Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Deutschlands Fussballmärchen
Wer, bitte schön, ist denn Heidenheim?

Heisssporn an der Seitenlinie: Frank Schmidt lebt jede Sekunde während der Partien mit.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Es dauert eine Weile, aber irgendwann kommt auch Frank Schmidt an den Punkt, an dem er sich fragt: «Bin ich schuld?»

Zehn Jahre ist er da schon Trainer des Provinzclubs 1. FC Heidenheim, bisher ging es immer steil nach oben – von der 5. bis in die 2. Liga. Nun aber, nach sieben Niederlagen in zehn Spielen, da scheinen Schmidt und Heidenheim entzaubert. So, wie es die Experten zuvor schon prophezeit hatten. Doch diese Krise im Herbst 2017, Schmidts erste als Fussballtrainer, ist nicht etwa sein Untergang, nein, sie ist wichtiger Bestandteil einer märchenhaften Geschichte. Sie führt den 1. FC Heidenheim bis in die Barrage zur 1. Bundesliga gegen den Traditionsclub Werder Bremen – das Hinspiel steigt am Donnerstag um 20.30 Uhr.

Erstmals im Rampenlicht steht der heute 46-jährige Schmidt Mitte 2013, im Dokumentarfilm «Trainer!», da spielt Heidenheim noch in der 3. Liga und verpasst den Aufstieg nur ganz knapp. Es sind tiefe Einblicke in die Arbeit eines Chefcoachs, der auf den ersten Blick nicht so recht wirkt wie einer. Ob in Interviews oder Halbzeitansprachen: Wenn er spricht, senkt er seinen Kopf leicht zur Seite und wirkt so eher wie ein unsicherer Übungsleiter eines Dorfclubs als wie ein erfolgreicher Profitrainer, der mittlerweile dienstälteste Deutschlands.

Bis die Worte aus seinem Mund kommen. Dann wird schnell klar, wieso das Fachmagazin «11 Freunde» in einem Porträt Anfang 2019 den Titel «Der Menschenfänger» gewählt hatte. Der zweifache Familienvater ist gut für klare Ansagen vor Spielen, wie «Die können noch so rumbrüllen, wir hauen die weg». Oder auch in Kennenlerngesprächen mit potenziellen Verpflichtungen: «Ein Spieler muss wissen, dass er von mir ein unverblümtes Feedback bekommt. Er muss wissen, dass Kritik Wertschätzung bedeutet.»

Von 80’000 Euro auf 30 Millionen

Im Herbst 2007 debütiert Schmidt als Heidenheim-Trainer, er ist 33 und trifft in der Oberliga Baden-Württembergs auf Normannia Gmünd. Eigentlich ist er als Übergangslösung gedacht, doch der 2:1-Sieg wird zum Startschuss einer Ära, die bis heute anhält. Gemeinsam mit Clubchef Holger Sanwald formt der in Heidenheim selbst geborene frühere Amateurfussballer ein Team, das vergangene Saison Leverkusen aus dem Cup warf und erst im Viertelfinal gegen Bayern München nach einem 4:5-Spektakel ausschied. Und einen Verein, der sein Budget in 13 Jahren von 80’000 Euro auf fast 30 Millionen steigerte.

In seiner ersten Saison stieg Schmidt mit Heidenheim direkt in die Regionalliga auf, doch auch diese Spielklasse war den Süddeutschen zu klein. Erst in der 3. Liga wurde Heidenheims Höhenflug kurzzeitig gebremst, ehe der Verein aus der 50’000-Einwohner-Stadt am Flüsschen Brenz im Sommer 2014 den Aufstieg in die 2. Bundesliga schaffte.

Lehrreich sei die Zeit in der zweithöchsten Liga Deutschlands bisher gewesen, verrät Schmidt gegenüber «11 Freunde». Beispielsweise hat er den Spielstil seines Teams wieder angepasst. Nachdem es in den ersten 2.-Liga-Jahren eher auf Sicherheit bedacht war, spielt Heidenheim nun wieder den frechen Fussball, den die Fans aus 3.-Liga-Zeiten kennen. Und er kam auch an den Punkt, an dem er seine Kommunikation überdenken musste: «Ich habe gelernt, unschöne Dinge anzusprechen, bei denen ich früher aus Mitgefühl gezögert hätte.»

Ein Tor für die Geschichtsbücher: Dank dem 2:1 in der Nachspielzeit gegen den HSV kletterte Heidenheim auf den Relegationsplatz.

Das musste er bei seiner bislang einzigen Krise, zum Start in die Saison 2017/18 – als bei einer Fan-Umfrage der Grossteil den Trainer als Hauptschuldigen für die Platzierung in den Abstiegsrängen verantwortlich machte. Eine «richtungsweisende» Massnahme sei notwendig gewesen, sagt Schmidt zurückblickend. Was das war, will er für sich behalten, so hatte er es dem Team versprochen. Bekannt ist aber: Es wirkte. Nur eines der nächsten zehn Spiele ging verloren, Heidenheim startete seinen Höhenflug, der mit einer spektakulären Landung in der 1. Bundesliga enden könnte.

Dafür muss wie bereits mehrfach im Cup ein Oberklassiger besiegt werden, passend zu Schmidts Motto: «Die Welt gehört den Mutigen». Und vielleicht schreibt er am Montagabend im Barrage-Rückspiel gegen Bremen ein weiteres Kapitel des Heidenheimer Fussballmärchens. Und falls es dann eine Fan-Umfrage zum Hauptverantwortlichen für ihren Kater am Dienstagmorgen geben sollte, dann spätestens müsste ihm endgültig bewusst sein: «Ja, ich bin schuld.»

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.