281. Zürcher DerbyWenigstens der FCZ hat seinen Trost
Dank einer deutlichen Leistungssteigerung und zwei Toren von Aiyegun Tosin gewinnt der Meister das Derby 2:1 – GC ist endgültig im Abstiegskampf angekommen.
Der Blick auf die Tabelle ist nicht spektakulär für den FCZ. Achter ist er nach 21 Runden. Damit gehört er zu einer recht grossen Gruppe von Mannschaften, die sich «Sorgen machen müssen», wie es Altmeister Blerim Dzemaili sagt. Und doch findet sich für den so tief gestürzten Meister etwas Tröstliches, wenn er auf die Rangliste schaut. So gut wie jetzt ist er die ganze Saison noch nie da gestanden.
Das kleine Licht am Himmel verdankt er dem vierten Sieg in den letzten sechs Runden. Und dieses 2:1 in der 281. Begegnung mit den Grasshoppers verdankt er einer Leistungssteigerung nach der Pause, die eklatant ist. Aiyegun Tosin macht sich mit seinen beiden Toren in der 66. und der 73. Minute zum entscheidenden Spieler. Aber es geht um mehr als um die persönlichen Erfolge des bulligen Stürmers, es geht an diesem Nachmittag ganz viel um Mentalität.
Wenn Dzemaili später sagt, die 45 Minuten bis zur Pause seien «nicht ideal» gewesen, dann ist das nur die arg geschönte Version. Der FCZ macht in der ersten Halbzeit da weiter, wo wer eine Woche zuvor in der zweiten Halbzeit gegen Winterthur begann. Er ist lethargisch, einfallslos und irgendwie planlos, vor allem fehlen ihm die Emotionen und das Engagement, wie es sie gerade in einem solchen Spiel und Abstiegskampf wie gegen GC braucht.
«Wieso bloss ein solcher Auftritt?» ist die Frage an Yanick Brecher. Sie seien Menschen, keine Roboter, gibt er zurück, es funktioniere nicht alles auf Knopfdruck. Nach 20 Sekunden braucht es seine starke Parade, um bei der grossen Chance von Hayao Kawabe schon ein Tor zu verhindern. Brecher will daraus nichts Besonderes machen. «Dafür bekomme ich meinen Lohn», sagt er.
Henriksen und das Herz
In diesem Stil geht das Spiel nicht weiter, eben viele Möglichkeiten zum erfolgreichen Abschluss bieten sich auch GC nicht, obschon es das Geschehen kontrolliert. Aber der FCZ findet bis zur Pause nie zu sich selbst und seinem Spiel. Dass er mit einem Goal zurückliegt, hat seine Logik. Nikola Katic verschuldet nach einer halben Stunde leichtfertig ein Foul, auch wenn Renat Dadashov in dieser Szene viel daraus macht. Das Foul führt zum Elfmeter, den Dadashov selbst sicher verwertet.
Der Meister hat Redebedarf, als er sich in die Kabine zurückgezogen hat. Am meisten redet der Chef, Bo Henriksen. Und er redet weniger über Taktisches als vielmehr über Emotionales. Die erste Halbzeit, sagt er, das sei «boys against men» gewesen, Buben gegen Männer. Als er später auf seine Ansprache nach miserablen 45 Minuten zurückblickt, redet er ganz viel vom Herzen, das in dieser Zeit gefehlt habe. «Es macht mir nichts aus, wenn wir verlieren», behauptet er, «aber ich hasse es, wenn wir nicht unser Bestes geben.»
Henriksen wechselt Antonio Marchesano aus. Dafür hat er gute Gründe, Marchesano ist unsichtbar gewesen. Er stellt allerdings klar, er hätte gleich zehn Spieler auswechseln können. Damit sagt er alles über die bisherige Leistung. Er wechselt Roko Simic ein, stellt ihn ins Angriffszentrum und schiebt Tosin sowie Okita auf die Flügel. Simic, 19-jährig, wirft sich sofort in die Zweikämpfe, wie Henriksen das sehen will. Die Kollegen folgen seinem Beispiel. Der FCZ ist jetzt emotional aufgeladen.
Die Südkurve, die GC wenigstens wieder einmal eine stattliche Kulisse bei einem Heimspiel ermöglicht, lärmt und brennt Pyros ab. Dadashov hat die Chance zum 2:0, sein Kopfball fliegt knapp am Tor vorbei. Da hätten sie «den Sack zumachen können», sagt Captain Amir Abrashi, «aber so stehen wir mit leeren Händen da».
Und dass das der Fall ist, liegt eben auch an ihnen selbst, daran, dass von ihnen gar nichts mehr kommt und dass sie nachlässig verteidigen. Der Gegner richtet mit zwei ähnlichen Aktionen grösstmöglichen Schaden an: Flanke Boranijasevic, Kopfball-Ableger Okita, Tor Tosin; Flanke Okita, Tor Tosin. Beide Male, in der 66. und der 73. Minute, sieht ein GC-Verteidiger schlecht aus, einmal ist es Noah Loosli, dann Dominik Schmid.
«Jetzt hat es eingeschlagen»
Es ist nicht das erste Mal in dieser Saison, dass in einem entscheidenden Moment «Details nicht stimmen», wie es Abrashi formuliert. Sein Trainer Giorgio Contini bemängelt die fehlende Bereitschaft, alles zu geben, um nur schon die Flanke zu verhindern und dann natürlich auch das Tor. «Wenn es jedes Mal der gleiche Spieler wäre, könnte ich ihn auswechseln», sagt er, «aber es ist immer ein anderer.» Es kommt ihm vor, als würden sie sich gegenseitig anstecken.
GC hat nie eine Gelegenheit auf den Ausgleich, Simic vergibt das 3:1 auf einem Platz, der in miserablem Zustand ist, weil er auf Geheiss der Stadt erst im März wieder gewässert werden darf. «Darauf kann man nicht Fussball spielen», beklagt sich Dzemaili, «das zeigt doch, dass der Fussball in dieser Stadt keine grosse Rolle spielt.» Sein Trainer will keine grosse Geschichte daraus machen, der Platz sei für beide Mannschaften gleich.
Amir Abrashi macht sich andere Gedanken. «Jetzt hat es eingeschlagen», betont er mit Blick auf die Rangliste. Mit eingeschlagen meint er: GC ist endgültig im Abstiegskampf, «das ist die Realität», sagt er und stampft davon. Contini macht sich deshalb nicht mehr Sorgen als vor dem Match. Er hat um die Situation schon vorher gewusst: «Der Rückspiegel funktioniert.»
GC 24 Punkte, FCZ 23, Sion 22, Winterthur 21 – es kann noch ganz lustig werden am Tabellenende.
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