AboGewalt gegen Rettungskräfte«Was habe ich euch getan? Ich weiss nicht, woher dieser Hass kommt»
Dass die Silvesternacht in Berlin heftig wird, wussten alle, aber mit dem, was dann kam, hatte keiner gerechnet. Von Rettern, die nicht mehr wissen, warum sie sich das noch antun sollen.
Dass der Jahreswechsel in Berlin besonders heftig gefeiert wird, war der Feuerwehr durchaus bekannt. Bereits zwei Tage zuvor hatte der Landesbranddirektor auf der traditionellen Pressekonferenz noch einmal über die Tücken an Silvester informiert. Feuerwehrleute zeigten, wie Raketen richtig gezündet werden, an einer Puppe wurde demonstriert, was Böller mit dem Körper anrichten können. «Wie die Jahre zuvor wird uns auch diese Silvesternacht vor grosse Herausforderungen stellen», sagte Karsten Homrighausen. Am 31. Dezember rief der Branddirektor dann um 19 Uhr vorsorglich den «Ausnahmezustand Silvester» aus. Aber mit dem, was dann kam, hatte offenbar keiner gerechnet.
Baris Coban arbeitet seit zwölf Jahren für die Berliner Feuerwehr, acht Jahre davon im Stadtteil Neukölln. Schlachten mit Böllern an Silvester, Raketen, mit denen scharf geschossen wird – «vieles davon ist nicht neu für uns», sagt Coban am Telefon. Das allein sei ja schon «krank». Aber dieses Jahr «war eine ganz andere Dimension».
Coban, 34, war in der Nacht gemeinsam mit fünf Kollegen auf einem Löschfahrzeug eingeteilt. Kurz nach Mitternacht wurden sie alarmiert, weil ein Reisebus in Brand gesteckt worden war. Die Zeit drängte, denn direkt darüber drohten die Bewohner eines Altenheims von dem Rauch vergiftet zu werden.
Auf halber Strecke habe dann diese Barrikade gestanden, aus Holzplanken, Baustellenabsperrungen und einem brennenden Müllcontainer. Als die Brandschützer ausstiegen, um das Feuer zu löschen, «kamen Leute auf uns zu gerannt, um mit Schreckschusswaffen auf uns zu schiessen», sagt Coban. «Das waren nicht zehn, das waren Hunderte.» Sie seien aus dem Dunkeln gekommen und nach jeder Attacke wieder schnell verschwunden, einige seien vermummt gewesen.