Wie in Männedorf ein Mandala entsteht
Noch bis Samstag streuen zwei buddhistische Mönche des Klosters Lo-Manthang in Nepal ein Sandmandala im reformierten Kirchgemeindehaus Männedorf. Am Samstag wird das Kunstwerk zerstört.
Die Magie liegt in der Ruhe und Konzentration. Still und andächtig sind Kungka Tenzing und der Lama Chhimek Rinzin an der Arbeit. Sie kommen beide aus dem Kloster Lo-Manthang im ehemaligen Königreich Mustang, nördlich der Himalajakette gelegen, das heute politisch zu Nepal gehört. Ersterer ist der 42-jährige Abt des Klosters und Letzterer der 35-jährige Schulleiter. Ihre Aufmerksamkeit gilt dem vorgezeichneten Muster auf einer 2,7 Meter breiten, quadratischen Sperrholzplatte, die auf einem Tisch im reformierten Kirchgemeindehaus Mänendorf aufgestellt ist.
Während Lama Chhimek Rinzin auf der Platte selber kauert, beugt sich der Klostervorsteher angelehnt darüber. In ihrer Griffnähe stehen ein Dutzend kleiner Schalen, jede mit farbigem Sand gefüllt. Der Sand stammt von einem weissen Stein aus dem Mustang, der pulverisiert und danach eingefärbt wird. Mit einem trichterförmigen Gefäss schöpfen sie etwas Sand aus einer Schale, führen die offene Spitze über eine Stelle der Zeichnung und fahren mit einem Stab über den Trichterhals, sodass der Sand auf die Platte rieselt. Dabei bleibt der Sand nicht flach liegen, sondern wird als langgezogener Haufen geformt.
Schule durch Monsun zerstört
Der Besuch der beiden ist dem Schweizer Schulverein Lo-Manthang zu verdanken, der neben anderen Projekten die gleichnamige Klosterschule auf 3800 Meter über Meer unterstützt. Neben den 25 Mönchen und Lehrpersonen, die dort leben, werden rund 80 Schüler unterrichtet, von denen die meisten auch ganzjährig dort wohnen.
Da Sprache und Kultur im Mustang tibetisch-buddhistisch geblieben sind, wird dieses Kulturgut im Kloster vor allem Kindern aus armen und sozial benachteiligten Familien vermittelt. Nach schweren Monsunregen im letzten Sommer ist das Schulgebäude eingestürzt, und um dieses wieder aufzubauen, haben sich der Abt und der Schulleiter aufgemacht, um auf einer Sponsoring-Reise Spenden zu sammeln. Die Gelder sollen aber auch für die Beschaffung von dringend benötigten Medikamenten eingesetzt werden.
In ihrem Ansinnen ist ihnen der Verein mit Sitz im aargauischen Magden behilflich. Die Männedörflerin Heidi Meier, die sich im Verein engagiert, hat den Kontakt zur reformierten Kirchgemeinde hergestellt und Pfarrer Andreas Schneiter für die Sammelaktion gewinnen können. «Wenn wir einem guten Zweck dienen und dabei eine fremde Kultur bekannt machen können, liegt das ganz im Sinne unserer Arbeit», sagt der Seelsorger zum eine Woche dauernden Anlass, der täglich Besuchern offen steht. Immerhin werden zehn Schulklassen kommen, sich den Film «Faszinierendes Mustang» zu Gemüte führen und dabei allerlei über die fremde Religion erfahren.
«Heilende Kräfte»
Kungka Tenzing und Lama Chhimek Rinzin, der zum ersten Mal im Ausland weilt, wie er auf Englisch erklärt, wollen aber nicht nur Spenden sammeln, sondern mit dem Erstellen des Mandalas ihren Dank zum Ausdruck bringen. Darum haben sie sich für das Medizin-Buddha-Sandmandala entschieden.
Der Medizin-Buddha, dem mit diesem Mandala symbolisch ein Palast gebaut wird, sei der höchste Heiler, wie Heidi Meier weiss. Sie erklärt auch die Bedeutung des gestreuten Musters, das sowohl geometrische Formen enthält als auch figürliche Details wie Wolken, Berge, Lotusblumen und Gazellen. Wäre die Holzplatte ein Tuch und würde man dieses in der Mitte an einem Zipfel hochheben, entstünde effektiv ein dreidimensionaler Palast mit Stupa, Toren, Treppen und Gärten. Meier, welche die beiden Sandstreuer bei sich beherbergt, fährt fort: «Das Betrachten und Meditieren des Medizin-Mandalas soll im Menschen heilende Kräfte aktivieren und ihm helfen, Ruhe und Frieden zu finden.» Wer also den beiden Mönchen zuschaut, soll unbewusst die Magie aufnehmen, die von ihrer Arbeit ausgeht.
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