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Regisseur John McTiernan
«Wir dachten, dass Bruce Willis zu viel gefeiert hat»

Der Regisseur von «Die Hard» und «Last Action Hero» hat seit 20 Jahren keinen Film mehr gedreht: John McTiernan am Filmfestival in Neuenburg.
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Auf Netflix kommt man aktuell nicht um den Actionfilm «Extraction 2» herum. Es ist einer dieser technisch hochgezüchteten Ballereien, die so tun, als steckten wir mitten im Geschehen. Wahrscheinlich stellen sich so die Streaming-Manager den perfekten Content vor. Am Ende ist man zu erschlagen, um auf die Idee zu kommen, das Abo zu kündigen.

«Die Hard», auf Deutsch «Stirb langsam», hiess ein Actionfilm von 1988 mit Bruce Willis. Der spielte den Polizisten John McClane, der sich mit seiner Frau versöhnen möchte. Aber dann miterlebt, wie der Büroturm, in dem sie arbeitet, vom Terroristen Hans Gruber in Beschlag genommen wird. «Die Hard» ist das Gegenteil von «Extraction 2»: stilvoll inszenierte Action mit Sinn für die architektonischen Dimensionen, durch die auch wir Normalos uns bewegen. Der Film hat die Geschichte des Actiongenres geprägt, weil McClane kein absurder Muskelprotz war, sondern ein Mann, der verwundet werden konnte. 

John McTiernan hat «Die Hard» gedreht, es bleibt sein berühmtestes Werk. Jetzt sitzt der 72-Jährige als Jurymitglied und Ehrengast an einem Gartentisch am Neuchâtel International Fantastic Film Festival (Nifff). Die Form von Demenz, an der Bruce Willis leidet und deretwegen er seinen Rücktritt vom Schauspielberuf bekannt gab, habe sich bereits Mitte der 90er-Jahre gezeigt, sagt McTiernan, während der Arbeit der Fortsetzung «Die Hard with a Vengeance». «Wir dachten, dass er zu viel gefeiert hat.»

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Das sei so arg geworden, dass er am Morgen jeweils das Studio warnen musste: Bevor er drehe, brauche er Zeit, um mit Bruce Willis die Szenen zu üben. Wenn sie sich heute sähen, erkenne ihn Willis zwar als alten Freund. Aber er wisse nicht, was sie zusammen gemacht haben. 

In «Predator» (1987) kämpft Arnold Schwarzenegger als Mitglied eines Spezialkommandos gegen einen Feind mit übermenschlichen Kräften. 

John McTiernan kann energisch werden. Er fixiert dann sein Gegenüber und tappt auf den Tisch. Er flucht über die «faschistische Gegenrevolution» in den USA, an der Hollywood beteiligt sei mit seiner «Waffen-Pornografie». Arnold Schwarzenegger, sein anderer Actionstar-Kollege aus den 80er-Jahren, mit dem er «Predator» (1987) drehte, foppe ihn deswegen immer wieder. Aber der Ex-Gouverneur von Kalifornien sei selber auch kein Fan des Trumpismus. «Für einen Republikaner ist er ziemlich anständig», so McTiernan. 

Figuren ohne Verbindung zur realen Welt

Der Regisseur wurde in Albany im Staat New York geboren und besuchte die berühmte Juilliard School. Seine Mutter sei ambitioniert gewesen, was sich auf ihn übertragen habe. Sein Vater verlor im Zweiten Weltkrieg in einer Schlacht im Südpazifik einen Grossteil seines Augenlichts, blieb aber weiterhin als Anwalt tätig. 

John McTiernan bringen heute Superheldenfilme in Rage. Er entwickelt im Gespräch eine globalhistorische These, wonach die bildhafte Repräsentation, die mit den Höhlenzeichnungen begann, lange Zeit im Dienst der Mächtigen stand. Im 18. Jahrhundert während der Gegenbewegung habe man begonnen, normale Menschen statt Adelige zu malen. Doch irgendwann in den 1990er-Jahren habe die herrschende Klasse die Kontrolle über die Darstellung zurückerlangt. Und seither sähen wir Figuren ohne Verbindung zur realen Welt: Superhelden wie Iron Man, Catwoman und Co. 

«Die Studios können keine Filme lancieren, die nicht im Interesse ihrer Besitzer sind, also etwa Geschichten von unscheinbaren Leuten erzählen», sagt McTiernan. «Aber sie können auch keine Filme über ihre Besitzer drehen. Also wovon handeln die Filme? Von übermenschlichen Helden.»

Es ist wohl kein Zufall, dass John McTiernan seit 20 Jahren keinen Film mehr gedreht hat. Der letzte war «Basic», ein Thriller mit John Travolta von 2003. Wenn man den Titel sucht, schlägt Google als Erstes die Frage vor: «What is the point of the movie ‹Basic›?».

Bekiffte Grossmütter auf der Insel

Die Filmkritik war mit John McTiernan selten gnädig. «Last Action Hero» (1993), eine verspielte Action-Reflexion, fiel durch. Selbst Arnold Schwarzenegger redet in der neuen Netflix-Dokuserie «Arnold» nur schlecht über das Experiment. 2002 fabrizierte McTiernan mit «Rollerball» einen Flop. Wegen der Verwicklung in einen Skandal, in dem er einen anderen Produzenten durch einen Privatdetektiv überwachen liess, sass er eine Zeit lang im Gefängnis. 

Seit der Pandemie wohnt er auf einer 2000-Seelen-Insel im kanadischen British Columbia; «a little drinking island with a fishing problem», sagt er und grinst. Die Grossmütter seien in der Regel bekifft, und um genug Bewegung zu haben, gehe er den Weg zum Pub zu Fuss; das sind immerhin gut sechs Kilometer. So ein Ort sei das, wo man ihn kenne als einen ganz gewöhnlichen Menschen namens John.