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Republikaner im Klammergriff
Wer Trump kritisiert, muss mehr als dessen Zorn fürchten

Das Impeachment läuft bisher gut für ihn: Ex-Präsident Donald Trump kann sich vorderhand zurücklehnen. 
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Von Donald Trump hat man in den vergangenen Tagen wenig gehört. Wobei «wenig» noch übertrieben ist. Es gab ein paar Medienberichte über Donald Trump. Bei CNN hiess es, er habe einmal vor Wut über den Auftritt seiner Anwälte im Impeachment-Prozess «fast den Fernseher angebrüllt». Aber von Donald Trump hat man in dieser Woche, in der die Demokraten im Senat ihre Anklage wegen «Anstiftung zum Aufstand» gegen ihn vorgetragen haben, eigentlich nichts gehört – kein Wort, keine Silbe, keinen Mucks.

Das lag nicht nur daran, dass der frühere US-Präsident nicht mehr twittern darf. Es hätte für Trump durchaus andere Möglichkeiten gegeben, sich öffentlich zum zweiten Impeachment zu äussern, dem er sich binnen eines Jahres stellen musste. Trump hätte bei seinem Freund Sean Hannity anrufen können, der jeden Abend eine Show bei Fox News moderiert.

Er hätte Presseerklärungen über sein Büro herausgeben können. Oder er hätte sich einfach in die Einfahrt seines Golfresorts Mar-a-Lago in Palm Beach, Florida, stellen können, wo er jetzt lebt. Da wären jede Menge Journalisten gekommen.

Allerdings wäre es ein Fehler, aus Trumps Stille zu schliessen, er habe in der Partei nichts mehr zu sagen. Eher ist das Gegenteil der Fall. Die meisten politischen Beobachter sind der Ansicht, dass Trump die Republikaner trotz seiner Wahlniederlage und seiner Mitschuld am Sturm auf das Kapitol weiter eisern im Griff hat.

Aufstand verlief recht schnell im Sand

Das sah kurz nach dem 6. Januar anders aus. Etliche republikanische Abgeordnete und Senatoren, die bis dahin treu zu Trump gehalten hatten, sei es aus Überzeugung oder Opportunismus, schienen nach der Gewalt im Kapitol bereit zu sein, mit dem abgewählten Präsidenten zu brechen. «Mir reicht's. Genug ist genug», sagte der republikanische Senator Lindsey Graham, nachdem er vor dem von Trump aufgehetzten Mob hatte fliehen müssen.

Der republikanische Fraktionsführer im Senat, Mitch McConnell, liess an die Medien streuen, dass er eventuell bereit sein könnte, in einem Impeachment-Prozess für die Verurteilung Trumps zu stimmen. Im Repräsentantenhaus stellten sich zehn Abgeordnete gegen den Präsidenten und votierten mit den Demokraten für das Impeachment, unter ihnen die Nummer drei der Fraktionsführung, Liz Cheney.

Doch die Meuterei gegen Trump, so es denn überhaupt eine echte war, verlief relativ schnell im Sand. Graham ist längst wieder auf Linie. Die Videos von der Gewalt und dem Chaos, die die Demokraten gezeigt hätten, um ihre Anklage zu belegen, seien von vielen republikanischen Senatoren als «anstössig und absurd» empfunden worden, kritisierte er am Donnerstag in einem Tweet. Auch McConnell votierte, nachdem er damit kokettiert hatte, Trump zu verurteilen, gleich zwei Mal gegen die Fortsetzung des Impeachment-Verfahrens, weil dieses verfassungswidrig sei.

Standhaft geblieben ist nur Liz Cheney. Sie kritisiert Trump weiterhin scharf und warnt die Partei davor, sich an ihn zu ketten. «Wir sollten uns nicht mit dem ehemaligen Präsidenten gemein machen», sagte sie vor einigen Tagen in einem Interview.

Cheney sprach damit allerdings auch das zentrale Problem an, mit dem Trumps Gegner unter den Republikanern zu kämpfen haben. Trump hat vor allem deswegen Einfluss auf die Partei, weil sich die Partei ihm ganz und gar ergeben hat. Es gibt zwar einzelne Dissidenten in Washington und in den Bundesstaaten. Doch insgesamt ist die Partei bis hinunter in die Ortsverbände vom Trumpismus infiziert. Trump hält die Partei umklammert. Aber der grösste Teil der Partei fühlt sich in dieser Umklammerung sehr wohl.

Wie das in der Praxis aussieht, musste Cheney, die den Bundesstaat Wyoming im Repräsentantenhaus vertritt, vor zwei Wochen erleben. Da reiste ihr Parlamentskollege und Parteifreund Matt Gaetz, ein beinharter Trump-Getreuer aus Florida, nach Wyoming und attackierte die heimische Abgeordnete bei einer Kundgebung vor Hunderten Zuhörern scharf. Wyoming solle doch lieber eine echte Republikanerin nach Washington schicken, schimpfte Gaetz.

Der Zorn der Basis

Für Liz Cheney könnte das Votum gegen Trump das Ende ihrer politischen Karriere bedeuten. Es gibt bereits mehrere Republikaner, die ihr bei der nächsten parteiinternen Vorwahl die Parlamentskandidatur streitig machen wollen. Donald Trump Jr., der an der Parteibasis beliebte Sohn des ehemaligen Präsidenten, hat angekündigt, er werde dann Wahlkampf gegen Cheney machen.

Auch andere Republikaner, die Kritik an Trump wagen, bekommen den Zorn der Parteibasis zu spüren. Ein guter Teil jener Abgeordneten und Senatoren, die für das Impeachment gestimmt haben, wurden von den Parteiverbänden in ihren Heimatstaaten umgehend gerügt. Zuletzt erwischte es Senator Bill Cassidy aus Louisiana.

Er hatte am Dienstag als einer von sechs Republikanern mit den Demokraten dafür gestimmt, dass der Impeachment-Prozess verfassungsgemäss ist und fortgesetzt werden soll. Die Republikanische Partei in der Hauptstadt Baton Rouge nannte das «einen Verrat am Volk von Louisiana und eine Zurückweisung all jener, die Präsident Trump unterstützen».

Für republikanische Politiker gibt es daher wenig zu gewinnen, wenn sie sich gegen Trump stellen. Eher bringen sie sich dadurch in Gefahr. Einer aktuellen Umfrage zufolge sagen fast 70 Prozent aller republikanischen Wähler, dass sie nicht für einen Kongresskandidaten stimmen wollten, der für Trumps Verurteilung votiert hat.

Unterm Strich ist allenfalls eine knappe Mehrheit der Amerikaner dafür, Trump in dem Prozess schuldig zu sprechen, selbst wenn sie ihm eine Mitschuld an der Gewalt im Kapitol geben. Die grosse Mehrheit der republikanischen Parteianhänger hält weiter zu Trump – acht von zehn laut einer neuen Erhebung der Nachrichtenagentur Reuters.

Bei solchen Zahlen kann sich Donald Trump zurücklehnen und warten, bis das Impeachment vorbei ist. In aller Ruhe.