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Reiseblogger in der Pandemie
«Wir möchten zeigen, dass Reisen immer noch gut möglich ist»

Stephanie Bernhard und Stefan Tschumi sagen der Reisescham den Kampf an. 
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Nach dem schwierigen Reisejahr 2020 fassen einige Schweizer Reiseblogger für 2021 neuen Mut, während andere sich auf Reisen in der Schweiz fokussieren.

Angst vor Enttäuschung

2020 musste Esther Mattle aka Travel Sisi viele Reisen absagen, dieses Jahr will sie spontan bleiben. 

«Normalerweise hätte ich zu diesem Zeitpunkt viele meiner Reisen für das laufende Jahr bereits organisiert», sagt Esther Mattle (44). Sie bloggt als Travel Sisi von Destinationen rund um die Welt. «Dieses Jahr habe ich noch nicht einmal einen einzigen Flug gebucht, sondern werde spontan entscheiden.»

Nicht die Angst wegen einer möglichen Ansteckung hält sie vom Reisen ab, es ist die Vorstellung, irgendwo stecken zu bleiben, sowie die Enttäuschung: «Letztes Jahr musste ich so viele tolle Reisen absagen, das war sehr frustrierend.»

«Verglichen mit Südafrika, haben wir es hier in der Schweiz gut, da stecke ich auch das Fernweh weg.»

Zu Hause bleibt sie trotzdem nicht: «Die Schweiz bietet viel, schon nur vor der eigenen Haustür», so die Bündnerin. «Mit meiner Familie waren wir bereits zweimal auf der Grand Tour of Switzerland unterwegs – und haben immer noch nicht alles gesehen!»

Dass es in der Heimat viel zu entdecken gibt, weiss Esther Mattle zu schätzen: Sie hat über zehn Jahre in Südafrika gelebt und betreibt für das Land ein kleines Reisebüro, wo sich zurzeit wenig bewegt – aus verständlichen Gründen. «Verglichen mit Südafrika, haben wir es hier in der Schweiz gut, da stecke ich auch das Fernweh weg – mal besser, mal schlechter.»

Bei aller Unsicherheit flexibel bleiben

Säntis statt Namibia: Katja Birrer und Walter Schärer hoffen, 2021 ihr Fernweh wieder zu stillen.

Statt Beiträge über Mauritius, São Miguel oder Porto sind beim Blog Reisememo zurzeit Wandertipps zu den Seerenbachfällen, dem Gräppelensee oder Göscheneralpsee gefragt. «Die Nachfrage nach unseren internationalen Reisetipps ist komplett eingebrochen, und die Leserschaft aus Deutschland und Österreich interessiert sich nicht mehr für unsere Tipps über die Schweiz», sagen Katja Birrer (50) und Walter Schärer (54).

Was sie hingegen positiv überrascht hat: «Das Interesse an unseren Artikeln übers Wandern ist 2020 derart gestiegen, dass wir letztlich ein Rekordjahr an Besuchern auf unserer Website verzeichnen konnten.»

Wandertipps wird das Paar auch 2021 publizieren – das Fernweh aber ist trotzdem da. «Wir hatten letztes Jahr eigentlich eine Rundreise nach Namibia geplant, zum runden Geburtstag von Katja. Die möchten wir dieses Jahr, sofern möglich, unbedingt nachholen – man wird ja nur einmal 50», sagt Walter Schärer. Ansonsten sind aber keine Reisen geplant: «Die Unsicherheit ist zu gross. Wir bleiben flexibel und schauen spontan.»

Reisen trotz Corona

Die Schweiz bleibt bei den Bloggern Loredana und Kilian Bamert auch 2021 im Fokus. 

Angefangen hat es 2016 als Weltreise, inzwischen betreiben Loredana (31) und Kilian Bamert (32), besser bekannt als Saturday and Sunday, eine Videoagentur und sind Stars auf Instagram und Tiktok.

«Wir sind im November ganz spontan auf die Seychellen geflogen.»

Ihre Reiseerlebnisse sind auch während der Pandemie gefragt: «Wir sind im November ganz spontan auf die Seychellen geflogen, und alle wollten wissen, wie es war, während Corona zu reisen. Wir möchten zeigen, dass dies immer noch gut möglich ist: Auf einer abgeschotteten Insel, und wo das Social Distancing problemlos umsetzbar ist, fühlten wir uns fast sicherer als in der Schweiz.»

Dennoch: Der richtige Boom stellen auch sie bei Schweizer Reisen fest. «Nahreisen in die Natur sind bei unserer Community beliebt. Auch haben wir noch nie so viele Kooperationsanfragen aus der Schweiz erhalten wie 2020.» Grosse Reisepläne für 2021 haben sie zwar nicht, der Fokus bleibe aber auf der Schweiz. Auch wegen der 16 Monate alten Tochter: «Hauptsache, wir können Zeit mit ihr verbringen!»

Die Fans freuen sich unterdessen an Videos aus dem Alltag: «Wir erhalten viel positives Feedback, die Leute sagen, es freue sie, dass wir ihnen in dieser tristen Zeit ein Lachen ins Gesicht zaubern.»

Einsetzen für andere Wohnmobilisten

Anita und Rolf Järmann haben für 2021 einiges an Ideen im Köcher. 

Seit 2013 reisen Anita (54) und Rolf Järmann (55) hauptsächlich in ihrem Wohnmobil durch die Weltgeschichte und erzählen davon auf ihrem womoblog.ch – letztes Jahr waren sie allerdings fast nur auf Schweizer Strassen unterwegs. «Wenigstens ist das Reisen mit dem Wohnmobil sehr Corona-freundlich – wenn man nicht will, kommt man mit niemandem in Kontakt», sagt Rolf Järmann.

Das haben freilich auch andere Schweizerinnen und Schweizer bemerkt; noch nie wurden so viele Campervans verkauft wie 2020. Allerdings sind dadurch auch Probleme sichtbar geworden: «Die Infrastruktur für Wohnmobilisten ist in der Schweiz zu wenig gut ausgebaut, und es gibt nicht ausreichend Wohnmobilstellplätze.»

Die Blogger Anita und Rolf Järmann widmen sich auch 2021 dem Thema Wohnmobil – unter anderem. 

Deshalb haben die Järmanns während des Lockdown den Verein Wohnmobilland Schweiz gegründet, um sich unter anderem politisch für die Anliegen der Wohnmobilfahrer einzusetzen. Inzwischen zählt der Verein über 500 Mitglieder.

Bereits gibt es eine interaktive Karte mit allen offiziellen Stellplätzen in der Schweiz. Und Rolf Järmann hat schon weitere Ideen im Köcher: «2021 werden wir noch mehr Projekte angehen!»

Trotzdem Auslandreisen geplant

Stephanie Bernhard und Stefan Tschumi betreiben den Blog «Journey Glimpse».

«Wir planen 2021 völlig normal, als gäbe es Corona nicht», sagen Stefan Tschumi (34) und Stephanie Bernhard (32) – absichtlich provokativ, denn die geplante Fotoreise nach Bhutan im März «hat null Chancen», wie sie eingestehen. Dennoch: Einfach zu Hause rumsitzen und das Reisen gänzlich abschreiben wollen die beiden auch nicht. «Wir sind bereit, sobald es wieder losgeht.»

Auf ihrem Blog Journey Glimpse berichten die beiden Fotografen und Videoproduzenten normalerweise aus exotischen Destinationen, letztes Jahr hatten sie es gerade mal als Foto-Coaches für eine Woche nach Deutschland geschafft. «Das ist nicht schlimm, einfach anders.»

«Zurzeit wollen wir vor allem Fernweh und Vorfreude wecken, im Sinn von: Dream now, travel later.»

Wichtig sei, dass nun keine Reisescham entstehe: «Nach Corona nicht mehr reisen zu gehen, weil es nicht mehr salonfähig ist, wäre schlimm. Das Reisen erweitert den Horizont und fördert das Verständnis gegenüber anderen Kulturen und Traditionen. Für unsere Gesellschaft ist das wichtig.»

Selbst wenn die Reisen für dieses Jahr auf wackligen Beinen stehen: Die beiden haben genügend Pläne: «Wir arbeiten an einem Buchprojekt zum Thema Reisefotografie, das 2021 erscheinen wird, ausserdem haben wir ein Studio eingerichtet für Foto- und Videoprojekte, Workshops und Live-Streams zum Thema Reisefotografie. Zurzeit wollen wir vor allem Fernweh und Vorfreude wecken, im Sinn von: Dream now, travel later.»