den USA abgelehnt habe, ganz im Gegensatz zu Joe Biden. Er sei der beste Oberbefehlshaber, «weil meine Arbeit für sich spricht».

Linke Demokraten auf Trumps Linie

Tatsächlich ist der heute desolate Zustand des Irak eine späte Folge des mit Lügen gerechtfertigten Feldzugs von 2003. Damals stürzte die von den US-Truppen angeführte «Koalition der Willigen» den Diktator Saddam Hussein. Aber es gelang nicht wie angekündigt, in Bagdad einen «Leuchtturm der Demokratie» zu errichten. Im Gegenteil: Der Aufstieg der Terrorsekte Islamischer Staat (IS) begann, als die USA den Irak besetzten. Und das entstandene politische Vakuum nutzte der Iran, angeführt von General Soleimani, um sich im Nachbarland festzusetzen.

Joe Biden räumte einmal mehr ein, dass seine Zustimmung zum Irakkrieg ein Fehler gewesen sei, den er aber als Vizepräsident geholfen habe zu korrigieren. Er verwies auf seine grosse Erfahrung, weshalb er an den beschränkten Einsätzen amerikanischer Streitkräfte festhalten möchte, um die IS-Terroristen zu bekämpfen. «Sie werden zurückkommen, wenn wir uns nicht ums sie kümmern.» Amy Klobuchar, die gemässigte Senatorin aus Minnesota, wie auch Afghanistan-Veteran Pete Buttigieg teilten Bidens Einschätzung. Damit wurde auch in der Sicherheitspolitik die Differenzen zwischen den linken Demokraten Warren und Sanders sowie den gemässigten Kandidaten sichtbar.

Bemerkenswert ist, dass Warren und Sanders im Prinzip die gleiche Position einnehmen wie Präsident Donald Trump. Sein überraschender Rückzug des zahlenmässig kleinen US-Kontingents aus Syrien hatte zu einer neuen Eskalation geführt, ganz abgesehen davon, dass Amerika mit den Kurden einen treuen Alliierten im Stich gelassen hat. Ein vollständiger Rückzug aus dem Irak würde den gescheiterten Staat weiter destabilisieren, was das Regime in Teheran ausnutzen dürfte.

Ob die Aussenpolitik tatsächlich zum Wahlkampfthema wird, dürfte von den Ereignissen in Krisengebieten wie dem Nahen Osten abhängen. Die Demokraten sehen die Chance, auf diesem Gebiet Amtsinhaber Trump herauszufordern. Sie fühlen sich durch Umfragen bestätigt: 55 Prozent der Amerikanerinnen und Amerikaner sind der Ansicht, dass die Tötung Soleimanis die USA weniger sicher gemacht hat. 63 Prozent befürchten gar, dass ein Terroranschlag in den Vereinigten Staaten wahrscheinlicher geworden ist. Offenbar kann Trump von seinem Hammerschlag gegen den Iran zu Hause nicht gross profitieren. Das wollen die Demokraten ausnutzen.

Im USA-Podcast «Entscheidung 2020» diskutieren Christof Münger, Auslandchef von Tamedia, und Korrespondent Martin Kilian über die Iran-Krise, Donald Trump und das Impeachment.