Die Erfindung der SchneekanoneWettermacher wider Willen
Die technische Kälteproduktion ist schwierig. Mitte des 19. Jahrhunderts tüftelte ein Arzt am Vorläufer der heutigen Klimaanlagen, die ersten Beschneiungsanlagen folgten erst hundert Jahren später.
Am Anfang der Erfolgsgeschichte stand ein Misserfolg. In den Vierzigerjahren untersuchte in Kanada Ray Ringer die Eisbildung an Flugzeugen. In einer Kältekammer wurde ein Triebwerk mit Wassertröpfchen besprüht. Das Ergebnis war haufenweise Schnee, der aus dem Labor geschaufelt werden musste.
An Schnee waren die Forscher nicht interessiert. In den USA dagegen dachte der Skihändler Wayne Pierce in Milford (Connecticut) ans Geschäft mit Kunstschnee. Schneearme Winter hatten das Interesse des Publikums erlahmen lassen, Schnee musste her. Mit einem Gartenschlauch und einem Kompressor tüftelte Pierce ganz unwissenschaftlich. Er erhielt 1950 ein US-Patent. Da Ray Ringer seine Erkenntnisse schon früher publiziert hatte, kam die Priorität aber diesem zu.
Amerikanische Unternehmen bauten ab den 1950er-Jahren Schneekanonen, und davon erfuhr man auch in der Schweiz. In Urnäsch AR experimentierte Hans Schoch mit der Schneeherstellung. 1978 wurde dort eine erste Schneekanone beschafft. Schneearme Winter gab es in der Folge immer wieder, immer mehr Schneekanonen wurden nötig. Kritik wurde laut, Strom- und Wasserverbrauch und die Folgen für die Natur wurden diskutiert. Gross war die Aufregung in Österreich, als es gerüchteweise hiess, es sei geplant, Pisten wie Kunsteisbahnen mit Kühlrohren zu versehen, um den Schnee lange zu erhalten.
Die Herstellung von Kälte ist schwieriger als die Herstellung von Wärme. 1845 erfand der Arzt John Gorrie in Florida eine Vorrichtung, um Patientenzimmer zu kühlen. Seine Anlage war kein kommerzieller Erfolg, aber der erste Schritt zur heutigen klimatisierten Arbeits- und Wohnwelt.
In England wird der erste grosstechnische Kryospeicher gebaut
Andere Erfinder brachten effiziente Eismaschinen auf den Markt. Besonders interessiert waren die Brauereien, denn die Herstellung untergäriger Biere (z.B. Pils oder Lager) war im Sommer nur schwer oder gar nicht möglich, manchmal sogar verboten. Mit der künstlichen Kälte hatten die Menschen dem Wetter ein Schnippchen geschlagen.
Versuche, Regen zu machen oder Hagel zu stoppen, endeten dagegen mit unsicheren Erfolgen. Jérôme Kasparian von der Universität Genf probiert es heute mit Laser. Menschliche Aktivitäten hatten bisweilen katastrophale Folgen für das Wetter. Die riesigen Sandstürme, die in den 1930er-Jahren die Great Plains der USA heimsuchten, waren eine Folge davon, dass die grasbewachsene Prärie zu Ackerland umgepflügt worden war.
Eis ist heute ein Thema bei den Windkraftanlagen. Vereisung kann die Stromproduktion stören, der Eiswurf von den Rotorblättern, die an der Spitze 300 Kilometer pro Stunde erreichen, ist gefährlich. Am anderen Ende des Systems liegt der Speicher. In England wird der erste grosstechnische Kryospeicher gebaut. Überschussstrom eines Windkraftwerks soll dazu benutzt werden, flüssige Luft auf minus 196 Grad zu kühlen. Wird sie wieder aufgewärmt, dehnt sie sich um das 700-fache aus und treibt eine Turbine an. Von der eiskalten Technik versprechen sich die Ingenieure einen idealen Puffer für unregelmässig anfallende Energie.
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