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Corona als Geschäft
Wie Hirslanden das Testen und Impfen in der Schweiz erobert

Impfen auf dem See: Hirslanden betreibt auf dem Bodensee ein Impfschiff. 
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Drängende Fragen in Pandemiezeiten: Welche Tests sind geeignet? Wo findet man die Labors, die das Testmaterial so rasch als möglich untersuchen und die Getesteten umgehend über das Ergebnis informieren? Wie wird die Logistik des Testverteilens, des Einsammelns und Weiterleitens der Nasenabstriche und Speichelproben an die Labors zusammen mit der Post aufgestellt? Wie sieht die IT-Schnittstelle zu den Labors aus?

Kurz: Wie stampft man ein Massentestprogramm für Schulen und Unternehmen aus dem Boden? Vor diese Herausforderung sehen sich derzeit die meisten Kantone in der Schweiz gestellt, nachdem der Bundesrat flächendeckende Tests für das ganze Land angekündigt hat.

Es ist die Stunde der Experten und Berater.

Und da taucht ein Name immer wieder auf: Hirslanden. Es ist die grösste private Spitalgruppe der Schweiz. In den letzten Jahren ist sie mit vielen Kantons- und Regionalspitälern Kooperationen eingegangen und arbeitet im ambulanten Bereich mit der Migros-Tochter Medbase zusammen. Und sie schreibt, im Unterschied zu vielen öffentlichen Spitälern, Gewinne.

Geld mit dem Modell Graubünden machen

Die Chance für Hirslanden, bei Massentests mitzumachen, bot sich als Erstes im Kanton Graubünden. Gieri Cathomas, von Haus aus Arzt, der sich auf die Beratung im Medizinalbereich spezialisiert hat, war mit Hirslanden im Bereich Digital Health als Berater unterwegs. «Am 10. Januar kam die Anfrage des Kantons Graubünden, ein Programm für Covid-Tests in Betrieben aufzustellen», erklärt Cathomas.

In dreieinhalb Wochen sei das Konzept entwickelt worden. Testwillige Firmen im Kanton konnten nun ihre Belegschaften auf das Virus überprüfen lassen. (Lesen Sie mehr dazu hier.)

Was lag da näher, als das offensichtlich erfolgreiche Bündner Konzept möglichst bald auch anderen Interessenten zu verkaufen? Die Spitalgruppe und ihr externer Berater Cathomas sind derzeit im Gespräch mit einigen anderen Kantonen. Ob sich darunter auch grosse wie Zürich oder Bern befinden, will Hirslanden-Mediensprecher Frank Nehlig nicht verraten.

Pilotprojekt im Kanton Schwyz

Bekannt ist, dass der Kanton Schwyz sich für das von Hirslanden entwickelte Konzept interessiert. Diese Woche gab das Departement des Innern bekannt, dass in Zusammenarbeit mit der Klinikkette ein Pilotprojekt für systematisches Testen in drei Pflegeheimen und einem Spital gestartet werde.

Ob und wie viel die Testberatung im besten Fall in die Kassen der Spitalgruppe spülen könnte, dazu schweigt das Unternehmen. Warum es sich überhaupt auf diesem Terrain bewegt, begründet Mediensprecher Nehlig damit, dass die Pandemie mit allen Mitteln bekämpft werden müsse. Und dass man die Menschen in allen Lebenslagen begleiten wolle. Sein Chef Daniel Liedtke, der seit 2019 die Hirslanden-Gruppe leitet, hatte es in einem Interview mit der «Handelszeitung» so formuliert: «Unser Konzept ist die medizinische Begleitung entlang des Lebensweges eines Menschen.»

Dabei hilft Hirslanden nicht nur beim Testen, sondern tritt auch als Dienstleister beim Impfen auf: Die Gruppe hat bis heute in vier Kantonen den Zuschlag für ein Impfzentrum erhalten. Diese Woche im Kanton Zürich, wo die Spitalgruppe in den Hallen der Messe Zürich bis zu 4000 Impfungen pro Tag vornehmen könnte, wenn der Impfstoff mal da ist. Die anderen drei Zentren befinden sich in den Kantonen Zug (in Kooperation mit dem Kantonsspital), Thurgau und Genf.

Imageschaden durch prominenten Impfdrängler

Wie viel Hirslanden damit verdient, ist nicht bekannt, weil der Kanton Zürich und die Spitalgruppe Stillschweigen vereinbart haben. Die Gewinnrechnung der Gruppe dürfte es kaum gross beeinflussen. Denn die Spitalgruppe gilt im Vergleich zu den meisten anderen Spitälern als sehr profitabel. Im letzten Geschäftsjahr (per Ende März 2020) lag die Gewinnmarge bei 16 Prozent, was deutlich über dem Niveau anderer Spitäler in der Schweiz lag.

Auf jeden Fall hat das Engagement der Gruppe bei der Pandemiebekämpfung die Wirkung einer Imagepolitur. Doch das kann auch zu unerwünschten Nebenwirkungen führen: So löste ein Bericht dieser Zeitung von Mitte Januar weltweit Empörung aus, dass sich mit behördlichem Segen der südafrikanische Milliardär Johann Rupert vor dem offiziellen Impfstart am 12. Januar im Kanton Thurgau in einem von Hirslanden betriebenen Testzentrum hat impfen lassen. (Lesen Sie hier mehr dazu.)

Rupert ist Grossaktionär der südafrikanischen Muttergesellschaft von Hirslanden, Mediclinic International. Die Gesellschaft ist an der Londoner Börse kotiert. Rupert und Hirslanden mussten sich öffentlich entschuldigen.