Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Wieso sollen Jugendliche gratis Zugfahren, Herr Grunder?

«Mit der Einführung kostet diese Übung gar nichts», sagt Hans Grunder. Werde das Angebot aber genutzt, könnte der Wegfall der Abos gegen 100 Millionen Franken kosten.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Es werde aktuell viel geredet und wenig gehandelt, findet Hans Grunder. Deshalb hat der BDP-Nationalrat aus dem Kanton Bern vier klimapolitische Vorstösse eingereicht. Mit einem Postulat fordert er etwa ein Anreizsystem für die Förderung der Elektromobilität und anderer CO2-armen Antriebssysteme. Ins Auge sticht auf Grunders Liste aber die Motion «Gratisnutzung des ÖV für die Jugend».

Grunder will, dass alle in der Schweiz wohnhaften Jugendlichen bis 16 Jahre das gesamte ÖV-Netz kostenlos nutzen können. Auch die bis 25-Jährigen sollen profitieren können: Ihr Abo würde je nach Einkommen «stark verbilligt» werden.

«Die Sensibilisierung für den öffentlichen Verkehr in diesem Alter ist wichtig», sagt Grunder. Mit seiner Forderung will er Anreize schaffen, damit die Jungen später nicht aufs Auto umsteigen. Da die Mobilität stetig zunimmt, stehe das Strassennetz kurz vor dem Kollaps, so der Nationalrat. Unter 16-Jährige fahren aber bekanntlich nicht Auto. «Sie werden häufig von den Eltern mit dem Auto chauffiert», sagt Grunder. Er ist überzeugt: Wird das Ausprobieren kostenlos gefördert, lässt sich eine langfristige Wirkung erreichen.

Das Argument, dass sich das Projekt nicht finanzieren lasse, bezeichnet Grunder als «fadenscheinig». «Mit der Einführung kostet diese Übung gar nichts, weil das Rollmaterial und die Infrastruktur vorhanden sind.» Würde das Angebot genutzt, könnte der Wegfall der heute bezahlten Abos gegen 100 Millionen Franken kosten, schätzt Grunder. Und auch das ÖV-Netz müsste ausgebaut werden, «was ohnehin bereits angestrebt wird».

Kommt der Schock mit 16 Jahren?

Die Branchenorganisation CH-direct steht Preisanpassungen grundsätzlich offen gegenüber. «Auch aus ökologischer Sicht befinden wir uns in einer Phase, in der Diskussionen wichtig sind», sagt Mediensprecher Thomas Ammann. Gratisangebote hätten aber einen fahlen Beigeschmack. Zumal es für die jungen Erwachsenen dann auf einmal zu einem happigen Preisanstieg komme.

«Wir bevorzugen eher etappierte Preisanpassungen», sagt Ammann. Dass die Jugendlichen für den ÖV von grosser Bedeutung sind, sei der Branche durchaus bewusst. Deshalb würden laufend neue Angebote geschaffen, so etwa für 16- bis 25-Jährige das «Halbtax Jugend» für 100 Franken.

Auch der Verband öffentlicher Verkehr (VÖV) hat ein gewisses Verständnis für die Stossrichtung von Hans Grunders Anliegen. Es sei wichtig, Junge gezielt für den öffentlichen Verkehr zu gewinnen, sagt VÖV-Mediensprecher Andreas Keller. Die Finanzierungsfrage sei dabei letztlich eine politische, betont Keller. Angaben zu den möglichen Folgekosten der Motion Grunder könne er keine machen.

Rein kapazitätsmässig wäre der Anstieg aber verkraftbar – auch dank des laufenden Ausbaus der stark frequentierten Strecken. Der Verband warnt indes ebenso: Der plötzliche Kostenanstieg könnte eine grosse Hürde, gar ein «Schock» für die jungen Erwachsenen darstellen, wenn sie nach Erreichen der Altersschwelle für den bisher kostenlosen ÖV von einem Tag auf den anderen bezahlen müssten.

«Manchmal muss man etwas provozieren.»

Hans Grunder, BDP-Nationalrat

Erst vor zwei Wochen hatte SP-Nationalrat Roger Nordmann eine ähnliche Motion eingereicht. Derzeit fahren Jugendliche bis 16 Jahre zum halben Preis mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Nordmann will diese Hürde auf 21 Jahre anheben. Bürgerliche Politiker äusserten sich dagegen. Seine Eingabe sei unabhängig von jener Nordmanns erfolgt, erklärt Hans Grunder.

Springt die Bürgerlich-Demokratische Partei auf die grüne Welle auf? Es sei nichts Neues, dass er und seine Partei sich für das Klima einsetzen würden, betont Grunder – auch wenn sie kein «Grün» im Namen trage. So seien er und seine Parteikollegen die Ersten gewesen, die sich für die Gletscherinitiative ausgesprochen haben.

Ihm sei bewusst, dass er mit seinen Vorstössen gerade in bürgerlichen Kreisen anecke. «Manchmal muss man etwas provozieren», sagt der Berner. Als Unternehmer denke er auch wirtschaftspolitisch, und gerade im Klimabereich sei in der Schweiz noch viel Innovationspotenzial vorhanden. Zu den eidgenössischen Wahlen im November tritt Hans Grunder nicht mehr an. Mit seinen Eingaben wolle er noch einmal – ein letztes Mal – aufrütteln.