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Kolumne «Fast verliebt»
Wenn dein Trauma deine Beziehungen zerstört

«Der hat mich gar nicht mehr gesehen»: Claudia Schumacher.
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Wenn man seinen Partner mit zu den Eltern schleppt, «dann geht es nicht darum, Menschen, die man liebt, einander vorzustellen, oder?», scherzt die US-Comédienne Taylor Tomlinson: «Es geht darum, den Partner an den Ort des Verbrechens zu führen.» Ihm zu zeigen, «warum man manchmal fies zu ihm ist».

So lustig das im ersten Moment klingt: Tomlinson weiss leider nur zu genau, wovon sie spricht. Die Tiktokerin leidet unter Depressionen, kommt aus einer stickigen christlichen Familie und hat früh ihre Mutter verloren. Kindheitstraumata, die eine Liebesbeziehung belasten können.

Das vielleicht grösste Problem von traumatisierten Menschen ist, dass sie schnell mal die Gegenwart mit der Vergangenheit verwechseln. Dann werden Leute «bestraft», die eigentlich nichts verbrochen haben, und ein Mann schreit seine Partnerin an, obwohl die Frau, die ihn eigentlich verletzt hat, seine Mutter war.

Die Welt der Traumata ist bunt: Aus Mädchen mit Vaterproblemen können Frauen werden, die in Beziehungen unsicher und himmelschreiend eifersüchtig sind. Menschen, die Gewalt erlebt haben, kann es passieren, dass sie später selber gewalttätig werden. Es gibt weniges auf dieser Welt, das Beziehungen dauerhaft so belastet wie ein unverarbeitetes Kindheitstrauma.

In meinem Umfeld droht gerade eine jahrzehntelange Ehe mit Kindern zu zerbrechen: Er ist offenbar nach langem, erfolgreichem Wegdrücken von seiner Scheisskindheit eingeholt worden. Die Folge: eine schwere Depression. Aber anstatt sich zu stellen und den erlebten Missbrauch aufzuarbeiten, hat er sich entschieden, seine Frau für sein Unglück verantwortlich zu machen und auszuziehen. Ein Klassiker der Trauma-Nichtbewältigung. Traurig. Vor allem aber: so unnötig!

Das Trauma erst mal sich selbst eingestehen

Denn die frohe Botschaft lautet: Wer den Willen, den Mut und die Geduld aufbringt, sich seinen Dämonen zu stellen, der kann heilen. Und lernen, gute, gesunde und schöne Beziehungen zu führen.

Dazu muss man sich das Trauma aber erst mal selbst eingestehen. Aufhören, sich zu schämen – oder es kleinzureden: Es sind ja nicht nur die Härtefälle, die einem später das Leben schwer machen können. Vielleicht war die Kindheit friedlich, aber man wurde einfach nicht für das geliebt, was man war? Schlimm genug! Und ein Grund, weshalb es einem später schwerfallen könnte, zu sich zu stehen und sich verletzlich zu machen.

Da hilft es, sich Freunden zu öffnen oder eine Therapie zu beginnen. «The heart beneath is teaching / To the broken heart above», singt Leonard Cohen: Poesie, die sich mit psychologischen Erkenntnissen deckt. Egal, wie gebrochen und bekümmert man sich fühlt: Es gibt da noch einen Ort tieferer Liebe, eine Art zweites Herz, das das gebrochene heilen kann. Daran muss man sich manchmal erinnern.