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Was die US-Untersuchung für Swiss Life bedeutet

Kooperiert mit den US-Behörden: Hauptsitz der Swiss Life in Zürich.
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Nach den Banken trifft es nun also die Versicherungen: Swiss Life ist ins Visier der US-Steuerbehörden geraten. Er sei vom Department of Justice (DOJ) wegen des grenzüberschreitenden Geschäfts mit US-Kunden kontaktiert worden, gab der grösste Schweizer Lebensversicherer heute bekannt. Er kooperiere mit den Behörden.

«Wir können heute rückblickend nicht ausschliessen, dass in der Vergangenheit auch US-Kunden in unserem Portfolio waren, die nicht vollständig ihren Steuerpflichten nachgekommen sind», sagte ein Swiss-Life-Sprecher zu Redaktion Tamedia. Die Gespräche mit dem DOJ seien in einem sehr frühen Stadium. Zum Inhalt der Gespräche wollte Swiss Life keine Angaben machen.

Für Branchenkenner ist die Nachricht keine Überraschung. Einige hatten vermutet, dass die internationalen Geschäfte von Swiss Life noch für Ärger sorgen könnten.

Steuerlich begünstigt und diskret

Wenn vom «grenzüberschreitenden Geschäft» die Rede ist, sind die sogenannten Insurance Wrapper (Versicherungsmäntel) gemeint. Das sind komplexe Lebensversicherungen, die ein Wertschriftenvermögen auf einem Bankdepot «ummanteln». Die Versicherungsgesellschaft wird dadurch zum Inhaber dieser Wertpapiere. Die Wertschriften bleiben zwar bei der Bank angelegt, aber nicht mehr unter dem Namen des Kunden, sondern unter jenem der Versicherung.

Schon seit längerer Zeit steht der Verdacht im Raum, dass die Konstrukte zur Umgehung von Steuern missbraucht wurden. Denn sie sind steuerlich begünstigt. Weil sie auf den Namen der Versicherung und nicht auf jenen des Kunden laufen, sind sie ausserdem diskret. Und weil die Kunden ihr Geld erst nach frühestens zehn Jahren zurückbekommen, sind allfällige Verstösse gegen das Steuergesetz zu diesem Zeitpunkt schon verjährt. Die Versicherungsmäntel werden vor allem aus Luxemburg und Liechtenstein betrieben.

Bei der Swiss Life stehen denn auch die Geschäftseinheiten in Liechtenstein und Singapur im Fokus. Die betroffenen Kundenvermögen belaufen sich laut der Versicherung auf 250 Millionen Franken. Ursprünglich seien es 1 Milliarde gewesen. Sämtliche Versicherungsverträge seien gemäss der US-Fatca-Gesetzgebung (Foreign Account Tax Compliance Act) erfasst und gemeldet worden und damit gesetzeskonform.

Entsprechend gelassen gab sich Swiss Life – bis jetzt. Sie habe «keine Kenntnis von einer laufenden oder Anzeichen für eine bevorstehende Untersuchung zu Versicherungsabschlüssen mit US-Personen», sagte die Versicherung 2014 zu Redaktion Tamedia. Zuvor hatte das «Wall Street Journal» berichtet, dass in den USA Untersuchungen gegen Schweizer Versicherungen wegen Wrapper-Geschäften laufen.

ZKB rechnet mit 2,5- bis 70-Millionen-Busse

Der Markt sei sich der Risiken also bewusst gewesen, sagen die Analysten von Baader Helvea. Sie glauben, dass die Strafe für Swiss Life nicht allzu hoch ausfallen wird. Derselben Meinung ist die Zürcher Kantonalbank (ZKB). «Mögliche Bussen, die auf Swiss Life zukommen, dürften aus heutiger Sicht gering und für Swiss Life gut tragbar sein», schreibt sie.

Zum Vergleich zieht die ZKB die Bussen heran, die Banken im Zusammenhang mit dem US-Steuerstreit gezahlt haben. Sie beliefen sich auf rund 1 bis 7 Prozent der betroffenen US-Vermögenswerte. Bezieht sich die Busse also auf die 1 Milliarde Franken betroffener Kundenvermögen aus früheren Zeiten, wären das 10 bis 70 Millionen Franken. Bezogen auf die aktuellen 250 Millionen Franken wären es noch viel weniger, nämlich 2,5 bis 17,5 Millionen Franken. «Dies könnte von Swiss Life problemlos bezahlt werden, ohne dass es den Gewinn massgeblich beeinträchtigen würde», so die ZKB.

Solche Prognosen seien spekulativ, findet hingegen der Wirtschaftsrechtsexperte Peter V. Kunz. «Aus der Erfahrung wissen wir, dass Untersuchungen von US-Behörden eine starke Eigendynamik annehmen können.» Er glaubt, dass die Angelegenheit erhebliche Risiken mit sich bringt. «Beim Steuerstreit mit den Schweizer Banken hat das DOJ gemerkt, dass sich mit wenig Aufwand relativ viel Geld verdienen lässt. Gut möglich, dass die Behörde jetzt dasselbe bei den Versicherungen versucht.»

Zurich lässt Geschäft freiwillig untersuchen

Die Credit Suisse etwa scheint einiges mehr für Wrapper-Geschäfte bezahlt zu haben. Laut der Nachrichtenagentur Reuters einigte sich die Bank 2016 mit Italien auf die Zahlung einer Busse von über 100 Millionen Euro. Die kleine Nidwaldner Kantonalbank wiederum wurde 2015 von den US-Behörden zu einer Busse von 856'000 Dollar verknurrt.

Gut möglich, dass Swiss Life nicht die letzte Versicherung sein wird, die vom DOJ Post bekommt. Die Zurich Versicherung schreibt in ihrem Halbjahresbericht, dass sie die grenzüberschreitenden Geschäfte mit Bezug zu US-Kunden freiwillig habe untersuchen lassen. Dabei habe sich gezeigt, dass die Geschäfte sehr limitiert gewesen seien und sich grösstenteils vor mehr als einer Dekade ereignet hätten. Zurich habe die Resultate der Untersuchung mit der Schweizerischen Finanzmarktaufsicht Finma und den US-Behörden geteilt. Es sei unklar, ob sich daraus «irgendeine Schuld» ergebe.

Kommt nach dem grossen Banken- nun also der grosse Versicherungsstreit? Eher nicht, glaubt Rechtsexperte Kunz. «Meines Wissens war die Swiss Life stärker als andere Schweizer Versicherungen ins Wrapper-Geschäft involviert. Deshalb schätze ich die Gefahr für die Konkurrenten als geringer ein.»