Corona-Medienkonferenz des BAG«Im Frühling könnten Delta und Omikron parallel zirkulieren»
Die Fachleute des Bundes informierten über die neue Corona-Variante. Der Liveticker zum Nachlesen.
Das Wichtigste in Kürze:
Das BAG hat Auffrischimpfung ab sofort für alle ab 16 Jahren freigegeben.
Zudem wird nochmals klar zu Impfung aufgerufen: «Wer noch nicht geimpft ist – jetzt unbedingt anmelden», sagte Direktorin Anne Lévy.
Omikron sei unabhängig von den Varianten Alpha und Delta entstanden, erklärte Tanja Stadler, Präsidentin der Covid-Task-Force.
Diese Mutationen könnten dazu führen, dass auch Geimpfte und Genesene einen tieferen Schutz haben.
Grundsätzlich dürfe die neue Variante «nicht vom aktuellen Problem der Delta-Variante ablenken».
Omikron habe aber das Potenzial, den weiteren Verlauf der Pandemie zu prägen, sagte Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung.
Kantone könnten weitere Massnahmen beschliessen, etwa eine Ausweitung der Maskenpflicht, verstärkte Massnahmen an Schulen oder auch repetitive Tests, sagte Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte.
Ausgangslage:
Aus immer mehr Ländern sind in den vergangenen Tagen Ansteckungen mit der neuen Coronavirus-Variante Omikron gemeldet worden.
In der Schweiz gibt es einen ersten Verdachtsfall auf die gemäss ersten Informationen hochansteckende Omikron-Mutation.
Wie die Schweiz und andere Länder auf die Entwicklung bisher reagiert haben, lesen Sie in unserer Übersicht zum Thema: Was bisher über Omikron bekannt ist
Ende
Die Pressekonferenz ist beendet. Vielen Dank für Ihr Interesse. Sehen Sie hier die Zusammenfassung der Pressekonferenz:
Frage: Braucht es wieder mehr Einschränkungen?
Laut Taskforce-Chefin Tanja Stadler, sei es aktuell wichtig, die Kontakte möglichst zu reduzieren, auch wenn nun die Vorweihnachtszeit komme. Schwierig seien insbesondere Weihnachtsessen, wo man keine Masken tragen könne. Da werde es vermehrt zu Ansteckungen kommen, wenn man die Anlässe nicht reduziere.
Momentan sei «sicher nicht der beste Zeitpunkt, privat Riesenpartys zu feiern.» Privat fühle man sich eher sicher, «aber das ist eine falsche Sicherheit».
Frage: Nützt die Impfung noch?
Die Experten des Bundes haben während der Pressekonferenz mehrfach dazu aufgerufen, sich impfen zu lassen. Geimpfte Personen sollten sich zudem für eine Booster-Impfung anmelden.
«Es ist wirklich wichtig, dass wir im Moment Delta bekämpfen», sagt Anne Lévy. «Die Impfung hilft, die fünfte Welle zu durchbrechen. Dadurch sind wir auch besser gegen eine weitere Welle mit einer neuen Mutation geschützt.»
Taskforce-Präsidentin Tanja Stadler ergänzt, dass eine dritte Impfung viel mehr Antikörper im Körper bilden würde. «Dies hilft grundsätzlich auch, eine Ansteckung mit Omikron zu bekämpfen.»
Frage: Müssen wieder Einschränkungen im Sport eingeführt werden?
In der Schweiz werden Geisterspiele erneut zum Thema. Der Bundesrat werde diese Frage sicher bald beraten, sagte Anne Lévy, Direktorin des Bundesamtes für Gesundheit (BAG), am Montag vor den Medien auf die Frage einer Journalistin.
Klar sei eines, sagte Lévy: «Je weniger Leute sich treffen, desto besser. Und wenn man sich trifft, dann mit Maske.» Viele Kantone hätten ja bereits vorgeschlagen, dass gerade in Stadien wieder Masken getragen werden müssten. «Ich halte das persönlich für einen sehr guten Entscheid.»
Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte, fügte an, dass Ansteckungen offenbar eher bei kleineren Veranstaltungen und im Amateurbereich stattfänden. Dies zeigten die Erfahrungen aus dem Contact Tracing.
Gleichzeitig seien nur sehr wenige Fälle von Ansteckungen bei grösseren Sportveranstaltungen bekannt. Offenbar funktionierten dort die Schutzkonzepte, und die Disziplin sei vorhanden.
Frage: Gibt es strengere Quarantäneregeln bei Omikron?
«Der aktuelle Verdachtsfall befindet sich in Isolation. Zudem sind alle Kontaktpersonen in Quarantäne – auch die Genesenen und Geimpten», antwortet Anne Lévy. «In diesem Sinn ist das aktuelle Vorgehen eine Verschärfung der Quarantäneregeln.»
Frage: Muss der Flugverkehr eingeschränkt werden?
Laut einer Journalistin ist die WHO aktuell noch zurückhaltend, wenn es daarum geht, Flugrouten zu streichen. Prescht die Schweiz mit den Massnahmen zu schnell vor?
«Es geht nun darum, die Ausbreitung von Omikron in der Schweiz zu verlangsamen und Zeit zu gewinnen», antwortet BAG-Direktorin Anne Lévy. «Wir müssen versuchen, den Frühling zu retten.»
Patrick Mathys fügt hinzu, dass man wertvolle Zeit gewinne, wenn man einen Flug mit 10-20 Omikron-Fällen verhindere.
Frage: Könnte Omikron die Delta-Variante verdrängen?
«Es gibt in der Schweiz aktuell noch zu wenig Fälle von Omikron, um das beurteilen zu können», antwortet Tanja Stadler. In den betroffenen Regionen Südafrikas hätten sich bisher vor allem jüngere Menschen mit der Virus-Variante infiziert. Die Krankheitsverläufe mit der neuen Mutation müssten nun genau beobachtet werden.
Frage: Sind die Testzentren bereits jetzt ausgelastet?
Nun beginnt die Fragerunde. Ein Journalist möchte von Rudolf Hauri wissen, ob die Testkapazitäten aufgrund der hohen Fallzahlen bereits ausgelastet sind.
«Die Testkapazitäten sind nicht am Anschlag», antwortet Hauri. Das Problem bestehe eher bei der Auwertung der Proben. «Falls die Testkapazität weiter ansteigt, müssen sich die Kantone untereinander absprechen und koordiniert vorgehen.»
Wartezeiten für die Testresultate seien unschön, aber nicht die Regel. «Wir wollen natürlich, dass die Patienten ihre Ergebnisse so schnell wie möglich erhalten», so Hauri.
Kantone könnten Massnahmen verschärfen
Nun kommt Rudolf Hauri zu Wort. Auch der Präsident der Kantonsärzte spricht von einer unerfreulichen Entwicklung der Lage.
Das Contact-Tracing in den Kantonen laufe aufgrund der Infektionen mit der Delta-Variante aktuell auf Hochtouren. «Nun steigt der Aufwand mit den Auswertungen der Passagierlisten von Flügen wegen der Omikron-Mutation an», so Hauri. Deshalb würden die Kantone in den kommenden Tage wohl weitere Massnahmen ergreifen. «Denkbar sind eine Ausweitung der Maskenpflicht auf Innenräume, verstärkte Massnahmen an Schulen und repetitives Testen an Veranstaltungen.»
Es sei nun ein «zügiges Vorgehen» angesagt. Die Lage in den Spitälern sei «nicht dramatisch», aber belastend, sagte Hauri. Es seien aber teils Verlegungen von Patientinnen und Patienten nötig. Eine Schaffung von mehr Spitalkapazitäten sei nur über die Reduktion von Eingriffen oder bei Abstrichen bei der Behandlungsqualität möglich.
«Die neue Variante darf nicht vom aktuellen Problem der Delta-Variante ablenken»
Wissenschaftler seien nun daran, Omikron-Infizierte in Südafrika zu beobachten, erläutet Stadler weiter. «Erste Resultate erwarten wir in einigen Tagen.»
In der Schweiz gehe nun darum, mit gezielten Massnahmen Zeit zu gewinnen. Möglich sei dies durch die Steuerung der Reisetätigkeit sowie über Quarantäne und Tests für Reiserückkehrer aus bestimmten Gebieten, so Stadler. Zudem könnten erste Übertragungsketten mit speziellen PCR-Tests und sorgfältiger Kontaktverfolgung durchbrochen werden.
«Die neue Variante darf aber nicht vom aktuellen Problem der Delta-Variante ablenken», sagt Stadler bestimmt. «Auch wenn die neue Mutation in der Schweiz bereits zirkulieren würde, wird Delta bis zu den Weihnachten dominierend bleiben.»
Umso wichtiger sei es, möglichst viele Kontakte zu vermeiden und sich ein drittes Mal impfen zu lassen. Der Booster (Auffrischimpfung) werde auch dann hilfreich sein, wenn sich zeigen sollte, dass Omikron den Immunschutz bei Geimpften und Genesenen wenigstens teilweise umgehe.
«Omikron scheint einen Vorteil gegenüber Delta zu haben»
Auch Tanja Stadler, die Präsidentin der Covid-Task-Force, kommt nun auf die verschiedenen Mutationen von Covid-19 zu sprechen. Laut Stadler haben sich in der Schweiz bis anhin zwei besorgniserregende Varianten des Coronavirus verbreitet: Alpha und Delta.
Delta habe zum Beispiel zu einer Verdoppelung der Fallzahlen «innert einer Woche» geführt. «Omikron ist unabhängig von den Varianten Alpha und Delta entstanden. Die Virus-Variante weist rund 30 Mutationen im Stachelprotein auf. Einige dieser Mutationen könnten dazu führen, dass auch Geimpfte und Genesene einen tieferen Schutz gegen diese Corona-Variante haben», so Stadler.
Omikron habe sich rasch in verschiedenen Regionen Südafrikas ausgebreitet, wohingegen Infektionen mit der Delta-Variante in den betroffenen Regionen nicht so schnell angestiegen seien. «Omikron scheint deshalb einen Vorteil gegenüber Delta zu haben.»
«Omikron hat bedeutendes Potenzial, den weiteren Verlauf der Pandemie zu prägen»
«Omikron hat bedeutendes Potenzial, den weiteren Verlauf der Pandemie zu prägen», sagt Patrick Mathys zusammenfassend. Die Virus-Variante trübe die Aussicht auf die kommenden Wochen und Monate zusätzlich. «Die Situation ist jetzt schon kritisch, aber Omikron könnte sie noch verschärfen. Wir stehen erneut an einem Punkt der Pandemie, der für alles Weitere entscheidend sein könnte», schliesst Mathys sein Statement ab.
«Omikron zeichnet sich durch eine ungewöhnlich hohe Zahl an Mutationen aus»
Nun spricht der BAG-Experte auch die neue Virus-Variante an. Verlässliche Aussagen zu Omikron seien aktuell kaum möglich, da die Datenlage sehr dünn sei, sagt Mathys. «Omikron zeichnet sich aber bereits jetzt durch eine ungewöhnlich hohe Zahl an Mutationen aus. Das lässt vermuten, dass Omikron leicht übertragbar ist.»
Unklar sei allerdings, ob die Übertragbarkeit sogar noch höher ist als bei der Delta-Variante und wie stark die Impfung von einer Infektion mit Omikron schützt. Denn von einer «Immun-Evasion» könnten auch Geimpfte betroffen sein.
«Es besteht das Risiko, dass die Omikron-Variante unser Immunsystem besser umgehen kann als die anderen Varianten», sagt Mathys. Die Experten gehen davon aus, dass in den nächsten zwei bis drei Wochen mehr Daten zur Virus-Variante vorliegen.
«Für die Delta-Variante ist der letzte Vorhang noch nicht gefallen»
Nun übernimmt Patrick Mathys das Wort. «Es ist ein neuer Akteur auf die Bühne der Pandemie gekommen, der den weiteren Verlauf massgeblich verändern könnte», sagt Mathys. «Gleichzeitig ist aber für die Delta-Variante der letzte Vorhang ganz bestimmt noch nicht gefallen.»
Der Experte des BAG gibt einen Überblick über die aktuelle Corona-Lage in der Schweiz. Das Ausmass der fünften Welle sei besorgniserregend. Die 14-Tage-Inzidenz sei auf 989 Fälle pro 100'000 Einwohnerinnen und Einwohner gestiegen. «Rund 60 Personen landen wegen Corona täglich im Spital», erklärt Mathys. Die Intensivplätze seien in der Schweiz aktuell zu rund 77 Prozent belegt. Insgesamt befinden 219 Corona-Patienten auf den Intensivstationen. Damit sei ein Viertel der Plätze durch Corona-Infizierte belegt.
«Die neuesten Trend-Berechnungen weisen nach wie vor auf eine Intensivierung des Infektionsgeschehens hin», sagt Mathys. Derzeit sei das Virus vor allem bei der jüngeren Generation weit verbreitet. Konkret bei Menschen zwischen 10 bis 19 Jahren.
«Im Frühjahr könnten Delta und Omikron parallel zirkulieren»
Anne Lévy ruft die Bevölkerung deshalb erneut auf, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen: «Im Frühjahr besteht die Möglichkeit, dass die beiden Virus-Varianten Delta und Omikron in der Schweiz parallel zirkulieren. Wer noch nicht geimpft ist – jetzt unbedingt anmelden zum Impfen.»
Auch die Auffrischimpfung sei für Menschen, deren zweite Impfung über 6 Monate her ist, sehr sinnvoll. Über 350'000 Menschen in der Schweiz hätten den Booster schon erhalten, sagt Lévy.
«Bisher haben wir einen ersten wahrscheinlichen Fall von Omikron»
«Bisher haben wir einen ersten wahrscheinlichen Fall von Omikron in der Schweiz», so Lévy. Die betroffene Person sei aus Südafrika eingereist. Sie befinde sich in Isolation, die Kontaktpersonen sind in Quarantäne.
«Wir befinden uns aktuell noch in der Abklärung. Morgen sollten wir jedoch mit Sicherheit wissen, ob es sich bei der betroffenen Person tatsächlich um eine Infektion mit der neuen Mutation handelt.»
Auch wenn es sich bei dem Verdachtsfall nicht um eine Infektion mit der neuen Variante handeln würde, sei es nicht möglich, die Mutation «für immer aus der Schweiz herauszuhalten». Aber die Schweiz könne die fünfte Welle mit gezielten Massnahmen schwächen.
Booster ab 16 Jahren erhältlich
Ab sofort sind Auffrischimpfungen in allen Kantonen für Personen ab 16 Jahren erhältlich, sagte BAG-Direktorin Anne Lévy vor den Medien: «Wichtig ist zurzeit, dass wir die 5. Welle der Ansteckungen brechen, die durch die Delta-Variante verursacht wird», sagte Lévy. Die Auffrischimpfung wirke gegen die Delta-Variante.
Einreise-Quarantäne
Die Pressekonferenz beginnt. Anne Lévy übernimmt als Erste das Wort. «In den vergangenen Wochen ist die Anzahl der Neuinfektionen, Hospilisationen und Todesfällen gestiegen», sagt die Direktorin des BAG. Die Lage habe sich in den vergangenen Tagen durch das Aufkommen der Omikron-Mutation verschärft.
Deshalb habe die Schweiz für Länder, die bereits Fälle der neuen Virus-Variante aufweisen, eine Einreise-Quarantäne eingeführt. Lévy verweist auf die Quaranäne-Liste des Bundes, die regelmässig aktualisiert werde.
Quartett ist anwesend
Die Fachleute des Bundes sind heute an der Medienkonferenz gefordert. Man kann davon ausgehen, dass sie mit vielen Fragen konfrontiert werden. Folgende Personen geben heute in Bern Auskunft:
Anne Lévy, Direktorin BAG
Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit, BAG
Tanja Stadler, Präsidentin, National COVID-19 Science Task Force
Rudolf Hauri, Kantonsarzt Zug, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte VKS
Biontech hat mit Entwicklung eines Impfstoffes begonnen
Der deutsche Impfstoffentwickler Biontech hat mit der Entwicklung eines Vakzins gegen die Omikron-Variante des Coronavirus begonnen. Das sei Teil des Standardvorgehens bei neuen Varianten, teilte das Unternehmen am Montag mit.
«Die ersten Schritte bei der Entwicklung überschneiden sich mit den nötigen Untersuchungen, ob überhaupt ein neuer Impfstoff nötig ist.» Derzeit ist noch unklar, ob die aktuellen Corona-Impfstoffe auch vor der neuen Variante schützen.
//aru/fal
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