Über 60 Millionen gewaschen – aber nicht ins Gefängnis
Ein Geldwäscher im Milliarden-Korruptionsskandal rund um Petrobras soll mit einer bedingten Gefängnisstrafe und einer Zahlung von 1,6 Millionen davonkommen.
Er war eine zentrale Figur in einer der grössten Korruptionsermittlungen der Bundesanwaltschaft: der schweizerisch-brasilianische Doppelbürger Bernardo F. Der Vermögensverwalter mit Wohnsitz in Cologny bei Genf hat während Jahren dafür gesorgt, dass Dutzende Millionen Bestechungsgelder auf den geheimen Schweizer Bankkonten von zwei Brasilianern – Kadermitarbeiter der staatlichen Ölgesellschaft Petrobras – landeten. Ende Februar wird nun das Bundesstrafgericht in Bellinzona seinen Fall beurteilen.
Bernardo F. hat sich mit der Bundesanwaltschaft auf ein abgekürztes Verfahren geeinigt. Das heisst, er hat kooperiert und die ihm zur Last gelegten Taten gestanden – und im Gegenzug eine Strafe ausgehandelt, mit der er leben kann. Es liegt nun am Bundesstrafgericht, zu beurteilen, ob das Strafmass angemessen ist oder nicht. Nun liegt erstmals die Anklageschrift der Bundesanwaltschaft vor.
Demnach hat Bernardo F. Beihilfe zur Bestechung der beiden Petrobras-Kader im Umfang von rund 35 Millionen Dollar geleistet und Gelder von über 60 Millionen Dollar gewaschen. Dazu hat er 21 Schweizer Bankkonten verwaltet, die meisten davon im Namen von anonymen Offshorefirmen. Gemäss Anklageschrift befanden sich die Konten bei acht Banken in Genf und Lugano, nämlich bei Julius Bär, PKB, HSBC, Syz, Pictet, Safra Sarasin, Deutscher Bank und Bank Cramer. Als Treuhänder und Vermögensverwalter war Bernardo F. der Westschweizer Selbstregulierungsorganisation Arif angeschlossen.
Die Bestechungsgelder im Petrobras-Skandal kamen vom Baukonzern Odebrecht. Die USA und Brasilien haben diesen schon früher mit Wiedergutmachungszahlungen in Milliardenhöhe sanktioniert. Auch die Schweiz verhängte 2016 eine Ersatzforderung von 94 Millionen.
Schweres Verschulden
Bei Bernardo F. wiege das Verschulden schwer, schreibt die Bundesanwaltschaft nun in ihrer Anklage. Dies angesichts der hohen Deliktsumme und des langen Zeitraums von 2006 bis 2015. Zudem habe Bernardo F. die Integrität der Finanzplätze der Schweiz, Brasiliens und Portugals sowie das Vertrauen der Öffentlichkeit in staatliches Handeln untergraben. Gleichzeitig halten die Korruptionsermittler Bernardo F. zugute, dass er einsichtig und nicht vorbestraft sei und wichtige Informationen auch über weitere Involvierte geliefert habe. Dies habe es den Ermittlern ermöglicht, das korrupte System zu verstehen.
So kommt die Bundesanwaltschaft zum Schluss, dass für Bernardo F. eine bedingte Gefängnisstrafe von 16 Monaten angemessen sei. Akzeptiert dies das Gericht und wird der geständige Geldwäscher in den nächsten fünf Jahren nicht wieder deliktisch, muss er also keinen Tag davon tatsächlich absitzen. Zudem verhängte die Bundesanwaltschaft eine Ersatzforderung von 1,6 Millionen Dollar, was ungefähr der Höhe der beschlagnahmten Gelder von Bernardo F. entspricht. Dies ist allerdings deutlich weniger als die nachgewiesenen Kommissionszahlungen, die der Geldwäscher für seine Dienste erhalten hat, nämlich 2,4 Millionen Dollar.
Doppelrolle von FDP-Lüscher
Mit der Anklageschrift bestätigt sich auch erstmals offiziell, dass Bernardo F. auf einen prominenten Verteidiger zählen kann. Sein Anwalt ist der Genfer FDP-Nationalrat Christian Lüscher. Das ist deshalb von Bedeutung, weil sich Lüscher im Parlament auffällig stark für Bundesanwalt Michael Lauber eingesetzt hat, als dessen Wiederwahl letzten September auf der Kippe stand. In einem flammenden Appell verteidigte er den angezählten Bundesanwalt. «Seid vernünftig und schützt die Institutionen», redete Lüscher seinen Kolleginnen und Kollegen ins Gewissen – und verschaffte so Lauber möglicherweise die entscheidenden Stimmen zur Wiederwahl.
Nun zeigt sich, dass die Bundesanwaltschaft die Anklageschrift samt Strafmass gegen Bernardo F. nach jahrelangen Ermittlungen nur zwei Wochen nach der von Anwalt Lüscher vehement unterstützten Wiederwahl Laubers fertiggestellt hat. Das wirft die Frage auf, ob sich Lüscher durch seinen Einsatz im Parlament einen Vorteil für seinen Mandanten erhofft hat – was ein klarer Interessenkonflikt wäre.
Der FDP-Nationalrat und Wirtschaftsanwalt Lüscher sagt zu diesem Verdacht: «Zwischen meinem Eintreten für die Wiederwahl von Michael Lauber und der Anklageschrift gibt es überhaupt keinen Zusammenhang. Die zeitliche Nähe ist reiner Zufall.» Das abgekürzte Verfahren sei schon über drei Jahre zuvor eröffnet worden. Zudem habe Lauber mit dem Verfahren gegen seinen Klienten gar nicht direkt zu tun gehabt.
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