Zornige Resonanz auf Sophie PassmannWenn Feministinnen Feministinnen zerlegen
Nach einer Aussage zur Rassismusdebatte in einem Interview wird die Autorin auf Twitter heftig angefeindet. So wird das nichts mit den Anliegen von Frauen.
Der neue Feind des Feminismus ist heute mal: Sophie Passmann. Dazu gleich mehr, aber weil das Wichtige immer vorn stehen soll, zuerst die Dinge, die auch am Dienstag wieder mal warten mussten: Frauen haben 2021 in der Schweiz pro Stunde durchschnittlich 14 Prozent weniger verdient als Männer. Sie leiden sehr viel häufiger an Altersarmut, und laut Prognosen wird sich das Problem künftig noch verschärfen.
Auch, weil es keine Strukturen gibt, die Kindergrossziehen und gleichzeitig Vollzeitarbeiten auch nur ansatzweise ohne Nervenzusammenbrüche möglich machen. Frauen leiden öfter an den Nebenwirkungen von Medikamenten, weil sich Forschung und Dosierung noch immer stark am Mann orientieren. Kommt bei alldem zum Frausein noch Migrantinsein oder Armsein hinzu, sind die Aussichten noch düsterer. Der Netzfeminismus aber war am Dienstag mit Sophie Passmann beschäftigt.
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Die Autorin/Schauspielerin/Podcasterin wird auf Twitter kritisiert, beschimpft und diffamiert, weil sie der Zeitschrift «Annabelle» ein Interview gegeben hat, in dem sie sich anmasst (neben vielen anderen Dingen), über Feminismus zu sprechen. Sie nimmt Bezug auf die These der Essayistin Jia Tolentino, im Internet sei die Repräsentation einer Sache wichtiger als die Sache selbst, und sagt: «Wenn Redaktionen im Namen des Antirassismus eine schwarze Frau zum vermeintlichen Sprachrohr von rassistischen Erfahrungen in Deutschland machen, führt das dazu, dass wieder nur ein Standard reproduziert wird: Wer spricht am lautesten, am funkiesten in ein Interviewmikrofon hinein? Ohne dabei irgendetwas gegen Rassismus getan zu haben.»
Sie hat wenig später um Entschuldigung gebeten für die Missverständlichkeit der Passage, es sei nie ihre Absicht gewesen, «die Daseinsberechtigung Schwarzer Medienschaffender, die sich gegen Rassismus aussprechen», zu schmälern oder zu negieren.
Man hätte diskutieren können, es kam anders
Sophie Passmann hat nicht gesagt, dass irgendjemand nicht sprechen oder gesehen werden soll, sie hat nicht gesagt, dass Aktivismus gegen Rassismus falsch ist. Im Gegenteil. Sie hat eine Aktivismustechnik und deren Instrumentalisierung infrage gestellt. In der zornigen Resonanz aber machte das keinen Unterschied. Man hätte toll mit Sophie Passmann über diese These streiten und Methodenkritik üben können. Auch darüber, wie weisse Feministinnen die Anliegen von Women of Colour besser unterstützen könnten zum Beispiel. Kam anders.
Frauen haben ihr das Talent abgesprochen, ihr unterstellt, sie zementiere patriarchale Strukturen, es wurde gepöbelt und beschimpft, und dann traten auch emsig applaudierende Medienmänner auf, denen man das an der Stelle mal grosszügig verzeihen kann, da sie wirklich gerade Aufmerksamkeit brauchen, zum Beispiel weil sie mal Chefredaktor waren und nun Angst haben, in der Bedeutungslosigkeit abzusaufen (Altersarmut vermutlich dennoch ausgeschlossen).
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Bleibt festzuhalten, dass eine 28 Jahre alte Frau, die gerade als eine von sehr wenigen Comedy-Autorinnen ihren Weg macht, die seit Jahren auf Instagram Empfehlungen für Bücher, Shows, Filme von Menschen aus unterschiedlichen kulturellen und sozialen Kontexten verteilt, das falsche Ziel für den Hass von Feministinnen ist. Eines ist klar: Wenn Feministinnen aufeinander losgehen, gewinnen die Anliegen von Frauen nie.
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