Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Presse zum Gipfel Biden - Putin
«Wie zwei erfahrene Boxer»

Joe Biden und Wladimir Putin unter Beobachtung der Medien. 
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

US-Medien

«Wie zwei erfahrene Boxer, die die Fähigkeiten des anderen beschreiben», wirkte die Pressekonferenz von Joe Biden und Wladimir Putin auf die Journalisten der «New York Times». Der Ton der Staatschefs sei freundlich gewesen, doch nennenswerte Fortschritte habe es keine gegeben. Als zentralen Streitpunkt identifiziert das Weltblatt die Ankündigung Bidens, russische Cyberangriffe würden von den USA nicht weiter hingenommen. Die Äusserung könne eine «signifikante Eskalation» signalisieren. In einer Analyse prophezeit die «New York Times» eine «angespannte und frustrierende Verbindung» zwischen den beiden Staatschefs.

Ein verhalten positives Fazit zieht die «Washington Post». Die Erwartungen an das Treffen seien tief gewesen. Die vereinbarte Rückkehr des russischen und des amerikanischen Botschafters auf die jeweiligen Missionen sei ein Fortschritt. Ebenso die Vereinbarung, sich über die Risiken eines nuklearen Konflikts und über Cyberangriffe zu unterhalten. Jeder Schritt allein würde nicht einen Wendepunkt darstellen, zitiert die Zeitung Experten. In der Summe handle es sich aber um einen konkreten Fortschritt und damit um mehr, als man erwarten konnte.

Sehr kritisch analysiert der US-Sender CNN das Treffen. Putin habe «genau das bekommen, was er von Biden wollte», lautet der Titel einer Einschätzung. Der russische Präsident sei sämtlichen kritischen Fragen ausgewichen. Allein die Einladung der US-Seite habe Putin in seiner Sicht bestätigt, dass er ähnlich mächtig wie US-Präsident Biden sei. «Das ist genau das, was der Kreml will: mit den USA auf Augenhöhe sprechen, und zwar so, dass die andere Seite keine Positionsänderung als Bedingung für einen Dialog verlangt», zitiert der US-Sender einen Experten.

Die Website «Vox» fokussiert sich auf Bidens Ansatz, mit persönlichen Beziehungen die Weltpolitik gestalten zu wollen. Der US-Präsident wolle auch seinen Gegner zuhören, um gemeinsame Interessen ausfindig zu machen. Ob er damit Erfolg habe, sei aber nicht klar. «Persönliche Diplomatie kann wichtig sein. Aber sie ist nicht die Grundlage für Aussenpolitik und kann keine grösseren strukturellen Zwänge oder nationale Interessen überwinden», zitiert das Medienportal eine Expertin.

Russische Medien

«Scharmütze der zwei Wölfe in Genf» titelt die Zeitung «Moskowski Komsomolez». Das Blatt lobt das Treffen, hebt aber hervor, die Gespräche seien sehr hart gewesen. Dass das Treffen in «warmer und freundschaftlicher Atmosphäre» verlaufen sei, das sei nur ein diplomatisches Klischee, das nichts mit dem zu tun habe, was in Genf passiert sei. Doch die Präsidenten seien beherrscht geblieben: Putin habe bei der Pressekonferenz das Gesicht gewahrt und Biden hin und wieder ein Kompliment gemacht. Der US-Präsident habe sich ebenfalls zurückgehalten und nicht sein «sonst übliches Verhalten» an den Tag gelegt. «Kontrollierte Konfrontation – das ist eindeutig besser als der freie Fall.»

Das Onlineportal «Gazeta.ru» bezeichnet den Verlauf des Gipfels als «würdig», das sei in Anbetracht der «enormen Spannungen» vor dem Treffen nicht unbedingt zu erwarten gewesen. Daraus sollten vor allem die europäischen Russlandkritiker ihre Konsequenzen zeihen, zitiert das Portal den Abgeordneten Wadim Dengin: «Hoffen wir, dass in Europa, in den Ländern, in denen kleine Russophoben den Ton angeben, die passenden Schlussfolgerungen gezogen werden. Leute, ihr hängt von uns ab, davon, was Russland und Amerika sagen!»

Die Hauptaufgabe nach dem Gipfel sei es nun, die Krisensituation in stabile Verhältnis umzugiessen, schreibt das Onlineportal «Lenta.ru». Die Ergebnisse des Gipfels werden positiv bewertet. Jede Seite habe von diesem Treffen bekommen, was sie gewollt habe, wird der Politologe Andrei Kortunow zitiert. «Russland konnte Gespräche über Sicherheit im Netz und über Rüstungskontrolle durchsetzen. Und Biden konnte seine Haltung zu Nawalny und der Ukraine zum Ausdruck bringen.»

Zufrieden zeigt sich das vom Kreml gesteuerte Fernsehen. «Die zwei Grossmächte haben sich auf den Beginn von Verhandlungen über strategische Sicherheit geeinigt», verkündet der Sender ORT. Das sei zwar erst der Anfang, doch sei es wichtig, dass in Genf der erste Schritt gemacht worden sei. «Die nächsten Monate werden zeigen, wie man mit der Arbeit vorankommt.» Denn schliesslich dürfe man den innenpolitischen Streit in den USA nicht ausser Acht lassen: «Nicht alle wollen eine Normalisierung der Beziehungen» zu Russland.

Internationale Medien

Die Rückkehr der Botschafter auf ihre Missionen in Russland und den USA sei der einzige nennenswerte Erfolg des Treffens, schreibt der «Spiegel». Manchmal müsse man wohl mit wenig zufrieden sein, erst recht angesichts des Tiefkühlklimas zwischen den USA und Russland. «Die extrem niedrigen Erwartungen wurden erfüllt.»

Die deutsche «Zeit» zieht den Vergleich zum Trump-Putin-Gipfel 2018 in Helsinki. Damals stellte sich der ehemalige US-Präsident auf Putins Seite, zum Entsetzen der meisten Beobachter. Im Vergleich dazu sei Joe Biden ein anderes Kaliber. Putin nehme den aktuellen Präsidenten ernst im Gegensatz zu seinem Vorgänger. Das sei schon ein Fortschritt. Ein Vertrauensverhältnis hätten Biden und Putin aber nicht aufbauen können.

Joe Biden sei mit einem bescheidenen Ziel nach Genf gereist. Der US-Präsident wolle die Beziehungen zu Russland stabilisieren, schreibt die britische «Financial Times». Das sei eine klare Abkehr von den ehemaligen Präsidenten Bill Clinton, George W. Bush und Donald Trump, die Putin auch persönlich trafen und sich dabei viel mehr erhofften. Ob Bidens Ansatz Erfolg hat, wird sich noch zeigen müssen, etwa in der Ostukraine oder dem Umgang des Regimes mit dem Oppositionellen Alexei Nawalny.

Eine «neue Perspektive» sieht das spanische Leitmedium «El País» in den Beziehungen zwischen den USA und Russland, nachdem sich diese zuletzt verschlechtert hätten. Die beschlossenen Vereinbarungen würde nichts an den grundlegenden Meinungsverschiedenheiten ändern, würden aber den Rahmen für einen Dialog fördern. Das sei ein «wichtiges Element», schreibt die Zeitung. Auch die französische Zeitung «Le Monde» schreibt von einem strategischen Dialog «in kleinen Schritten».