Volle Intensivstationen wegen CoronaWie die Schweiz zu mehr Intensivbetten kommt
Bund und Kantone diskutieren über eine Finanzierung zum Ausbau der Intensivstationen. Vorbild könnte das Krippenprogramm sein.
Sie waren im bisherigen Verlauf der Pandemie entscheidend: die Kapazitäten auf den Intensivstationen. Sie bestimmten mit, wie einschneidend die beschlossenen Massnahmen waren und ob gar Schliessungen nötig wurden. Und die Lage bleibt angespannt.
Seit Beginn der Pandemie sei eine Rückkehr in den Normalmodus nicht mehr möglich gewesen, heisst es etwa beim Berner Inselspital. Die Universitätsklinik konnte im Dezember sogar einen Teil der vorhandenen Intensivbetten nicht mehr betreiben – es fehlte das nötige Personal.
Höhere Arbeitspensen in der Krise
Es sind die Kantone, die dafür zuständig sind, dass die Spitäler genügend Betten haben. Sie planen die Spitalkapazitäten, und sie müssen finanziell dafür geradestehen, wenn es um das Aufrechterhalten von nötigen Behandlungskapazitäten geht. Im Kanton Bern wälzen die Verantwortlichen deshalb Ideen, wie Engpässe behoben werden können.
Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg stellte kürzlich im Interview mit der «SonntagsZeitung» ein mögliches Modell vor: Der Kanton übernimmt die Kosten für zusätzliche Intensivbetten. In Zeiten, in denen diese Betten nicht gebraucht werden, arbeitet das Personal bei vollem Lohn etwas weniger. Werden die Betten gebraucht, wird die Arbeitszeit erhöht. «Wir hätten so genügend Kapazitäten, und das Personal wäre in normalen Zeiten etwas entlastet», sagte Schnegg. Das sei gerechtfertigt, weil die Arbeit auf den Intensivstationen sehr viel abverlange. Allerdings: Der Aufbau eines solchen Modells braucht Zeit. Die Idee sei in Abklärung, heisst es bei der bernischen Gesundheitsdirektion. Man müsse sie auf verschiedenen Ebenen prüfen.
Albert Rösti (SVP) zeigt sich gegenüber Ideen zur Bundesfinanzierung von Intensivplätzen zurückhaltend.
Auch der Bundesrat will die Intensivstationen aufstocken und dazu den Kantonen finanziell unter die Arme greifen, wie Gesundheitsminister Alain Berset Mitte Dezember sagte. Sein Departement und das Finanzdepartement von Ueli Maurer prüften, wie der Bund die Kantone beim Aufbau von Intensivpflegeplätzen unterstützen könne. Zur Diskussion steht eine Art Anschubfinanzierung durch den Bund, wie sie heute schon für den Aufbau von Krippenplätzen existiert. Dies wäre ein mögliches Fördermodell, das als mittelfristiger Anreiz zu prüfen sei, sagt Michael Jordi, Generalsekretär der Konferenz kantonaler Gesundheitsdirektoren (GDK).
Wird das Modell der Krippenfinanzierung übernommen, bedeutet das: Die Kantone verpflichten sich auf eine gewisse Anzahl zusätzlicher Plätze und erhalten dafür Bundesgelder. Langfristig müssten die Kantone die erhöhten Kapazitäten dann selber finanzieren.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Erste Gespräche zwischen den Kantonen und dem Bund über den kurzfristigen Ausbau der Intensivpflege-Kapazitäten und darüber, wie in Zukunft Bedarfsspitzen abgedeckt werden, haben bereits stattgefunden.
Allerdings gibt es einige offene Fragen – etwa jene, wie und ob überhaupt die nötigen Kapazitäten definiert werden können. Denn: Waren im bisherigen Verlauf der Pandemie vor allem die Plätze auf den Intensivstationen knapp, so könnte mit Omikron nun die Kapazität der Bettenstationen entscheidend werden. Dies, falls sich bestätigt, dass die neue Virusvariante tatsächlich weniger sehr schwere Krankheitsverläufe verursacht, aber wegen der hohen Fallzahlen dennoch viele Patientinnen und Patienten Spitalpflege brauchen.
Die zentrale Frage ist deshalb, für welche künftige Gesundheitskrise die Kapazitäten mittel- und langfristig aufgebaut werden sollen. Das Parlament hat die Kantone im Dezember mit dem Covid-Gesetz explizit dazu verpflichtet, für die Pandemie die nötigen Reserven bereitzustellen und zu finanzieren. Das Gesetz verlangt, dass sich die Kantone dazu mit dem Bund absprechen. Die Kantone, vertreten durch die GDK, werden dazu nächste Woche in der nationalrätlichen Gesundheitskommission angehört.
Kommissionspräsident Albert Rösti (SVP) zeigt sich gegenüber Ideen zur Bundesfinanzierung von Intensivplätzen allerdings zurückhaltend. Der entscheidende Faktor für deren Aufbau sei das Personal. Deshalb müssten innovative Ideen entwickelt werden, wie mit attraktiven Arbeitsbedingungen jene Intensivpflegekräfte zurückgeholt werden könnten, die in den letzten Monaten und Jahren ausgestiegen seien.
Für die Kantone steht im Moment nicht die Definition einer bestimmten Zahl von Intensivplätzen im Vordergrund. Vielmehr müssten die Möglichkeiten zur zeitweiligen Erhöhung der Kapazitäten ausgeschöpft werden, sagt GDK-Generalsekretär Jordi. Bis neue Modelle greifen könnten, bleibe den Spitälern nur, nicht dringliche Eingriffe zu verschieben, Personal aus anderen Stationen zur Unterstützung herbeizuziehen und zu versuchen, Personal zurückzugewinnen, das in andere Arbeitsbereiche gewechselt habe.
Auch müssten alle Spitäler in das Covid-Versorgungssetting einbezogen werden. Bei Verlegungen müssten die entsendenden Spitäler verpflichtet werden, nach der intensivmedizinischen Behandlung Patienten wieder zurückzunehmen. Heute zeigten sie dafür teilweise wenig Interesse.
Fehler gefunden?Jetzt melden.