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Tierische Feuerwehr
Wie Ziegen vor Waldbränden schützen können

Eine umweltfreundliche Methode zur Bekämpfung von Waldbränden: Eine Ziegenherde kurz vor ihrem Einsatz in Anaheim, Kalifornien. 
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Bereits jetzt erlebte Spanien das verheerendste Waldbrandjahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Laut dem Europäischen Waldbrand-Informationssystem gab es bisher mehr als 370 Brände im Land, die etwa 240’000 Hektaren verbrannten. Um das Flammenmeer vor der Millionenmetropole Barcelona unter Kontrolle zu halten, testete die Stadt den Einsatz von Vierbeinern zur Brandprävention. Die gefrässigen Mäuler von 290 Schafen und Ziegen sollen Barcelona vor den zunehmenden Waldbränden schützen. Mit dem Ziel, so viel von der Vegetation wie möglich zu fressen, pilgern die Vierbeiner durch die trockenen Landschaften am Stadtrand.

Im April dieses Jahres setzte Barcelona die 290 Tiere für ein Pilotprojekt ein. Im Collserola National Park, dem grössten öffentlichen Park am Rande der Stadt, sollen 130 Schafe, 80 Lämmer und 80 Ziegen dafür sorgen, dass keine Brände mehr entstehen. Im 80 Quadratkilometer grossen Park gibt es jährlich durchschnittlich 50 Brände, wie Eloi Badia, Stadtrat von Barcelona für Klimasicherheit und ökologischen Wandel, dem «Guardian» erklärte. Normalerweise können die Brände rund um die Stadt rasch gelöscht werden. «Es ist jedem klar, dass es grosse Auswirkungen hätte, wenn es eines Tages zu einem Grossbrand käme», sagte Badia und ergänzte: «Es ist ein sehr städtischer Park, umgeben von dicht besiedelten Gemeinden.»

Die Hoffnung ist, dass die Weidetiere die trockene Vegetation fressen oder zertrampeln. So soll den Feuern der Brennstoff entzogen werden. Die offene Fläche soll als Brandschneise dienen. Nachdem das Pilotprojekt Ende letzten Monat abgeschlossen wurde, soll es nun Pläne geben, bis zu drei Herden auf weiteren Grünflächen der Stadt einzusetzen, wie der «Guardian» schreibt. Laut Badia haben die Tiere insgesamt 72 Hektaren des Parks gepflegt. Es sei jedoch nicht nur für den Brandschutz ein erfolgreiches Projekt gewesen, sondern auch für das soziale und kulturelle Leben in der Region. «Es gab einen regelrechten Boom von Einwohnern, die die Tiere besuchen wollten, und es wurde zum Inbegriff einer Familienaktivität», erklärte der Stadtrat.

Der spanische Schäfer Daniel Sanchez mit seiner Schaf- und Ziegenherde im Naturpark von Collserola in der Nähe von Barcelona.

Andere Teile Spaniens führten die Strategie vor fast zwei Jahrzehnten ein, als die südliche Region Andalusien begann, Hirten dafür zu bezahlen, dass sie mit ihren Tieren die überwucherten Ebenen und Täler durchquerten. Mittlerweile umfasst das regionale Programm mehr als 100’000 Tiere und spart den Behörden 75 Prozent der Kosten, die bei einer Rodung mit einer Maschine anfallen würden, wie der «Guardian» schreibt. 

Diese Strategie, Waldbränden vorzubeugen, hat in Spanien eine jahrtausendealte Tradition und feiert mit der zunehmenden Hitze und Trockenheit auch weltweit ein Comeback. 

Ein weltweites Phänomen

Die Bemühungen der Regierung in Barcelona erinnern an diverse andere Strategien auf der ganzen Welt. In Kaliforniern – wo im vergangenen Jahr 850’000 Hektaren durch Waldbrände vernichtet wurden – setzen verschiedene Unternehmen und Behörden für eine gezielte Beweidung auf Ziegen. Normalerweise können hundert Ziegen eine Hektare pro Tag abweiden. Dabei verlangen die Unternehmen in Südkalifornien im Durchschnitt zwischen 800 und 1500 Dollar pro Hektare.

Nahezu drei Viertel des Bundesstaats Kalifornien leiden unter einer extremen oder aussergewöhnlichen Dürre: Eine Ziegenherde weidet in Anaheim im Kampf gegen Waldbrände. 

In Portugal haben die Behörden 2019 landesweit 40 bis 50 Ziegenhirten und Schäfer mit 10’800 Ziegen eingestellt. Diese weideten dabei besonders brandgefährdete Gebiete auf einer Fläche von rund 6700 Hektaren ab. In der kanadischen Provinz British Columbia wurden Rinder eingesetzt, um die potenziellen Brandherde zu vernichten. 

«Es ist kein Wundermittel»

Dass eine gezielte Beweidung in Kombination mit anderen Methoden zur Verhütung von Waldbränden, wie mechanischer Rodung und kontrolliertem Abbrennen, wirksam sein kann, zeigt eine Studie der Europäischen Kommission vom letzten Jahr. Die Mitautorin der Studie und Forscherin am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung an der Universität Leipzig, Julia Rouet-Leduc, erklärte jedoch dem «Guardian»: «Es ist kein Wundermittel», ergänzte aber: «Es ist ein Teil einer Lösung, die dazu beitragen kann, dass Landschaften widerstandsfähiger gegen Feuer werden.» 

Derzeit seien die Flächen aufgrund der durch den Klimawandel verursachten Dürre und der Abwanderung der Menschen weg vom Land besonders entzündlich, erklärte Rouet-Leduc. «Auf ehemaligen Weideflächen oder landwirtschaftlich genutzten Flächen wächst viel buschige, holzige Vegetation, die viel Brennstoff für Waldbrände liefert», sagte sie. «Und das führt zu grösseren und schwerer zu kontrollierenden Bränden.»

Eine weitere Studie aus der Fachzeitschrift «Forest Ecology and Management» verdeutlicht die Effektivität der Brandbekämpfung durch Ziegen. Die Studie ergab, dass die Vierbeiner in Australien besonders nützlich bei der Verringerung der sogenannten Feinbrennstofflast sind – sprich brennbarer Vegetation, die kleiner als sieben Millimeter ist. So zum Beispiel Kiefernadeln oder Gras. Dieser feine Brennstoff sei am ehesten in der Lage, ein durchgehendes Feuerbett zu bilden. Deshalb sei die Verringerung dieses Materials besonders wichtig im Kampf gegen die Ausbreitung von Waldbränden.