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Neuer Streit um Firmensteuern
Wer von einem umstrittenen Steuererlass am meisten profitieren würde

Die Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueline Badran bekämpft die Abschaffung der Emissionsabgabe. Es gebe keinen Grund dafür, sagt sie.
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In wenigen Monaten wird das Stimmvolk voraussichtlich über die Abschaffung der Emissionsabgabe entscheiden, gegen welche die Linke das Referendum ergriffen hat. Die Abgabe, die auf Transaktionen von inländischen Beteiligungsrechten erhoben wird, bringt dem Bund einen Ertrag von jährlich 250 Millionen Franken ein. Das Parlament entschied im Sommer, darauf zu verzichten. Die Abgabe sei nicht mehr zeitgemäss, argumentieren die bürgerlichen Parteien und der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse. Und: Mit der Abschaffung könne die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der KMU gefördert werden.

Firmen müssen die Emissionsabgabe entrichten, wenn sie das Eigenkapital erhöhen – zum Beispiel für die Firmengründung, die Finanzierung von Investitionen oder bei finanziellen Schwierigkeiten. Die Abgabe beträgt ein Prozent dieses Kapitals, mit einer Freigrenze von einer Million Franken. Im Fall von Sanierungen beträgt die Freigrenze 10 Millionen Franken.

«Grundsätzlich nicht in Ordnung»

Aus Sicht von Economiesuisse ist eine solche Abgabe schädlich. «Wenn der Staat an der Kapitalisierung von Unternehmen verdient, so ist dies grundsätzlich nicht in Ordnung», schreibt der Dachverband. Er argumentiert aber auch mit der Corona-Krise: Nach Verlusten müssten viele Firmen gerade jetzt ihr Eigenkapital aufstocken.

Die Linke hält dagegen, von der Abschaffung würden nicht KMU, sondern vor allem Grosskonzerne und Finanzunternehmen profitieren. Und diese seien in der Schweiz ohnehin schon vergleichsweise tief besteuert. Seit Jahrzehnten würden die Steuern für Unternehmen sinken, während Steuern und Abgaben auf Arbeitseinkommen stiegen.

Grosskonzerne zahlen über die Hälfte

Zahlen des Bundes zeigen nun, wie sich die Erträge aus der Emissionsabgabe zusammensetzen. In seiner Antwort auf eine Interpellation der Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueline Badran hat der Bundesrat sie aufgeschlüsselt. Demnach stammt ein grosser Teil der Erträge von Grosskonzernen: Um die 60 Grosskonzerne bezahlen über die Hälfte der Emissionsabgaben.

Im Jahr 2018 trugen die Grossen gar mehr als zwei Drittel zu den Erträgen bei: 57 Unternehmen bezahlten total 180 Millionen, während die restlichen 2179 Unternehmen für 81 Millionen aufkamen. 2020 waren es 55 Unternehmen, die 99 Millionen von total 192 Millionen beitrugen.

«Es ist nicht einsichtig, weshalb eine Kapitaltransaktion nicht besteuert werden soll, während jemand, der ein Gipfeli kauft, Steuern darauf zahlen muss.»

Jacqueline Badran, SP-Nationalrätin

Doch fallen die Beträge für KMU nicht dennoch ins Gewicht? Ist die Abgabe für Start-ups kein Hindernis? Jacqueline Badran, selbst Inhaberin eines KMU, verneint. Sie weist auf die Freigrenze von einer Million Franken hin. «Von den über 600’000 Unternehmen in der Schweiz gibt es, wie die Zahlen zeigen, nur ganz wenige, die einen Eigenkapitalbedarf von über einer Million Franken haben», sagt sie. Und wenn ein KMU das Eigenkapital um über eine Million aufstocke, dann falle ein Betrag von einigen Tausend Franken angesichts der übrigen Kosten – etwa der Lohnsumme für 100 Angestellte von monatlich weit über einer Million Franken – wohl kaum ins Gewicht.

«Es gibt überhaupt keinen Handlungsbedarf, die älteste Steuer der Schweiz abzuschaffen», sagt Badran. Bei der Abschaffung der Emissionsabgabe gehe es bloss um zusätzliche leistungsfreie Gewinne für Grosskonzerne. Die Einnahmen würden dem Staat fehlen, und dafür müsse jemand aufkommen: die normalen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. «Es ist nicht einsichtig, weshalb eine Kapitaltransaktion nicht besteuert werden soll, während jemand, der ein Gipfeli kauft, Steuern darauf zahlen muss.»

Ein weiteres Rädchen der Salami

Dass SP, Grüne und Gewerkschaften die Abschaffung der Emissionsabgabe bekämpfen, hat auch mit vergangenen und künftigen Steuerprojekten zu tun. Sie wollen damit ein Zeichen setzen gegen eine generelle Tendenz, das Kapital zulasten der Arbeitseinkommen zu begünstigen. Bei der Abschaffung der Emissionsabgabe handle es sich nur um ein Rädchen einer langen Salami, sagt Badran. Diese sei aber nach den unzähligen Reformen seit den 1990er-Jahren – gerade auch der Stempelsteuer – ohnehin schon sehr kurz.

Weitere kostspielige Reformen sind bereits aufgegleist, darunter die Reform der Verrechnungssteuer, die Abschaffung der Industriezölle und die Abschaffung des Eigenmietwerts. Bei den Stempelsteuern allerdings ist das Parlament vorerst auf die Bremse getreten: Ursprünglich war eine Abschaffung aller restlichen Stempelsteuern in drei Schritten geplant. Den ersten neuen Schritt – die Abschaffung der Emissionsabgabe – beschloss das Parlament im Juni. Den dritten Schritt hat die Wirtschaftskommission vor kurzem beerdigt. Er hätte zu Steuerausfällen von jährlich 1,8 Milliarden Franken geführt.

Über den zweiten Schritt mit Steuerausfällen von rund 220 Millionen Franken wird der Nationalrat in der Herbstsession befinden, voraussichtlich am 30. September. Dagegen stellen sich aber nicht nur SP und Grüne, sondern auch die GLP und Die Mitte. «Alles können wir uns jetzt nicht leisten», sagt Mitte-Vertreter Leo Müller. Neben der finanziellen Lage im Zusammenhang mit Corona nennt er noch einen anderen Grund: Auf den zweiten Schritt solle verzichtet werden, um den ersten nicht zu gefährden – jenen, über den das Stimmvolk befinden wird. Die Linke geht davon aus, dass die Pläne für Schritt zwei und drei nach der Abstimmung wieder ausgegraben werden.