Witzige WeihnachtsbräucheSo originell wird in anderen Ländern gefeiert
Von bösen Katzen und Gurken im Christbaum: In manchen Ländern gibt es wahrhaft skurrile Festtagsbräuche. Eine kleine Tour du Monde.
Dieser Artikel erschien erstmals im Dezember 2023. Er wurde aktualisiert.
USA: Gurken im Christbaum
Wenn Sie je bei US-Amerikanern zu Weihnachten eingeladen sind: Inspizieren Sie den Christbaum ganz, ganz genau! Unsere Freunde jenseits des Atlantiks nämlich nutzen ihren Baum gern als Wimmelsuchspiel.
Sobald er fertig geschmückt ist, mit ordentlich Lametta natürlich und auch mal einer Popcorn-Girlande, kommt der sogenannte Christmas Pickle – also das Weihnachtsgürkchen – zum Zug. Die Christbaumkugel in Cornichonform wird extra ein wenig versteckt in den Tannenzweigen platziert. Das Kind (ja, grosse Kinder dürfen auch suchen), das als erstes fündig wird, bekommt ein Extra-Gschänkli. Oder darf zumindest das erste Geschenk auspacken.
Ähnlich schwer zu orten wie das Gürkli selbst ist übrigens der Ursprung dieser Tradition. Die Amis sagen, sie käme aus Deutschland: Ein Bayerischer Auswanderer soll, als er im Amerikanischen Bürgerkrieg kämpfte und in Gefangenschaft geriet, nur dank einer Essiggurke dem Hungertod entronnen sein. Obs stimmt? Sicher ist nur, dass so ein Gürkli am Baum ein durchaus apartes Dekorationsstück abgibt.
Spanien: Enthemmtes Krippenpersonal
In Spanien, speziell in Katalonien, geht an Weihnachten nichts ohne Holz. Und das kommt gleich zweierlei zum Einsatz. Erstens in Form des «Tió de Nadal», des sogenannten Weihnachtsbaumstamms, der am 8. Dezember in die Häuser einzieht und bis zur grossen Sause am 24. mit Kürbis, Äpfeln und Brot gemästet wird. Wer jetzt an Hänsel und Gretel denkt, hat einen Punkt, denn märchenhaft ist auch, was dann am Heiligabend passiert: Der inzwischen auch noch mit Beinchen, einem roten Mützchen und einem aufgemalten Gesicht versehene Tió wird liebevoll zugedeckt, um bei wohliger Wärme all die gefütterten Leckereien zu «verdauen». Und was scheidet das so gehätschelte Haustier-Prügeli aus? Schleckzeug und Geschenke!
Um Ausscheidungen gehts ulkigerweise auch in der zweiten Anwendungsform des eingangs erwähnten Holzes. In jeder gut sortierten katalanischen Krippe findet man nämlich nicht nur geschnitzte Hirten, Schafe und Co., sondern auch «el Caganer», also «den Kacker». Das eigenwillige Figürchen kauert sich mit heruntergelassener Hose hin und erledigt sein grosses Geschäft. Immerhin: etwas abseits des restlichen Krippenpersonals.
Polen: Der unsichtbare Gast
Und nochmals gehts nach Osten, und wieder wirds ein bisschen geisterhaft. In Polen nämlich gehört es zum Brauch – die Schreibende kann es nach inzwischen 43 mehr oder minder bewusst miterlebten Feiern bestätigen –, an Heiligabend ein Gedeck mehr als nötig aufzudecken. Zweck der Übung ist, einen womöglich auftauchenden Überraschungsgast entspannt und grosszügig bewirten zu können.
Klingt gastfreundlich, ist aber, so wagt die Autorin aus ihrer Erfahrung heraus jetzt einfach mal zu behaupten, vor allem ein Vorwand, die Menge der Zutaten für die Festtagsgerichte noch etwas grosszügiger als ohnehin schon berechnen zu können. Und hat in Zeiten der pandemiebedingt beschränkten Gästezahlen zu kuriosen Diskussionen geführt: Zählt der unsichtbare Typ – oder zählt er nicht?
Island: 13 Trolle und eine Katze
Island liegt so weit ab vom Schuss, dass es sogar dem Christkind und dem Nikolaus zu weit ist. So werden die Geschenke halt von 13 trollartigen Gesellen angeliefert. Ab dem 12. Dezember hat jeder von ihnen einen Tag lang Dienst, und wenn man sich ihre Namen so anhört – Bjúgnakrækir, der Wurststibitzer, oder Gáttaþefur, der Türschlitzschnüffler –, wundert man sich nicht mehr, warum die Adventszeit rund um Reykjavik eine doch recht nervenaufreibende Sache sein kann.
Richtig ungemütlich wirds allerdings erst am 24. Dezember. Dann nämlich steht die Katze Jólakötturinn auf der Matte, das Schosstier der Hexe Grýla, der Mama der 13 Weihnachtstrolle. Seinen legendären Hunger stillt das übellaunige Büsi gern mit Menschenfleisch, und zwar am liebsten mit solchem von trägen Erwachsenen und frechen Kindern.
Rotzlöffel und Faultiere schützen sich traditionell mit brandneuen Socken: Jolakötturinn ist zwar erbarmungslos, aber eben auch dumm genug, zu glauben, dass, wer neue Strickware an den Füssen trägt, schön tüchtig seine Schafe geschoren und deren Wolle rechtzeitig für den bitterkalten isländischen Winter gesponnen hat. Auf Zentraleuropäisch übersetzt, will uns das sagen: Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen – sonst Katzenbiss!
Mexiko: Immer feste drauf
Stellen Sie sich vor, Ihre Tante und Ihr Onkel verkleiden sich als Maria und Josef, poltern bei Ihnen an die Tür – und Sie knallen ihnen selbige einfach vor der Nase zu. Und dann gleich nochmals. Klingt komisch? Mag sein. In Mexiko läuft es in den Vorweihnachtswochen bei zig Familien aber genau so ab. Beim dritten Anlauf wird den Gästen schliesslich Einlass gewährt, und dann gehts los mit der Schlemmerei.
Das ganze Spielchen nennt sich Posada, und zu einer solchen gehört auch immer eine Piñata: ein aus Pappmaché gefertigtes Figürchen, das an einer Schnur in die Höhe gehängt wird und das man dann so lang mit verbundenen Augen mit einem Schlagstock bearbeitet, bis der in ihm versteckte Süsskram rausfällt. Ursprünglich war die Piñata ein sternartiges Gebilde mit sieben Stacheln – je einer pro Todsünde, nämlich –, inzwischen werden auch Einhörner und Pokémons zerdeppert.
Dafür muss ich nicht nach Mexiko, denken Sie, da kann ich mir eine Piñata made in China auch einfach auf Alibaba bestellen? Wäre weniger kulturlos, als sie jetzt befürchten. Die Piñata stammt nämlich tatsächlich aus China – und soll mit Marco Polo einst in den Westen gekommen sein.
Schweden: Brennende Böcke, fliegende Fichten
Wenn man den Schweden etwas nicht vorwerfen kann, dann, dass sie an Weihnachten keinen Bock haben. Im Land von Knäckebrot und Köttbullar gehört es zum Brauch, grosse Ziegenböcke aus Stroh, die ursprünglich die Fruchtbarkeit der Erde symbolisierten, auf öffentlichen Plätzen aufzustellen. Kleinere Exemplare tummeln sich in Wohnstuben, Läden und Büros, Miniaturen baumeln am Tannenbaum. Der grösste «Julbock» bisher brachte es übrigens auf stattliche 13 Meter – und zu einem Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde.
Ebenfalls bekannt sind unsere schwedischen Freunde freilich dafür, dass sie unzimperlich mit ihrer Deko umgehen, wenn es sich denn mal ausgeweihnachtet hat. Jeder IKEA-Kunde kennt den St.-Knut-Tag, an dem zu Schande gefeierte Christbäume kurzerhand aus dem Fenster fliegen. Danke, schön wars, und jetzt tschüss! Ebenso kalt sind die Schweden, wenns um ihre Strohböcke geht, wobei kalt nicht wirklich das richtige Wort ist: Statt sie, wie das hier bei uns garantiert der Fall wäre, sachte und mit einer letzten Streicheleinheit dem Grüngut zuzuführen, fackelt man die armen Viecher kurzerhand ab.
Neuseeland: Bäumchen schmück dich
Den Baum zu schmücken, ist ja für viele der Inbegriff von Adventszauber. Andererseits ist das halt schon auch schampar zeitraubend, und wenn sich der Baum jetzt selber schmücken könnte … Gibt es tatsächlich! Freilich am anderen Ende der Welt: In Neuseeland blüht der immergrüne Pohutukawa-Baum nämlich just zur Weihnachtszeit. (Dann ist dort ja Sommer.) Und trägt knallrote, kugelrunde Puschelblüten zur Schau, die es locker mit jeder Christbaumkugel aufnehmen können.
Praktisch auch, dass es dann draussen wohlig warm ist, sodass niemand auf die Idee käme, den Baum abzusägen und in die eigenen vier Wände zu transportieren. Stattdessen schleppen die Kiwis alles, was es für ein Festessen braucht, ins Freie. Kostet weniger, so ein selbstschmückender Baum, ist nachhaltig – und abgefallene Nadeln muss auch niemand wegbäsele.
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