Windiges OsterwetterFür einmal stürmt der Föhn bis an den Zürichsee
Normalerweise beschränken sich Föhnstürme auf die Alpentäler, im Mittelland merkt man davon wenig. Über Ostern dürfte das anders sein. Ein Föhnexperte erklärt die Gründe.
Wenn im Wetterbericht von einem Föhnsturm die Rede ist, dann lässt das die Bewohner des Mittellandes in der Regel kalt. Das hat gute Gr¨ünde: Der warme Fallwind aus den Alpen tobt sich normalerweise nur in den typischen Alpentälern – zum Beispiel im Reusstal oder im Rheintal – aus. Dass er weiter nördlich im Mittelland an den Hausläden rüttelt, kommt selten vor.
In den nächsten Tagen dürfte diese Regel aber für einmal durchbrochen werden. Vor allem in den alpennahen Gebieten der Nordostschweiz, zum Beispiel am Zugersee, in der Zürichseeregion oder auch dem Zürcher Oberland, könnte der Föhn durchaus phasenweise in Sturmstärke um die Häuser pfeifen. Ein erstes Föhnmaximum wird wohl im Verlauf des Freitagnachmittages erreicht, ein weiterer «Peak» folgt dann am Sonntag.
Dass es sich um ein nicht alltägliches Wetterereignis handelt, bestätigt Meteorologe Ludwig Zgraggen von Meteo Schweiz. «Das ist eine sehr starke Föhnlage», sagt der Föhnexperte.
Die Stärke einer Föhnlage lässt sich gut am Druckunterschied zwischen der Alpennordseite und der Alpensüdseite bemessen. Beträgt der Druckunterschied zwischen Zürich und Lugano mehr als vier Hektopascal (hPa) stösst der Föhn in der Regel bis in die Alpentäler vor. Bei Druckunterschieden über acht Hektopascal schaffen es die Föhnwinde meist bis ins angrenzende Flachland, zum Beispiel an den Ägerisee oder ins Linthgebiet.
In den kommenden Tagen werden diese Werte deutlich überboten: «Am Karfreitag wird der Druckunterschied bis gegen 15 Hektopascal betragen, am Sonntag um 14 Hektopascal», sagt Ludwig Zgraggen.
Der Druckunterschied allein reicht jedoch noch nicht aus, damit der Föhn es mit stürmischen Böen bis nach Wädenswil, Männedorf oder Wetzikon schafft. Dafür braucht es weitere Zutaten. Diese sind in den kommenden Tagen aber praktisch alle vorhanden.
Einerseits herrscht über den Alpen eine sehr starke südliche Höhenströmung, ausgelöst von einem kräftigen und umfangreichen Tiefdruckgebiet über der Biskaya. In höheren Lagen sorgt diese Strömung für Windspitzen in Orkanstärke bis 150 km/h oder sogar darüber. Dies begünstigt das Vorstossen des Föhns Richtung Norden.
Andererseits steht dem Föhn wegen der fortgeschrittenen Jahreszeit auf der Alpennordseite kein ausgeprägter Kaltluftsee im Weg. Das ist ein entscheidender Faktor. Im Winter und Herbst bildet sich über dem Flachland der Alpennordseite durch die bodennahe Abkühlung oft ein solcher Kaltluftsee aus, der sehr mächtig sein kann. Der milde Föhn aus den Alpen kann diese Schicht aus physikalischen Gründen nur mit Mühe «knacken». Meistens gleitet er einfach darüber hinweg.
In den kommenden Tagen ist die Atmosphäre nun aber labil geschichtet, das heisst es kommt zu einer vertikalen Durchmischung der Luftmassen. Das erschwert die Bildung eines Kaltluftsees am Boden. Verstärkt wird dieser Prozess durch die kräftige Frühlingssonne. Diese erwärmt die Luft am Boden und erleichtert die Durchmischung noch zusätzlich. Das ist auch ein wesentlicher Grund dafür, weshalb der Föhn, wenn er es denn ins Mittelland schafft, dort vor allem in den Nachmittagsstunden spürbar wird.
Zusammengefasst lässt sich also sagen: Vor allem am Freitag und Sonntag muss auch an Orten, die sonst eher selten in den «Genuss» eines Föhnsturmes kommen, mit kräftigen Windböen gerechnet werden. Am mittleren und oberen Zürichsee kann dabei durchaus die 100 km/h-Grenze erreicht werden. Dass es der Föhn bis in die Stadt Zürich schafft, ist eher unwahrscheinlich – auf dem Uetliberg dürfte es aber durchaus «chuuten». Meteo Schweiz hat entsprechende Windwarnungen der Stufe drei (erhebliche Gefahr) herausgegeben.
Ludwig Zgraggen betont, dass der über die Ostertage zu erwartende Föhnsturm zwar durchaus kräftig, aber alles andere als rekordverdächtig sein wird. Es gab in der Vergangenheit viel stärkere Föhnlagen. Zu erwähnen sei der Föhnsturm vom 8. November 1982. Bei diesem aussergewöhnlichen Ereignis wurde ein maximaler Druckunterschied von 28 Hektopascal zwischen Zürich und Lugano gemessen. «Das ist eine ganz andere Kategorie», sagte Zgraggen. Entsprechend gross waren damals die Schäden.
Die Föhnlage dürfte von Sonntag auf Montag mit Durchgang einer Kaltfront aus Westen ihr Ende finden.
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