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Neue Positionspapiere
Was FDP und SP bezüglich Neutralität vom Bundesrat fordern

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Wie neutral soll die Schweiz sein? Demnächst diskutiert der Bundesrat, ob er das Konzept der «kooperativen Neutralität» von Aussenminister Ignazio Cassis mitträgt. Interessant sind vor diesem Hintergrund die Positionsbezüge von SP und FDP.

Dieser Zeitung liegt ein druckfrisches Papier der SP vor, das vom Präsidium genehmigt ist. Die FDP stellte ihre Forderungen am Dienstag an einer Medienkonferenz vor. Während die FDP eine neue Armeekonzeption verlangt, die auf Nato-Annäherung und Landesverteidigung ausgerichtet ist, fordert die SP Bündnisfreiheit und eine Annäherung an die Europäische Union. 

«Überholtes Neutralitätsverständnis»

Der Zürcher Nationalrat Fabian Molina ist einer der Köpfe hinter dem neuen SP-Neutralitätspapier.

Die SP kritisiert, die aktuelle Neutralitätsdiskussion werde unter falschen Annahmen geführt. In dieser Diskussion gehe man davon aus, dass es für die Schweiz so etwas wie einen «Nicht-Positions-Bezug» gebe. «Position beziehen muss man immer», schreibt die SP. Nach ihrer Einschätzung wäre ein Entscheid, die EU-Sanktionen gegen das Putin-Regime nicht zu übernehmen, mit einer Parteinahme zugunsten Putins gleichzusetzen. Demgegenüber entspreche der Bundesratsentscheid, die EU-Sanktionen zu übernehmen, einem Entscheid zugunsten des Völkerrechts.

Weiter beschreibt die SP die Auswirkungen der Neutralitätspolitik auf die drei Bereiche Politik, Wirtschaft und Militär.

Politik

Das Neutralitätsverständnis der SVP ist für die SP überholt. Souveränität könne nicht durch Isolation herbeigeführt werden. Gefragt sei vielmehr Handlungsfähigkeit auf internationaler Ebene. So könne dem Völkerrecht am ehesten Nachachtung verschafft werden. Die relevantesten Entscheide für die Schweiz würden in der EU gefällt. Echte Souveränität müsse deshalb europäisch sein. Aktive Neutralitätspolitik bedeute folglich eine engere Zusammenarbeit mit der EU. Gleichzeitig will die SP die Zusammenarbeit mit der UNO und der OSZE verstärken.  

Wirtschaft

Pandemie und Ukraine-Krieg zeigen für die SP beispielhaft auf, weshalb die Souveränität der Schweiz nur auf europäischer Ebene zu haben sei. Ein Land könne nicht souverän sein, wenn es von Öl- und Gasimporten aus autokratischen Regimen abhängig sei. «Wäre die Energiewende von bürgerlicher Seite nicht massiv verzögert worden, stünde Europa heute energie- und sicherheitspolitisch besser da.» Die Pandemie zeige, dass strategisch wichtige Güter in Europa hergestellt werden müssten. Dies entspreche einem Mittelweg zwischen teurer Autarkie und unsicherer Globalisierung.

Militär

Für die SP leistet die Neutralität einen Beitrag zu Frieden und Sicherheit. Bleibe die Schweiz militärisch neutral, sinke die Wahrscheinlichkeit, dass sie Ziel von Angriffen werde. Im Rahmen einer europäischen Sicherheitsarchitektur, die von der SP gefordert wird, wäre die Schweiz ein Ort, an dem Konfliktlösungen verhandelt werden können. Von der Nato hält die SP wenig. Diese folge der Logik einer Blockbildung. Zu einer Konfrontation zwischen Ost und West wie im Kalten Krieg dürfe es aber nicht wieder kommen. 

Parteipräsident und Sicherheitspolitiker Thierry Burkart verantwortet den Positionsbezug der FDP für eine Armee, die fähig ist, das Land zu verteidigen.

FDP sucht Nähe zur Nato

Demgegenüber fordert die FDP in einem ebenfalls vom Parteipräsidium abgesegneten Papier sowie in einer Studie eine Stärkung der Armee. 

Militär

Die Armee könne heute den verfassungsmässigen Auftrag der Landesverteidigung nicht erfüllen. Mit höheren Beständen (die nicht definiert sind), der Stärkung des Milizprinzips und höherem Armeebudget (wie vom Parlament bereits beschlossen) soll die Armee die Fähigkeit erlangen, Angriffe abzuwehren.

Die Schweizer Verteidigungspolitik dürfe sich nicht mehr an den wahrscheinlichsten Bedrohungen orientieren, sondern an den gefährlichsten. Die FDP meint damit einen Krieg in Mitteleuropa. Nötig seien zu diesem Zweck eine neue Armeedoktrin und eine neue Armeekonzeption.

Nötig sei auch eine Annäherung an die Nato, die unter Wahrung der Neutralität möglich sei. Für die FDP ist klar: «Der nukleare und konventionelle Schutzschirm der Nato macht einen Boden- oder Luftangriff auf die Schweiz praktisch unmöglich.» Die Illusion einer autonomen Landesverteidigung müsse beerdigt werden. Ersetzt werden solle diese «durch eine mit der Neutralität kompatiblen Verteidigungszusammenarbeit mit der Nato». Eine solche Kooperation bedinge regelmässige gemeinsame Übungen. Ein Beitritt zur Nato kommt für die FDP allerdings nicht infrage.

Ungewöhnlich an den Forderungen von FDP und SP sind weniger die Inhalte der Positionspapiere, sondern mehr der Zeitpunkt kurz vor der Bundesratssitzung über ein neues Neutralitätspapier. Offenbar versuchen die beiden Parteien Einfluss auf die Landesregierung zu nehmen.